Der Geruch des Todes. Cat Warren. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Cat Warren
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783954641550
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Instituts, Tom Slick Jr., einen wilden Spekulanten, Erfinder und engagierten Kryptozoologen, ansieht. Er finanzierte drei Forschungsexkursionen nach Nepal, um am Himalaya nach dem Yeti zu suchen. Er suchte beim nepalesischen Staat um Erlaubnis an, Bloodhounds für die Suche einsetzen zu dürfen, doch das Land verbot ihm den Import der Tiere. Slick starb im Alter von 46 Jahren beim Absturz seines Privatflugzeuges, doch die Forschungseinrichtung seiner Träume, das SwRI, florierte weiter. Brillante Wissenschaftler und Techniker strömten nach San Antonio. Heute ist es mit dreitausend Angestellten eine der größten Nonprofit-Forschungseinrichtungen des Landes.

      Slicks Leidenschaft für mythische Kryptiden war den Verhaltenswissenschaftlern am SwRI, die sich Trainingsprojekten mit tatsächlich existenten Tieren verschrieben hatten, sicherlich peinlich. Und doch lebt ein wenig von Slicks Geist in deren Arbeit weiter: Die Honigbienen-Studie, die das Institut im Jahr 2011 durchführte, fällt in eine ähnliche Kategorie. Bereits vor dem 11. September arbeiteten Wissenschaftler am SwRI an einem „kontrollierten biologischen System“ − Institutsslang für ein kooperatives Tier − zum Aufspüren von Bomben. Hunde sind nicht die einzigen Tiere, deren Fähigkeiten sich der Mensch zunutze machen kann. Die Wissenschaftler trainierten zwölf Bienenstöcke mit Zuckerwasser-Belohnungen. Die Leistung der Arbeiterbienen während der Feldversuche waren erfreulich: Sie schwirrten direkt auf ihre Bomben-Targets zu, ohne sich von den daneben befindlichen Blumen ablenken zu lassen. Ihre winzigen Beinchen lösten auch keine Explosion aus. Die Forscher statteten die Bienen mit einem salzkristallgroßen Sender aus, um aus der Ferne mitverfolgen zu können, wie sie ein TNT-Target ansteuerten. Sie waren überzeugt, einer großen Sache auf der Spur zu sein.

      Es handelte sich um ein inspirierendes Experiment − aber Bienen haben ihre Grenzen. Sie sterben früher als Hunde: Ihre Lebensspanne entspricht gerade einmal sechs Wochen in der Pollensaison. Sie hassen Kälte, Dunkelheit und Regen und eignen sich nicht für den Einsatz bei Sicherheitskontrollen auf Flughäfen. Das weiß ich, weil David und ich Bienenstöcke in unserem Garten in North Carolina haben. Unsere Bienen hassen drei Dinge, die wir lieben: Knoblauch, Wein und Bananen. Bevor wir die Bienenstöcke inspizieren, dürfen wir nichts davon konsumieren − oder wir riskieren, ihren Unmut zu erregen. Wir lieben unsere Bienen und brauchen sie zum Bestäuben der Blumen, aber es ist mir definitiv lieber, Solo zu trainieren als ein Insekt.

      Die Idee, dass Bienen sich nicht nur zu friedlichen Zeiten, sondern auch im Krieg als nützlich erweisen könnten, stellte nicht nur am SwRI, sondern landesweit die Fortsetzung einer langen Tradition dar. In den turbulenten frühen bis mittleren 1970ern florierte das Forschungsinteresse am Aufspüren von Sprengstoff, Drogen und vermissten Personen und besonders daran, Tiere in dieser Funktion einzusetzen. Der Vietnamkrieg kam langsam zu seinem Ende, und zur selben Zeit wurden Forscher des Verteidigungsministeriums darauf aufmerksam, was Militärhunde leisten konnten. Sie fragten sich, wozu Vierbeiner sonst noch imstande wären. Die große intellektuelle und experimentelle Neugier − und reichlich finanzielle Mittel − ermöglichten es diesem Forschungsinteresse, sich von den Militärlabors an der Ostküste bis nach San Antonio, Texas, auszubreiten.

      Nick Montanarelli, heute pensioniert, doch damals ein Projektmanager am Landkriegslabor des US-Militärs, erinnert sich noch deutlich an jene Ära: Es war wenige Jahre, bevor er gemeinsam mit Lester Shubin die kugelsichere Kevlarweste entwickelte − eine Erfindung, die bis heute Tausende Leben rettet. Damals begannen Nick und ein kleines Kader weiterer Forscher aus allen Ecken und Enden des Landes, darunter Tierarzt und Verhaltenswissenschaftler Edward E. Dean, Verhaltenspsychologe Daniel S. Mitchell und William H. Johnston, gemeinsam mit dem Forschungs- und Entwicklungszentrum der US-amerikanischen Armee an Projekten zum effektiveren Aufspüren von Waffen, Drogen und vermissten Personen zu arbeiten.

