Schwarzes Echo. Michael Connelly. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Connelly
Издательство: Bookwire
Серия: Kampa Pocket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783311702269
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wurde? Bosch dachte daran, was Crowley über den anonymen Anrufer gesagt hatte. Ein Junge, weiter nichts. Hatte der Sprayer angerufen? Bosch brachte die Dose zurück zum SID-Wagen und reichte sie Donovan.

      »Nimm hiervon Abdrücke, wenn du mit dem Besteck und der Pfanne fertig bist«, sagte er. »Ich glaube, das könnte einem Zeugen gehören.«

      »Wird gemacht«, sagte Donovan.

      Bosch verließ die Hügel und nahm am Barham Boulevard die Auffahrt zum Hollywood Freeway. Nachdem er den Cahuenga Pass hinter sich gelassen hatte, fuhr er über den Ventura Freeway nach Westen, dann auf dem San Diego Freeway in Richtung Norden. Für die zehn Meilen brauchte er knapp zwanzig Minuten. Es war Sonntag, und so herrschte nicht viel Verkehr. An der Roscoe bog er ab und fuhr zwei Blocks weit ostwärts in Meadows’ Wohnviertel an der Langdon hinein. Wie in den meisten Vororten im Raum Los Angeles gab es in Sepulveda sowohl gute als auch schlechte Viertel. Bosch erwartete von Meadows’ Straße weder getrimmte Rasenflächen noch Rinnsteine, vor denen sich Volvos aneinanderreihten, und er wurde auch nicht enttäuscht. Es war mindestens zehn Jahre her, dass die Apartments ansehnlich gewesen waren. Vor den Fenstern der Erdgeschosswohnungen sah man Gitter, und Graffiti an allen Garagentoren. Der scharfe Gestank der Brauerei an der Roscoe wehte in das Viertel hinein. Die Gegend roch wie eine Bar um vier Uhr morgens.

      Meadows hatte in einem U-förmigen Apartmenthaus gewohnt, das aus den Fünfzigern stammte, als noch nicht der Gestank von Hopfen in der Luft lag, an den Straßenecken noch keine Gangbanger herumlungerten und es noch Hoffnung für das Viertel gab. In der Mitte des Hofes war ein Pool, den man aber schon lange mit Sand und Erde zugeschüttet hatte. Jetzt bestand der Innenhof aus einem nierenförmigen Beet mit braunem Gras, eingefasst von schmutzigem Beton. Meadows’ Wohnung lag an einer Ecke im ersten Stock. Bosch konnte das gleichmäßige Summen vom Highway hören, als er die Treppe nahm und den Korridor vor den Apartments entlang ging. Die Tür zu 7 B war unverschlossen und führte in ein kleines, kombiniertes Wohn- und Esszimmer mit Kochnische. Edgar stand an einen Tresen gelehnt und schrieb etwas in sein Notizbuch. Er sagte: »Hübsch hier, hm?«

      »Ja«, sagte Bosch und sah sich um. »Keiner zu Hause?«

      »Nein. Ich hab eine Nachbarin von nebenan gefragt, und sie hat seit vorgestern niemanden hier gesehen. Sie hat gesagt, dass der Mann, der hier gewohnt hat, Fields hieß, nicht Meadows. Nett, hm? Sie hat gesagt, er hätte hier ganz allein gewohnt. Wäre seit etwa einem Jahr hier und meistens für sich allein gewesen. Das war alles, was sie wusste.«

      »Hast du ihr das Bild gezeigt?«

      »Ja, sie hat ihn erkannt. Hat ihr aber nicht gefallen, sich das Foto von einem toten Mann anzusehen.«

      Bosch trat in einen kleinen Flur, der zum Badezimmer und ins Schlafzimmer führte. Er sagte: »Hast du die Tür aufgebrochen?«

      »Nichts da … die war offen. Ohne Scheiß, ich klopf zweimal an und will gerade meine Tasche aus dem Wagen holen und das Schloß knacken, da denk ich, egal, versuch dein Glück und dreh am Knopf.«

      »Und die Tür geht auf.«

      »Sie geht auf.«

      »Hast du mit dem Vermieter gesprochen?«

      »Die Vermieterin ist nicht da. Sollte sie sein, aber vielleicht ist sie essen gegangen oder H besorgen. Ich glaube, alle, die ich bisher hier gesehen hab, sind Fixer.«

      Bosch kam ins Wohnzimmer zurück und sah sich um. Da gab es nicht viel. Eine Couch mit grünem Vinylbezug stand an der einen Wand, ein Polstersessel an der gegenüberliegenden, daneben auf dem Teppich ein kleiner Farbfernseher. Im Esszimmer gab es einen Resopaltisch mit drei Stühlen. Der vierte Stuhl stand einsam an der Wand. Bosch betrachtete einen alten, mit Brandflecken übersäten Kaffeetisch vor der Couch, auf dem ein übervoller Aschenbecher stand und ein Buch mit Kreuzworträtseln lag. Karten waren zu einer unvollendeten Patience gelegt. Es gab einen TV Guide. Bosch hatte keine Ahnung, ob Meadows rauchte, aber er wusste, dass man bei der Leiche keine Zigaretten gefunden hatte. Er machte sich im Geiste eine Notiz, dies später nachzuprüfen.

