Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207022
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dich mit deinen beiden Fäusten so abarbeitest? Du solltest doch, dem Umfang deiner Grenzen nach zu urteilen, ein reicher Bauer sein.« – Kunz wußte wohl, wer ihn anrede, und tat, wie er es gewöhnlich mit dem Spuk des Feldes zu tun pflegte. Er schwieg, wandte alle Gedanken nach Kräften von ihm ab und förderte seine Arbeit rüstig. Aber der Köhler tat nicht, wie es in des Spukes gewöhnlicher Art war, der auf solch ein Betragen zu verschwinden pflegte, um furchtbarer oder doch verstörender in andrer Gestalt wiederzukommen. Diesmal sagte er bloß ganz freundlich: »Gesell, du tust mir Unrecht und dir auch. Antworte mir zutraulich und wahrhaft! Vielleicht weiß ich für dein Übel ein gutes Mittel.« – »Nun, in Gottes Namen«, entgegnete Kunz. »Wenn du mich mit freundlichen Worten betrügst, ist es deine Schuld und nicht meine.« – Damit hub er an, alles zu erzählen, was seit der Besitznahme des Ackers vorgefallen war, ehrlich und getreu, verhehlte auch seinen Unwillen gegen den Spuk gar nicht und ebensowenig, wie sauer es ihm werde, unter den beständigen Neckereien, mit Karst und Spaten allein ausgerüstet, die Seinigen zu ernähren. Der Köhler hörte sehr ernsthaft zu, schwieg dann eine lange Weile nachsinnend und brach endlich in folgende Worte aus: »Ich meine, Gesell, du kennst mich, und da ist es recht brav von dir, daß du der Ehrlichkeit nichts vergibst, sondern rein heraussprichst, wie sehr du unzufrieden mit mir bist. Die Wahrheit zu sagen, fehlt's dir auch nicht an Ursache dazu; aber weil ich dich als einen gar tüchtigen Kerl erprobe, will ich dir einen Vorschlag tun, der manches wiedergutmachen kann. Sieh, bisweilen, wenn ich mich in Feld und Wald und Gebirg recht ausgetollt habe, kommt mir's lustig und wünschenswert vor, in einen Haushalt einzutreten und ein halb Jährchen lang recht ehrbar und ordentlich zu leben. Wie wär's, du nähmst mich auf sechs Monate zu deinem Knecht an?« – »Es ist schlecht von Euch«, sagte Kunz, »einen ehrlichen Mann zu foppen, der Euch Zutrauen beweist.« – »Nein, nein«, sprach der andre zurück, »nicht foppen; es ist mein voller Ernst! Ihr sollt einen wackeren Arbeiter an mir haben; und solang ich Euch diene, wird sich kein einziges Schreckbild auf dem Schauerfelde sehen lassen, so daß Ihr ganze Herden Stiere darauf umhertreiben könntet.« – »Das wäre mir schon lieb«, entgegnete Kunz nach einigem Besinnen, »wenn ich nur wüßte, ob Ihr Wort haltet, und dann hauptsächlich, ob ich auch recht daran tue.« – »Das mache mit dir selbst aus«, sagte der Fremde, »aber mein Wort hab ich noch nimmermehr gebrochen, solange das Riesengebirge steht, und ein feindseliges Wesen bin ich auch nicht, etwas lustig und neckisch und wild bisweilen, das ist es alles!« – »Ich glaube gar« sagte Kunz, »daß Ihr der bekannte Rübezahl seid!« – »Höre«, unterbrach ihn der Köhler etwas finster, »wenn du das glaubst; so denke daran, daß der mächtige Gebirgsgeist jenen Namen nicht leiden kann, sondern sich den Herrn vom Berge nennen läßt.« – »Das wär ein wunderlicher Knecht, den ich den Herrn vom Berge nennen müßte!« lachte Kunz. – »Du kannst mich Waldmann heißen«, entgegnete jener. – Kunz sah wieder eine Zeitlang still vor sich nieder, dann sagte er endlich: »Gut! Es gilt! Ich denke, ich tue nicht unrecht, Euch anzunehmen. Hab ich ja doch wohl oftmalen gesehen, daß man unvernünftige Tiere zum Bratenwenden und andern Hausdiensten gebraucht, warum nicht auch einen Spuk?« – Der Köhler lachte herzlich und sprach: »Nun, so ist es meinesgleichen wohl noch im Leben nicht geboten worden! Aber eben drum, es gefällt mir und schlagt ein, lieber Brotherr!« – Kunz machte noch die Bedingung, der neue Diener dürfe nicht wagen, sich es vor Sabinen und den Kindern merken zu lassen, daß er eigentlich vom Schauerfelde herstamme oder wohl vielmehr aus den weltalten Höhlengängen des Riesengebirgs; auch solle er nie irgendeine Spukerei in Haus und Hof treiben, und als Waldmann das alles recht treuherzig versprach, war der Handel in Richtigkeit, und sie gingen miteinander freundlich heim.

      Sabine wunderte sich über den unvermuteten Zuwachs ihres Haushaltes und empfand auch einige Scheu vor dem schwarzen, riesengroßen Knecht; die Kinder wollten zu Anfang gar nicht aus der Tür, wenn er im Gärtchen oder im Hofe arbeitete; aber sein stillfreundliches und fleißiges Benehmen söhnte bald alle mit ihm aus; und wenn er auch manchmal in eine Art von toller Lustigkeit fiel, sich mit dem Hunde herumjagend oder mit dem Federvieh, so fand man es mehr spaßhaft als befremdend; auch genügte ein einziger Blick des Brotherrn, ihn wieder in die gewohnten Schranken zurückzuweisen.

