Alles wegen Valentino. Viveca Lärn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Viveca Lärn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788711463093
Скачать книгу
ein bißchen dumm vor sich hin.

      »Ich muß jetzt jedenfalls gehen«, sagte Eddie und versuchte, seine eiskalten Zehen in den Turnschuhen zu bewegen.

      »Ja, ich muß wohl auch bald nach Hause«, sagte Axel. »Da gibt’s noch so viel zu erledigen. Ich muß einen Nuckel kaufen. Und dann muß ich mich noch um Valentino kümmern, Stellas Hund. Ich bin ihm ganz gleichgültig. Er sehnt sich nur nach Stella. Er mag nicht mal den Seewetterbericht im Radio hören, wie er das sonst gewohnt ist. Stella hat gedacht, sie könnte ihn mit in die Klinik nehmen. Aber das ging nun wirklich nicht. Dabei heißt es doch, die Krankenhäuser sind heute so modern! Wahrscheinlich muß ich Valentino Montag mit in die Schule bringen.«

      »Das erlaubt dir der Direktor nie«, sagte Eddie mit vollkommen überzeugter Stimme. »Man darf ja nicht mal eine Wasserschildkröte mitbringen. Ich hab’s versucht.«

      Aber das interessierte Axel nicht. Er stocherte mit einem Stöckchen in der Erde herum und runzelte die Augenbrauen. Da ging Eddie auf kalten, kleinen Füßen davon. Den ganzen Weg am Bach entlang hüpfte er über die Steine und sah sich nur einmal um.

      »Du kannst das Ferkel ja von mir grüßen!« rief er, obwohl seine Stimme gar nicht richtig wollte.

      Erst gab Axel keine Antwort. Er winkte nur ein bißchen. Aber dann fuhr er hoch und rief Eddie eifrig zu:

      »Willst du an irgendeinem Tag mal mit in die Klinik kommen, Eddie, und es besuchen?«

      Eddie blieb stehen und dachte nach.

      »Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich glaub, ich kann kein Krankenhaus vertragen.«

      Ein fleischfressender Hund

      Als Eddie nach Hause kam, war Arne aufgestanden. Er saß am Küchentisch und knabberte an einem kalten Wiener Würstchen und studierte dabei einen Versandhauskatalog.

      »Komm, ich will dir mal was zeigen, Eddie«, sagte er freundlich und zeigte auf ein Telefon, das aussah wie ein Hamburger. »So eins möchte ich in meinem Zimmer haben, ein Teleburger.«

      »Dein Zimmer?« rief Eddie. »Ich wohn da doch auch.«

      »Ich, ich, ich«, sagte Arne. »Denkst du immer bloß an dich! Du bist ein richtiger Egoist. Total beknackt.«

      »Bin ich das?« fragte Eddie. Dann fiel ihm etwas ein. »Du, Arne«, sagte er, »willst du das Neueste wissen?«

      »Ja, dein Hintern ist schmutzig, ist das nicht putzig?« sagte Arne blitzschnell. »Weißt du noch mehr? Deine Birne ist leer!«

      »Axel, dein Lehrer hat ein Kind gekriegt.«

      »Erzähl mir noch mehr, was ich nicht weiß«, sagte Arne und gähnte. Eddie war so erstaunt, daß er die Wurst fallen ließ, die er gerade aus einer Tüte genommen hatte. Arne warf ihm einen schnellen, strengen Blick zu, und Eddie hob die Wurst sofort vom Fußboden auf und wischte sie mit dem Anorakärmel ab.

      »Aber das kannst du doch gar nicht wissen«, sagte er. »Ich hab es als erster erfahren. Axel hat es niemandem erzählt.«

      Arne guckte seinen Bruder an und klopfte sich an die Stirn. »Man hat ja schließlich Nieren zum Denken. Ich hab doch gestern gesehen, wie Axels Alte in die Klinik gefahren ist. Und eine Tasche hatte sie auch dabei. Dicke Frauen, die mit großen Taschen im Taxi in die Klinik fahren, kriegen plötzlich Babys.«

      Eddie mußte sich hinsetzen und eine Weile nachdenken.

      »Aber diesmal ist es ein Ferkel geworden«, sagte er. »Axel Jonsson hat ein Ferkel gekriegt.«

      »Das ist ja super!« sagte Arne. »Wo doch bald Weihnachten ist und alle Welt einen Schinken braucht.«

      Eddie seufzte ein bißchen und ging seine Wasserschildkröte Maxon Jonsson mit einem Radieschenblatt füttern. Er hob sie aus dem Glas und küßte sie ganz oben auf den Panzer, und sie sah Eddie mit ihren kleinen Pfefferkornaugen freundlich an. Eddie saß lange mit der Schildkröte auf seinem Bett und wartete darauf, daß Arne noch was Geiles im Katalog entdecken würde, was er ihm zeigen könnte. Schließlich rief Arne – er hatte einen musikalischen Mini-Staubsauger mit Rückspiegel gefunden.

