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SÜSSE SÜNDEN IN ZUCKERLROSA
Sie sind als Treffpunkte für den ungezwungenen Plausch, bei dem man sich mit einem schnellen Espresso oder einem Stück feiner Torte stärkt, aus dem Alltag der Wiener nicht wegzudenken. Von den 30 über die Stadt verteilten Filialen der Café-Konditorei-Kette Aida ist jene nahe dem Praterstern besonders nett.
Die Geschichte beginnt, wie so viele in Wien, kurz vor dem Ersten Weltkrieg mit einem ehrgeizigen Zuwanderer. Dieser hieß Josef Prousek, kam aus Böhmen und kaufte nach einer Ausbildung zum Zuckerbäcker einen Konditoreibetrieb. Nachdem er 1924 die erste Open-Air-Oper auf Wiener Boden erlebt hatte – es war die Aida, mit 700 Komparsen auf dem Sportplatz Hohe Warte inszeniert und von Maestro Pietro Mascagni dirigiert –, benannte er sein Unternehmen nach der Verdi-Oper um. Bald betrieb er ein Dutzend Filialen. Nach dem Krieg rappelte er sich mit Aufträgen der Besatzer auf: Torten für die Rote Armee, Doughnuts und Icecream für die Amerikaner. Damals sorgte die Filiale in der Wollzeile als Österreichs erste Café-Konditorei mit Espressomaschine für Furore.
Das Sortiment wurde seit jenen Pioniertagen behutsam erweitert. Neuerdings gibt es mancherorts warme Speisen, Salate und, sehr originell, Sandwich-Torten aus Brot mit pikanten Füllungen. Die meisten Gäste kommen freilich nach wie vor wegen des Kaffees, der Creme- und Kardinalschnitten, Golatschen, Strudel, Powidltascherln, Punschkrapferl und Torten mit Topfen, Trüffel oder Schwarzwälder Kirsch; ein wenig wohl aber auch wegen des pinkfarbenen Corporate Designs, das, seit den 1950er-Jahren konsequent beibehalten, heiter und leicht nostalgisch stimmt. Fassaden, Schriftzüge, Bestuhlung, Servietten, Zuckersäckchen, Einwickelpapier, auch die Uniformen der Kellnerinnen, der berühmten Aida-Damen: Das biedermeierliche Rosé prägt selbst die Filialen, die der mittlerweile in vierter Generation geführte und forsch expandierende Familienbetrieb kürzlich in Krakau, Kanada, Katar, in Doha, Dubai, Jeddah und Riyad eröffnet hat.
Aida, Filiale Praterstraße 78 · Mo–Sa 7–19, So 9–19 Uhr · 1020 Wien · Tel. 01/890 89 88-216 · www.aida.at · U1, U2 Praterstern, S1, 2, 3, 7, Tram O, 5
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NICHT NUR »KAAS« AM KARMELITERMARKT
Existiert hat Wiens ältester noch bestehender Markt schon 1671. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg war er jahrzehntelang verwaist. Wie der ganze einst vorrangig von Juden bewohnte 2. Bezirk, in dessen Herzen er liegt. Inzwischen hat er eine wundersame Wandlung durchlebt. Slow-Food hieß das Zauberwort, das nun trendige »BoBos« als neue Klientel anlockt. Beispielhaft für die junge Generation von Marktstandlern ist Isabel Kaas (Wienerisch für »Käse«). Die Ernährungsexpertin betreibt einen schicken Hybrid aus Laden und Lokal, in den Vitrinen liegen grandiose Käse aus ganz Europa sowie Fleisch und Wurst der heimischen Bio-Elite.
