Der Rücken schmerzt. Vielleicht weil ich so wild im Bett herumgeklettert bin während der Geburt.
Mein Kind saugt fest und aggressiv. Die linke Brustwarze tut mir weh.
Ich kann nur mühsam sitzen und essen, dann entdecke ich den Sitzring.
25. März
Auch heute nacht nicht geschlafen. Ich weiß nicht, was mich stört. Die fremden Menschen, die Geräusche, das Aufgekratztsein, das Übermüdetsein? Heute kann ich sogar fast nicht gehen. Mein ganzer Unterleib ist geschwollen. Ich bitte die Hebamme ständig, mir Schmerztabletten zu geben, finde aber, daß sie überhaupt nicht helfen. Den Sitzring habe ich überall dabei.
Die Krankengymnastin informiert über Gymnastik nach der Geburt. Sie zeigt Bilder von Gebärmuttervorfällen, die schrecklich aussehen. Bei der Zusammenkunft treffen sich frischgebakkene Mütter aus allen umliegenden Abteilungen. Eine Frau erzählt, daß sie bis zum Enddarm hinauf gerissen sei und vielleicht einen Beutel auf dem Bauch für die Ausscheidungen bekommen müsse. Zwei können nicht gehen und sitzen im Rollstuhl. Wir sind alle bleich und aufgedunsen in den Wöchnerinnen-Morgenröcken vom Krankenhaus. Wir sitzen alle auf einer Hinterbacke, damit es nicht so schmerzt. Ich empfinde große Zärtlichkeit für all diese duldsamen Frauen. Was für ein Mut, was für eine Kraft!
Mein Sohn ist das größte (und süßeste!) Kind der Abteilung. Er schaut mich zum ersten Mal richtig an. Ich habe ihn fast den ganzen Tag auf dem Arm. Meine ganze Aufmerksamkeit ist bei ihm, er wird zum Zentrum meines Universums. Ich rieche an seinem Kopf, schütze ihn gegen alles, spüre, wie Liebe aus meiner Brust zu ihm strömt.
Er trinkt hungrig. Es spannt in der Brust, wenn sie sich füllt. In der Nacht bekomme ich zwei Sandsäcke auf den Bauch.
Habe versucht, aufs Klo zu gehen. Zwei Stunden. Resultat: null.
26. März
Habe die ganze Nacht im Stillzimmer gesessen und abgepumpt, um die Schwellungen in der linken Brust wegzukriegen. Der Unterschied zwischen mir und einer Kuh ist minimal. Über die elektrische Milchpumpe habe ich noch vor ein paar Tagen laut gelacht. Jetzt ist sie meine beste Freundin. Watte um die Brust, den Riesen-BH vom Krankenhaus. Die Brustwarzen sind wund. Glyzerinsalbe.
Um vier entschied ich, daß es keinen Sinn hat, auch nur zu versuchen zu schlafen. Ich setzte mich also ins Wickelzimmer zu all den Babys und Schwestern. Jacob schlummerte ruhig. Er machte einen so friedlichen Eindruck.
Heute bin ich total down. Und heute sollen wir nach Hause, mein Sohn und ich. Keife seinen Vater an, der kommt, um uns abzuholen. Fange im Auto zu heulen an. Nie im Leben kommen wir heil nach Hause. Das Auto wird verunglücken und mein Sohn sterben. Glücklich zu Hause klingelt ständig das Telefon. Ich will mit niemandem reden. Alles tut weh, und ich stille ununterbrochen.
27. März
Große, schwere Brüste, in komische Wärmekissen gepackt. Riesenslips mit extra langer und extra dicker Binde. Geschwollener Bauch mit braunen Strichen. Die Füße groß und geschwollen. Verstopft und Probleme beim Wasserlassen.
Und trotzdem ist es unglaublich. Der körperliche Schmerz. Die seelische Freude.
Mein Kind ist so wunderbar in all seiner Zurückhaltung. Wie ein weiches Kätzchen fächelt er mit grazilen Händchen vor seinem Gesicht. Ich glaube, ich liebe ihn schon, obwohl wir uns kaum kennen.
Ich habe heute den ersten Einlauf meines Lebens gemacht. Ich habe auf dem Klo geschrien vor Schmerz und Angst. Wird das so bleiben, mein ganzes Leben lang?
28. März
Ich habe in fünf Tagen 14 Kilo abgenommen und fühle mich unglaublich schlank. Ich zog also die Jeans von vorher an. Ich konnte sie nicht zumachen, die Schenkel sahen aus wie Leberwürste. Ich habe also wieder die Schwangerschafts-Leggings und das weite Hemd hervorgeholt. Scheint meine ewige Uniform zu werden.