      Es gab keine Klingel an der Tür zu ihrer Hütte. Leute aus der Stadt, die sich mit dem Leben auf dem Lande nicht so auskannten, wußten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Sollte man etwa geradewegs hineingehen wie bei den Bauern in Fernseh-Serien aus der Steinzeit? Zuerst die Tür öffnen, seine Schuhe zwischen den lehmigen Holzpantoffeln im Vorraum abstellen und dann taktvoll an die nächste Tür klopfen? Oder sollte man abwarten, bis es jemandem einfiel herauszukommen, weil er etwas zu erledigen hatte?

      Solche Probleme hatte der Besucher nicht, der an diesem Abend in ihr Haus kam. Er hatte zwar keine Ahnung, wie man sich auf dem Lande benahm, aber er war so beschaffen, daß er nicht die geringste Angst hatte, etwas falsch zu machen.

      Arne und Eddie saßen im großen Zimmer auf dem Sofa und sahen sich den Katalog an, da fuhren sie plötzlich zusammen, weil es heftig an der Haustür klopfte. Arne hatte Eddie gerade huldvoll ein unwiderstehliches Ding gezeigt: einen batteriebetriebenen Schlüssellochreiniger, den man außerdem als Reisezahnbürste benutzen konnte. Ganz in Schwarz und Chrom. Neunundvierzig Kronen und neunzig Öre, exklusive Batterie. Das war doch geschenkt! Aber als es an die Tür hämmerte, versteckte Arne den Katalog schnell hinter einem Sofakissen.

      »Scheiße!« schrie er. »Jetzt wollen sie den Video abholen!« Drohend zeigte er auf Eddie. »Du weißt von nichts!« brüllte er.

      Eddie sah seinen Bruder unglücklich an.

      »Hich weiß von nichts«, sagte er nervös. »Hist das gut so?«

      Arne nickte zufrieden und erklärte mit freundlicherer Stimme: »Papa hat wahrscheinlich die Rechnung nicht bezahlt. Dann kommen irgendwelche Typen und ballern an die Tür und holen Sachen ab, die ihnen gefallen. Zum Beispiel den Video.«

      Eddie folgte Arnes Blick zum Fernseher und Video, weiter nach links zum Buchregal und dem großen schwarzen blöden Storch aus Holz, den sie letztes Jahr von der Großmutter zu Weihnachten bekommen hatten.

      »Harne«, flüsterte Eddie, »glaubst du nicht, daß die Typen lieber den Storch haben möchten?«

      Plötzlich ertönte eine Stimme, eine Stimme, die laut »Hallo!« und »Huhu!« rief, begleitet von munterem Hundegebell. Arne erstarrte.

      »Himmel«, sagte er, »bringen die auch Hunde mit? Das sind bestimmt Kampfhunde.«

      »Sind die niedlich? Hich hab Hunde so gern«, flüsterte Eddie.

      Aber Arne nahm Eddie hart am Arm.

      »Du darfst nicht so ängstlich gucken«, sagte er. »Dann beißen sie sofort zu. Und wenn sie die Ohren anlegen, dann paß bloß auf.«

      Eddie stiegen Tränen in die Augen. Da war plötzlich so vieles, woran er sich erinnern mußte.

      »Wie macht man das, wenn man haufpaßt?« flüsterte er.

      Arne sah ihn müde an.

      »Halt dich von den Hunden fern«, sagte er.

      »Haber hich hab Hunde doch so gern«, antwortete Eddie und sah ganz unglücklich aus.

      Im selben Augenblick ertönte eine Stimme, eine wohlbekannte Stimme: »Arne! Eddie! Seid ihr nicht zu Hause?«

      Eddies Gesichtsausdruck wechselte von Entsetzen in Freude, und er sprang begeistert vom Sofa auf, um Axel entgegenzulaufen.

      Aber Arne blieb sitzen. Er hatte noch tiefere Kummerfalten als vorher.

      »Mein Lehrer«, seufzte er, »was hab ich nun wieder falsch gemacht?«

      Axel und sein Hund Valentino kamen gleichzeitig ins Zimmer. Plötzlich war alles voller schwarzem Flausch – von Bart und Haaren und Hundefell und dicken Socken. Eddie warf sich in Axels Arme, so sehr freute er sich. Und Arne vergaß ganz, daß er sich vor den Eintreibungstypen und vor seinem Lehrer fürchtete. Arne lachte über das ganze Gesicht und zeigte