      Edgar sagte: »Harry, die Wohnung wurde gefilzt. Nicht nur, dass die Tür offen stand und alles. Mir scheint, da ist noch mehr. Die Wohnung ist komplett durchsucht worden. Die haben ihren Job halbwegs anständig gemacht, aber man merkt es trotzdem. Sie hatten es eilig. Sieh dir das Bett an und den Schrank, und du weißt, was ich meine. Ich werde es noch mal bei der Vermieterin versuchen.«

      Edgar ging hinaus und Bosch durch das Wohnzimmer ins Schlafzimmer. Auf dem Weg bemerkte er den Uringeruch. An einer Wand des Schlafzimmers stand ein Doppelbett ohne Rückenlehne. Man sah eine schmierige Verfärbung an der weißen Wand, etwa auf der Höhe, wo Meadows seinen Kopf angelehnt haben musste, wenn er im Bett saß. Gegenüber stand eine alte Anrichte mit sechs Schubladen. Ein billiges Rattan-Nachtschränkchen mit einer Lampe war neben dem Bett. Ansonsten gab es nichts in dem Zimmer, nicht mal einen Spiegel.

      Bosch sah sich zuerst das Bett an. Es war ungemacht, und die Kissen und Decken lagen in der Mitte auf einem Haufen. Bosch fiel auf, dass ein Zipfel einer der Decken zwischen Matratze und Rahmen steckte, in der Mitte der linken Bettseite. So war das Bett mit Sicherheit nicht gemacht worden. Bosch zog den Zipfel unter der Matratze hervor und ließ ihn lose herabhängen. Er hob die Matratze an, als wolle er darunter nachsehen, dann ließ er sie fallen. Der Deckenzipfel steckte wieder zwischen Matratze und Rahmen. Edgar hatte recht.

      Als Nächstes öffnete er die sechs Schubladen. Die Kleidung, soweit vorhanden – Unterwäsche, weiße und dunkle Socken und mehrere T-Shirts – waren sauber gefaltet und wirkten unangetastet. Als er die unterste Schublade schloss, merkte er, dass sie klemmte und sich nicht vollständig hineinschieben ließ. Er zog sie ganz aus der Kommode. Dann zog er eine weitere Schublade heraus. Dann die anderen. Als sie draußen waren, checkte er die Unterseiten, ob irgendwas daran klebte oder geklebt hatte. Er fand nichts. Er schob sie wieder hinein, allerdings in anderer Reihenfolge, bis jede einzelne leicht zu bewegen war und sich vollständig schließen ließ. Am Ende passten die Schubladen. Er war überzeugt davon, dass jemand sie herausgezogen hatte, um darunter und dahinter etwas zu suchen, und dass dieser jemand sie dann falsch wieder einsortiert hatte.

      Er trat in den begehbaren Wandschrank und stellte fest, dass nur ein Viertel des vorhandenen Raums genutzt wurde. Am Boden standen zwei Paar Schuhe, ein Paar schwarze Reebok-Laufschuhe, die voller Sand und grauem Staub waren, und ein Paar Schnürstiefel, die aussahen, als wären sie erst vor Kurzem geputzt und eingefettet worden. Grauer Staub von den Schuhen lag auch überall auf dem Teppich. Er ging in die Hocke und nahm etwas davon zwischen die Finger. Es schien Betonstaub zu sein. Er zog eine kleine Tüte aus der Tasche und streute ein paar Körnchen hinein. Dann steckte er die Tüte weg und stand auf. Fünf Hemden hingen auf Bügeln, ein weißes Oxford mit geknöpftem Kragen und vier langärmlige, schwarze Pullover wie der, den Meadows getragen hatte. Auf den Bügeln neben den Hemden hingen zwei Paar verwaschene Jeans und zwei Pyjama- oder Karatehosen. Die Taschen aller vier Hosen waren herausgezogen. In einem Plastikwäschekorb fanden sich schmutzige schwarze Hosen, T-Shirts, Strümpfe und ein Paar Boxershorts.

      Bosch trat aus dem Schrank und ließ das Schlafzimmer hinter sich. Im Badezimmer blieb er stehen und öffnete den Medizinschrank. Er fand eine halb leere Tube Zahnpasta, ein Fläschchen mit Kopfschmerztabletten und eine einzelne, leere Packung für Insulinspritzen. Als er den Schrank schloss, betrachtete er sich und sah die Müdigkeit in seinen Augen. Er strich sein Haar glatt.

      Harry kehrte ins Wohnzimmer zurück und setzte sich auf die Couch vor die unvollendete Patience. Edgar kam herein.

      »Meadows hat die Wohnung am ersten Juli gemietet«, sagte er. »Die Vermieterin ist wieder da. Eigentlich hatte sie monatsweise vermieten wollen, aber er hat elf Monate im Voraus bezahlt. Vier Scheine pro Monat. Fast fünf Riesen hat er in bar hingelegt. Sie sagt, nach Referenzen hätte sie ihn nicht gefragt. Sie hat nur das Geld genommen. Er wohnte …«

      »Sie sagt, er hätte für elf Monate bezahlt?«, unterbrach ihn Bosch. »War das ein Deal? Zahl für elf, und du kriegst den zwölften umsonst?«

      »Nichts dergleichen. Ich hab sie danach gefragt, und sie sagt Nein, es wäre von ihm gekommen. Er hätte es so gewollt. Er hätte gesagt, er würde