Frau Bota spricht sich also indirekt dagegen aus, mit allen Vereinbarungen auszuhandeln. Was ist die Alternative? Neue Kriege? Die westliche Diplomatie hat im Nahen Osten in den letzten 70 Jahren jämmerlich versagt, nur Frau Bota scheint das nicht bemerkt zu haben.
Und ihre Unterstellung, Russland würde dabei „Verpflichtungen und Verantwortung umschiffen“, ist Blödsinn. Frau Bota, sollten Sie dies lesen, nennen Sie mir bitte auch nur ein Beispiel dafür, dass Russland das getan hat. Vor allem im Nahen Osten, um den es in Ihrer Kolumne ja vorrangig ging. Ich warte gespannt auf Antwort!
Der nächste Satz war folgender:
„Möglich, wahrscheinlich sogar, dass keiner der russischen Erfolge im Mittleren und Nahen Osten halten wird, dafür ist das ausgehandelte Gleichgewicht allzu fragil und Diplomatie des 21. Jahrhundert eben doch mehr als reine Interessenpolitik.“
Wir werden sehen, ob die russischen Erfolge halten werden. Aber schon diese Erfolge sind mehr, als der Westen in 70 Jahren in der Region erreicht hat. Man muss Assad nicht mögen, aber Syrien ist heute dank Russlands Eingreifen wieder weitgehend friedlich. Der Krieg dort, den der Westen medial und mit Geheimdienstoperationen wie „Timber Sycamore“ unterstützt hat, hat eine halbe Million Menschen getötet. Dagegen war das Leben unter Assad vor dem Krieg das reine Paradies. Aber wer in Deutschland kennt schon die CIA-Operation „Timber Sycamore“?4 Die deutschen Medien haben darüber ja nicht berichtet.
Und was meint Frau Bota, wenn sie behauptet, die Diplomatie im 21. Jahrhundert sei „eben doch mehr als reine Interessenpolitik“? Hat Deutschland keine Interessen? Nein, zumindest unter der aktuellen Regierung nicht, aber Deutschland unterstützt immer die Interessen der USA. Und wer will mir erzählen, die USA hätten aus Nächstenliebe den Irak überfallen, hunderttausende Menschen getötet und das Land zerstört? Betreibt der Westen unter der Regie der USA etwa keine Interessenpolitik?
Der Unterschied ist, dass der Westen seine Interessen mit Kriegen, Sanktionen, Drohungen und Putschen durchsetzt. Russland hingegen mit Gesprächen und Verhandlungen auf Augenhöhe. Jeder kann für sich selbst entscheiden, was er besser findet. Frau Bota hat ihre Entscheidung offensichtlich schon getroffen, und Diplomatie scheint nicht ihr Favorit zu sein. Es ist (verdeckte) Kriegspropaganda, wenn Frau Bota diplomatische Erfolge der Russen doof findet, denn sie sagt nicht offen, was denn die Alternative wäre, nämlich Krieg, wie wir in den 70 Jahren, in denen der Westen in der Region die Vorherrschaft hatte, zur Genüge sehen konnten. Vielleicht sollten wir die Russen einmal zehn Jahre lang machen lassen und dann beurteilen, was besser funktioniert hat?
Frau Botas Artikel endete mit den Sätzen:
„Doch derzeit gibt sich Putin grausam verlässlich. Und das ist weit mehr, als manch anderer vorweisen kann.“
Wir fassen zusammen: Putin schafft es tatsächlich, die Parteien im Nahen Osten an einen Tisch zu bringen, und seine Erfolge kann nicht einmal Frau Bota bestreiten. Das hat er durch seine Verlässlichkeit geschafft, einfach weil er ein gegebenes Wort hält und nicht die Parteien gegeneinander ausspielt. Für Frau Bota ist das „grausam“. Das lässt einen tiefen Einblick in ihr Verständnis von Moral zu.
Aber sie kann im letzten Satz eben trotzdem nicht umhin, Putins Erfolge zu würdigen, denn er hat mehr erreicht – nicht als „manch anderer“ – sondern als alle anderen in den letzten 70 Jahren.