Kaas am Markt · Mo 8–15, Di–Fr 8–18, Sa 8–14 Uhr · Karmelitermarkt 33–36 · 1020 Wien · Tel. 0699/18 14 06 01 · www.kaasammarkt.at · U2 Taborstraße, Tram 2
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SINNLICHER MAGHREB MITTEN IN MARIAHILF
Würden Sie sich in Ihren schönsten Träumen den Ausstieg aus dem Alltag so vorstellen? Auf warmen Marmor hingestreckt, werden Sie aus Messingschalen mit kühlem Nass übergossen und von kundigen Händen massiert, bis Gemüt und Muskeln entspannt schnurren. Hernach ruhen Sie, rosahäutig in duftende Tücher gehüllt, beim Pfefferminztee, nuckeln an einer Shisha, lauschen Lautenmusik. Seit Christine Ruckendorfer 2002 an der Rahlstiege ihr Aux Gazelles eröffnet hat, gilt diese orientalische Oase als Geheimtipp für erholsame Stunden. Die Kernzone ihres »Hôtel sans chambres«, zu dem auch ein Salon de Thé et de Beauté, ein Deli-Restaurant, ein Café, ein Nachtclub und eine Austernbar gehören, bildet das 500 Quadratmeter große Hammam – Wiens einziges echtes.
Aux Gazelles Hammam · Sept.–Juli Di–Fr 14–22, Sa 11–22 Uhr · Rahlgasse 5 · 1060 Wien · Tel. 01/585 66 45-39 · www.auxgazelles.at · U2 Museumsquartier, Bus 57A
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HEILIGENSTÄDTER EINKEHR
Heurige gibt es in Wien viele. Aber nur einen, in dem Beethoven gelebt hat. Der Meister aus Bonn war ja nicht eben sesshaft. An die drei Dutzend Wohnadressen sind belegt, allein drei hier in der damals noch sehr ländlichen Sommerfrische Heiligenstadt, wo er an Eroica, Pastorale und der Neunten schrieb und von Taubheit geplagt sein erschütterndes Testament verfasste. Beim Mayer am Pfarrplatz nahm er 1817 Quartier. Noch heute verströmt das Lokal dörfliches Flair: Der von Reben umrankte Innenhof, die bis zu 400 Jahre alten Stuben, der Vorplatz mit Floriani-Statue und Jakobskirche … In dem Gut wird bereits seit 1683, dem Jahr der zweiten Türkenbelagerung, Wein gekeltert!
Mayer am Pfarrplatz · Mo–Sa 16–24, So ab 12 Uhr · Pfarrplatz 2 · Dependance am Nussberg · 1190 Wien · Tel. 01/336 01 97, www.pfarrplatz.at · Tram 37, D, Bus 38A
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BEIM KÖNIG DER KONFITÜREN
Die Gegend zwischen Ottakringer- und Thaliastraße, das Brunnenviertel, gilt als Wiens multikultureller Schmelztiegel schlechthin. Zwar hat sich sein Herz, der Yppenplatz, dank einer Reihe zeitgeistiger Lokale zum beliebten BoBo-Treff gemausert, doch der hier und nebenan in der Brunnengasse täglich abgehaltene Markt ist fest in türkisch-balkanischer Hand. Es gibt freilich Ausnahmen: generationenalte Familienbetriebe wie Hans Stauds ruhmreiche Feinkostfabrik. Seine süßen und feinsauren Delikatessen – Konfitüren, Kompotte, Gelees, eingelegte Gemüse – findet man weltweit in den Regalen exklusiver Deli-Läden und auch in der Spitzenhotellerie. Und zum Verkauf im Stammgeschäft auf dem Brunnenmarkt.
Staud’s Shop · Di–Fr 8.30–12.30, 15–18, Sa 8–13 Uhr · Ecke Brunnen-/Schellhammergasse ·1160 Wien · Tel. 01/406 88 05 21 · www.stauds.com · U2 Josefstädterstraße
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EINE QUELLE DER FREUDE
Wien und Wein stehen sich ja nicht nur buchstäblich sehr nahe. Doch zu Stelze oder Schweinsbraten trinkt man auch hier bevorzugt Bier. Die wohl prominenteste Adresse für Freunde feiner Gerstensäfte – und neuerdings trotz ihrer gut 175 Jahre auch ein beliebter Clubbing-Treff – ist die Ottakringer Brauerei.
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