      Auf das Wort des Berggeistes trauend, hatte Kunz den zeither gesparten Geldvorrat wieder unbedenklich zum Ankauf zweier schönen Stiere verwandt und zog nun mit dem zurechtgezimmerten Pflug lustig zu Felde. Sabine schaute ihm ängstlich nach, ängstlich am Abende nach dem Heimkehrenden aus, fürchtend, er werde mit zerstörter Hoffnung und wohl gar noch schlimmer verwundet als das erstemal zu Hause kommen. Aber singend und seine folgsamen, glänzenden Stiere vor sich hertreibend, schritt Kunz unter dem Läuten der Abendglocke durchs Dorf heran, küßte in großer Freudigkeit Weib und Kind und schüttelte dem Knechte zufrieden die Hand.

      Manchmal zog nun auch Waldmann mit den Stieren hinaus, während Kunz in Hof und Garten arbeitete. Man riß ein gewaltiges Stück des Schauerfeldes um, und alles ging einen trefflichen Gang, zum Erstaunen aller Einwohner des Dorfes und zum neidischen Mißbehagen der geizigen Vettern. Freilich dachte Kunz oftmalen bei sich: »Es ist nur auf eine kurze Zeit, und wie ich's mit der Ernte anstellen werde, weiß Gott, denn alsdann ist Waldmanns Dienstzeit schon lange um und der Spuk auf dem Schauerfelde vielleicht wieder in bester Lust.« Doch das Einsammeln des Segens meinte er, sei eine Arbeit, die von selbsten Arm und Herz stärke, und vielleicht halte ihm sogar Waldmann noch bis dahin aus alter Freundschaft den Acker rein, wie auch dieser bisweilen in fröhlichen Augenblicken wohl zu verstehen gab.

      Der Winter war darüber herangekommen, die Arbeit auf dem Schauerfelde beendigt, und Kunz fuhr nun mit seinen Stieren fleißig zu Holze, den Feuerungsbedarf für Ofen und Herd einholend. Das war auch einstmalen geschehen, als Sabine zu einer armen Witwe im Dorfe gerufen ward, die am Fieber darniederlag und der sie fleißig, soweit es ihr beginnender Wohlstand vergönnte, beizustehen gewohnt war. Sie wußte nur nicht recht, wo sie derweil ihre Kinder lassen sollte, aber Waldmann erbot sich, auf sie Achtung zu geben, und weil die Kleinen an seine Märchen gewöhnt auch recht gern bei ihm blieben, trat Sabine unbesorgt ihre fromme Wanderung an.

      Etwa eine Stunde darauf kam der Hausherr aus dem Bergforste zurück. Er führte den Karren in den Schuppen, brachte die Tiere zu Stalle und ging dann frohgemut nach dem Hause zu, die erstarrten Glieder am behaglichen Herdesfeuer zu wärmen. Da scholl ihm das ängstliche Weinen seiner Kinder entgegen. Pfeilschnell hinzustürzend und die Tür des Zimmers aufreißend, fand er die Kleinen schreiend hinter dem Ofen zusammengedrängt und Waldmann mit wildem Gelächter in der Stube umherspringend, abscheuliche Fratzen schneidend, einen Kranz von Funken und Flammen im aufgesträubten Haar.

      »Was geht hier vor?« fragte der Hausherr mit strengem Zorn, und der unheimliche Schmuck in Waldmanns Haaren verlosch, demütig und still stand der Knecht, sich entschuldigend, er habe nur ein Späßchen mit den Kindern machen wollen. Aber diese kamen schmeichelnd und klagend um den Vater und erzählten, Waldmann habe ihnen erst so häßliche Geschichten vorgesprochen und sei dann bald mit einem Widderkopfe, bald mit einem Hundehaupt vor sie hingetreten. – »Es ist genug«, unterbrach sie Kunz. »Fort mit dir, Gesell! Wir bleiben keine Stunde mehr unter einem Dach.« Damit faßte er Waldmanns Arm und schob ihn heftig bis zu der Hintertür des Gartens hinaus, den Kindern gebietend, sie sollten ruhig in der Stube bleiben und sich vor nichts in der Welt mehr bange sein lassen. Der Vater sei nun daheim und sie so sicher als in Abrahams Schoß.

      Der wunderliche Knecht ließ sich alles schweigend gefallen, aber als er nun mit Kunz einsam in der winterlichen Gegend stand, sagte er lachend: »Hört, Brotherr, ich dächte, wir vertrügen uns wieder! Ich hab einen gar dummen Streich angefangen, jedoch es soll gewißlich nicht wieder geschehen. Die alte tolle Laune überfiel mich nur so.« – »Eben deswegen, weil sie das kann«, entgegnete Kunz. »Du möchtest mir leicht noch meine Kindlein bis zum Wahnsinn erschrecken. Mit unserm Kontrakt ist es zu Ende.« – »Mein halbes Jahr ist noch nicht um«, sagte Waldmann trotzig. »Ich will wieder ins Haus.« – »Nicht an die Schwelle!« rief Kunz. »Du hast den Vertrag gebrochen mit deinen verwünschten Spukereien. Alles, was ich an dir tun kann, ist, daß ich dir dein volles Lohn gebe. Da nimm's und packe dich fort!« – »Mein volles Lohn?« hohnlachte der Berggeist. »Kennst du meine reichen Kammern unten in den Höhlengängen?« – »Es ist mehr um mich als um dich«, sagte Kunz, »ich will niemandem etwas schuldig bleiben.« – Und damit drängte er ihm das Geld gewaltsam in die Taschen. – »Was soll aus dem Schauerfelde