      Diese Ära, sagt Nick, war eine besondere Zeit: In sechs Monaten konnte man eine Idee haben, Forschungsresultate auswerten und das Ergebnis praktisch einsetzen. Das Militär stellte Nick bis zu dreitausend Dollar zur Verfügung und forderte ihn auf, mit der Lösung eines Problems zu beginnen. Er berichtet, dass er häufig nach San Antonio flog, um sich mit Ed Dean zu beraten. „Jede zweite Woche war ich unten bei Southwest Research“, erinnert sich Nick. „Dean und ich gingen Mittagessen und versuchten, eine Methodologie für das Austesten unserer Ideen zu entwerfen.“

      Das SwRI und andere Militärlabors und -forschungszentren arbeiteten sowohl zusammen als auch unabhängig voneinander daran, herauszufinden, wie gut Hunde tatsächlich darin waren, Landminen, Fallgruben und Stolperdrähte − Dinge, die für den Tod von Zivilisten und Soldaten in Vietnam verantwortlich waren − aufzuspüren. Dazu kamen neue Probleme zuhause: Attentate auf prominente Politiker in den 1960ern, von John F. Kennedy bis Martin Luther King Jr., und Bombenanschläge im Rahmen von Anti-Kriegs-Protesten und Flugzeugentführungen in den 1970ern. Konnte man Hunde einsetzen, um Bomben in Kongresszentren und Waffen auf Flughäfen zu finden?

      Jim Polonis war im Laufe seiner dreißigjährigen Tätigkeit als Projektleiter am SwRI bereits in zahlreiche erfolgreiche und einige nicht so erfolgreiche Tierverhaltensprojekte involviert. Wie Nick behielt auch er die chaotischen, produktiven Zeiten in guter Erinnerung. Wann immer jemand eine Idee hatte, erzählt er, waren talentierte Forscher, Trainer und Mitarbeiter zur Stelle, um sie in die Tat umzusetzen. Jim Polonis’ Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass alles glattlief, wenn die Ideen zu konkreten Projekten wurden. Das konnte durchaus eine Herausforderung sein, etwa dann, wenn Hunde von einem Ende des Landes zum anderen befördert werden mussten. Er erinnert sich noch gut an jenen Frühling, in dem er, seine Frau und seine beiden Kinder um Haaresbreite einem Tornado entkamen, während sie einen zwölf Meter langen Pferdetransporter voller heulender Schäferhunde und Labrador Retriever von Fort Belvoir, Virginia, nach San Antonio steuerten. Jim kümmerte sich überall in den USA um Hunde, Hundeführer und Forscher − überall dort, wo Feldversuche durchgeführt wurden. In einem besonders kalten Winter half er bei der Durchführung von Minenspürhundetests in Wisconsin, bei denen sich Menschen und Hunde durch hüfttiefen Schnee und Blizzards kämpften. Er und weitere SwRI-Mitarbeiter trieben einen Kleintransporter auf und statteten ihn mit einem Erdbohrer aus, um Probelöcher zu graben und Minen im hartgefrorenen Boden des mittleren Westens zu platzieren. In einem anderen Jahr musste er austesten, wie Spürhunde und deren Hundeführer mit Sandstürmen und Temperaturen von fast 50 Grad Celsius in Arizona zurechtkamen.

      Hunde waren nicht die einzigen potentiellen Kandidaten für eine Spürausbildung, für die sich SwRI und Militär interessierten. Sie arbeiteten auch mit Schweinen − und das war gar nicht so weit hergeholt. In Italien und Frankreich werden Schweine seit dem fünfzehnten Jahrhundert dafür eingesetzt, sündhaft teure Trüffel aufzuspüren. Das SwRI verwendete rote Duroc-Schweine, eine alte, ansehnliche Rasse, mahagonifarben und hängeohrig − wenn auch nicht so schön befedert − wie Irische Setter. Anders als Irische Setter sind Duroc-Schweine außergewöhnlich sanft. Jim Polonis erinnert sich an ein Tier, das vergrabene Minen in viel größeren Tiefen aufspüren konnte als sämtliche Hunde. „Dieses Schwein fand einfach alles“, sagt Polonis, der davon ausgeht, dass das große Schwein seine zart gebaute, kleine und äußerst talentierte Trainerin zufriedenstellen wollte. Der Abschlussreport des Militärs zum Minenspürtraining zollte dem Geschlecht des besten Schweinetrainers leider keinen Tribut. Der Bericht bemerkte bloß die große Bereitwilligkeit des Schweines, „mit den Männern zu kooperieren“. Nein − dieses Schwein war mehr als bereit, mit einer Frau zu arbeiten.

      Doch es gab eine Handvoll Probleme mit den Durocs im Feldversuch: Es handelte sich um Schweine mit „unglücklichen sozialen Gepflogenheiten“ und einem gewissen Stigma: „Würdest du einen Schäferhund reinlassen, um dein Haus zu durchsuchen, oder ein Duroc-Schwein?“, fragte mich Jim. Die Tatsache, dass rote Durocs für ihre „ausgezeichnete Gewichtszunahme“ geschätzt werden, stellte ein weiteres Problem dar: ausgezeichnet für das Schlachthaus, aber ärgerlich für die Minensuche − besonders, wenn die 180 Kilo schweren Schweine sich über den Fund einer Mine freuten! Sie zogen an der Leine. „Sie zerrten einen ganz einfach hinter sich her!“, berichtete Jim. Problematischer und unter Umständen gefährlicher als ihr enormer Leibesumfang war ihr „unbändiger Drang, in der Erde zu wühlen“, der während einer Minensuche unterbunden werden musste. Obwohl sich Hausschweine als überaus effektiv im Finden sämtlicher Materialien erwiesen, wurden sie schließlich vom SwRI als Spürtiere aus dem Rennen genommen.

      Bei den