Habe eine eiternde Wunde in der linken Brustwarze. Jedesmal, wenn ich Jacob stille, tut es scheußlich weh. Ich hechle, und während der ersten Minuten muß es völlig still um mich herum sein, damit ich den Schmerz aushalte.
Aber er erfüllt mich mit solcher Freude. Daß man es als Privileg empfinden kann, geweckt zu werden! Ich habe heute nacht fünfmal gestillt, und es war ein wundervolles Gefühl.
29. März
Müde, müde, müde. Habe nachgerechnet: Diese Woche habe ich in sieben Tagen 25 Stunden geschlafen. Es ist ein medizinisches Wunder, daß ich noch aufstehe. Ich habe einen merkwürdigen Hormonschub bekommen.
Immer noch: Schmerzen in Unterleib und Damm. Verstopft wie noch nie. Fange mit den Zusammenkneifübungen an, wie es uns die Krankengymnastin empfohlen hat. Spüre überhaupt nichts – Scheide, wo ist die denn? Sex scheint im Moment etwas sehr Abwegiges zu sein. Die Brüste sind belegt, wund und undicht. Der Unterleib tut nur weh.
Aber er ist es wert, der Kleine. Das und tausendfach mehr.
Das Leben ist eine merkwürdige Reise, und es ist herrlich, mitfahren zu dürfen.
2 Die Spuren der Geburt
»Ich war darauf vorbereitet, daß die Geburt weh tun würde. Aber warum hat niemand etwas über die Zeit danach gesagt? Es ist wirklich eine ›Via dolorosa‹, ein Schmerzensweg, Mutter zu werden.«
Sara, 32, zwei Kinder
Eine Geburt hinterläßt Spuren im Körper und im Bewußtsein. Hinterher ist man körperlich müde, der Unterleib schmerzt, und das Leben kommt einem sehr merkwürdig vor.
In diesem Kapitel wird behandelt, wie die Geburt die Stunden danach beeinflussen kann.
Dammrisse
Es ist natürlich, bei einer Entbindung zu reißen. Wenn der Kopf des Babys geboren wird, kann es passieren, daß das Gewebe sich nicht genügend dehnen kann. Es entstehen Risse in der Scheide, den Schamlippen und im Damm.
Man spricht von Rissen verschiedenen Grades. Ein Riß ersten Grades entsteht in der Schleimhaut der Scheide und dem oberflächlichen Gewebe des Damms. Um einen Riß zweiten Grades handelt es sich, wenn er bis in den Muskel, der sich um den Enddarm schließt, reicht. Ein Riß dritten Grades geht durch diesen Muskel. Und ein Riß vierten Grades geht durch die Schleimhaut des Enddarms.
Wenn Sie auf dem Rücken liegend gebären, richtet sich der Druck des kindlichen Kopfes direkt auf den Damm. Die Muskeln zwischen Scheide und Enddarm werden ganz besonders beansprucht und das Risiko eines Risses wird größer. Wenn Sie dagegen aufrecht gebären, verteilt sich der Druck auf die ganze Scheide und ihre Öffnung. Das Risiko eines Risses wird somit geringer. Wenn Sie außerdem mit gespreizten Beinen in der Hocke sind, kann sich der Damm entspannen. Der Widerstand wird geringer, und die Risse sind kleiner und mehr an der Oberfläche.
Die meisten Risse werden direkt nach der Entbindung genäht. Sehr kleine Risse können von selbst heilen. Genäht wird mit einem Faden, der sich in tiefer liegendem Gewebe von selbst auflöst. Was die Haut angeht, so gibt es unterschiedliche Schulen. Manche nähen auch hier mit sich selbst auflösendem Faden, andere mit einem Faden, der gezogen werden muß. Er bleibt bis zu vier Tage und wird dann entweder noch auf der Wochenstation gezogen oder von der Hebamme, die nach Hause kommt.
Das Nähen kann weh tun, oft wird örtlich betäubt. Es ist nicht immer einfach, diese Risse zu nähen, und das Gewebe kann falsch zusammenwachsen. Und man kann auch das Pech haben und an einen ungeschickten Arzt geraten, der nicht gut näht.
»Das Schlimmste an der ganzen Geburt war das Nähen hinterher. Das tat wahnsinnig weh. Und dann wurde ich auch noch falsch genäht, ich wollte bloß noch ›Pfuscher‹ schreien.«
Cecilia, 33, ein Kind
Das Heilen der Wunde kann ziemlich