1 https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-01/russland-wladimir-putin-kreml-diplomatie-erfolge-5vor8/komplettansicht
2 https://www.anti-spiegel.ru/2019/russland-will-angeblich-das-internet-kontrollieren-desinformation-bei-reporter-ohne-grenzen-und-spiegel/
3 U.S. Escalates Online Attacks on Russia’s Power Grid - The New York Times (nytimes.com)
4 https://www.anti-spiegel.ru/2019/syrien-cia-operation-timber-sycamore-deutsche-medien-verschweigen-ihren-lesern-die-wahrheit/
Kommentar der Tagesschau zum Holocaust-Gedenktag markiert neuen medialen Tiefpunkt
Vom 24. Januar 2020
Die Tagesschau ist sich nicht einmal zu schade, das Gedenken an 75 Jahre Befreiung von Auschwitz für Propaganda zu missbrauchen. Ein Kommentar der Tagesschau zur Gedenkfeier in Israel stellte im Januar 2020 einen bisher unerreichten Tiefpunkt der deutschen Berichterstattung dar.
Am 23. Januar fand in Israel das Gedenken zu Ehren der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee vor 75 Jahren statt, was auch der offizielle Gedenktag an den Holocaust ist. Polen hatte keinen Regierungsvertreter nach Israel geschickt, weil man dort nicht an den eigenen Antisemitismus aus der Zeit erinnert werden wollte und es in Polen sogar unter Strafe steht, darüber zu sprechen.
Über diese Dinge ist ein heftiger Streit zwischen Russland und Polen ausgebrochen. Die Tagesschau hat sich – für mich durchaus überraschend – auf die Seite Polens gestellt, das den Gedenktag zur Befreiung von Auschwitz aus politischen Gründen boykottiert hatte. Es war ein Novum in der deutschen Medienlandschaft, als sich das deutsche staatliche Fernsehen lieber auf die Seite derer stellte, die historische Verbrechen gegen Juden leugnen, nur um das anti-russische Narrativ zu bedienen, anstatt auf die Seite derer, die den Holocaust ohne Wenn und Aber verurteilen.
Wir werden uns den Bericht der Tagesschau ansehen, die Hintergründe des Streits zwischen Russland und Polen und auch Putins Rede, die in der Tagesschau kritisiert wurde. Dann kann jeder Leser selbst beurteilen, ob die Kritik der Tagesschau berechtigt ist, oder ob das ein historisch peinlicher Schnitzer war, den sich das Erste Deutsche Fernsehen da geleistet hat.
In Polen gilt ein Gesetz, das es unter Strafe verbietet, Polen (also Menschen, nicht den Staat) zu beschuldigen, im Zweiten Weltkrieg Verbrechen gegen Juden oder andere rassistisch begründete Untaten begangen zu haben. Polen will damit seine Opferrolle verfestigen, schließlich fordert es von Deutschland fast eine Billion Euro Kriegsentschädigung. Da würde die Erinnerung an polnische Verbrechen in den 1930er und 1940er Jahren das Bild trüben.
Polen ist dazu übergegangen, Russland in einem Atemzug mit Deutschland als Kriegsschuldigen zu benennen. Diese absurde Ansicht, die nichts anderes ist als Geschichtsfälschung, wurde inzwischen sogar in Brüssel übernommen. Polen hat die Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag der Befreiung Warschaus abgesagt, weil es dabei die Rolle der russischen Armee hätte würdigen müssen, die in Polen hunderttausende Soldaten verloren hat, um die Nazi-Besatzung zu beenden. Polen hat Russland sogar vorgeworfen, es hätte Auschwitz ein halbes Jahr früher befreien können, das aber nicht gewollt. Ein einfacher Blick auf die Karten des Frontverlaufs von 1944 zeigt, wie unsinnig diese Behauptungen sind.
Der polnische Premierminister veröffentlichte sogar einen Artikel im Politico,1 in dem er Russland „Revisionismus des Holocaust“ vorwarf. Die Tatsache, dass er das nicht in einer polnischen Zeitung auf Polnisch getan hat, sondern in einer US-Zeitung auf Englisch, zeigt, an wen er sich richtete. Es geht nicht um die Geschichte und ihre Aufarbeitung, sondern um die heutige Politik.
Jedes zweite Opfer des Zweiten Weltkriegs war ein Sowjetbürger, die Sowjetunion (und damit in erster Linie Russen, Weißrussen und Ukrainer) hat den mit Abstand größten Blutzoll gezahlt und so viele Menschen verloren wie alle anderen Kriegsteilnehmer zusammen. Da ist es verständlich, dass man in Russland auf solche