Die Legende von Arc's Hill. Michael Dissieux. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Dissieux
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969879252
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den er seit diesem Tag als Daniel Paxton kannte.

      All dies existierte in dieser Nacht und an diesem Ort nicht mehr. Er war ein anderer geworden.

      Mike befand sich in einer fremdartigen, fernen Welt; einer unbekannten Zeit, die stillzustehen schien, als er auf seinen Beinen, ohne jegliche Empfindungen und ohne das Zutun seines eigenen Willens, in das Zentrum des Steinernen Baumkreises ging.

      Langsam …

      Schritt für Schritt …

      Ohne das geringste Geräusch …

      Die Welt war still geworden.

      Sie lauerte …

      Die Nacht hatte ihr unheimliches Flüstern verloren.

      In Zeiten, die sich der menschliche Verstand nicht mehr vorzustellen vermochte, waren diese gigantischen, starren Schatten, die vor Mike in eine unsichtbare Höhe emporragten, einmal junge, blühende Schösslinge gewesen, die zu kräftigen und robusten Bäumen herangewachsen waren, lange bevor erster Atem über die Welt strich.

      Doch jetzt, in dieser Nacht, die ewig und Mike als die letzte seiner Existenz erschien, waren sie düstere und stumme Wächter eines Ortes, an dem die Geschicke des Kosmos einst zusammentrafen, und in dessen harter und versteinerter Erde die Geister der gefallenen Herrscher begraben lagen.

      Hier, im Zentrum des zeitlosen Zirkels, befand sich die versiegelte Pforte nach Re´grith Dath.

      Mike schwanden die Sinne, als er in die Mitte des riesigen Kreises trat. Ihm schien, als versuchte eine unbekannte Macht seinen Leib und seine Seele auszusaugen.

      Er stolperte, fiel auf die Knie und spürte kalte, harte Erde unter seinen Händen. Und ein verlangendes, ungeduldiges Beben, das sich kaum merklich durch das Erdreich pflügte.

      Waren dies die Sendboten des Wahnsinns?

      Hatten sie auch Ward zu sich gerufen?

      Als er sich wieder aufrichtete und ein eisiger, lautloser Wind sein Gesicht wie feinste Nadelstiche traf, schloss er die Augen und warf den Kopf in den Nacken, so dass sein Antlitz den über ihm dahinrasenden Wolkenungetümen zugewandt war. Tiefe, gutturale Laute verließen seine Kehle, Speichel tropfte aus seinem Mund. Er schmeckte das bittere Kupfer von Blut auf der Zunge.

      Und dann, mit einer rauen Stimme, die nicht seine eigene war, begann Mike die archaischen Worte des Großen Rulth´matheth zu sprechen, die ihn das lichtbeschienene Wesen auf dem Tempelberg gelehrt hatte. Jene uralte Sprache aus den dunklen Gräbern der Welten.

      Seine Lippen formten die ältesten Laute des Kosmos. Seiner Kehle entrannen animalische Laute, dem Zischen von Schlangen und dem Knurren wilder Hunde gleich. Auf seiner Stirn bildete sich kalter Schweiß.

      Die Laute entstammten nicht seinem Verstand. Sie stiegen aus dem tiefsten Innern seines Daseins empor. Tiefer noch als jedes Denken.

      Tiefer als der Grund seiner Seele …

      Etwas war in ihm …

      Etwas sprach die unheiligen Worte des Rulth´matheth …

      Etwas benutzte die Vergänglichkeit seines irdenen Leibes …

      Sein Körper bäumte sich in grotesken Bewegungen auf. Seine Gliedmaßen begannen unkontrolliert und tranceartig zu erzittern.

      Der Wind flaute auf und fuhr fordernd unter seine Kleidung. Er spürte eiskalte Hände, die nach ihm griffen. Finger, die seinen Leib wie eine Geliebte ertasteten. Tränen und Schweiß liefen gleichermaßen über sein Gesicht. Sein Haar peitschte ihm im Wind ins Antlitz, als hätte es eigenes Leben entdeckt.

      Die Augen hielt er geschlossen, doch konnte er spüren, wie etwas geschah. Unentwegt spie er die urzeitlichen Laute in die dunkle Nacht, wieder und wieder. Ihn befiel das Gefühl, sich in bodenloser Leere zu befinden. Es gab keine Zeiten mehr. Keinen Wind. Keine Schmerzen. Kein Oben und kein Unten. Kein Denken …

      Etwas zog an ihm.

      Etwas bewegte sich.

      Er strauchelte, doch seine Augen blieben geschlossen.

      Etwas hielt seine Lider geschlossen.

      Es war nicht sein eigener Wille. Ebenso wenig, wie es seine eigene Stimme war, die urzeitliche Laute aus seiner Kehle stieß und eine Sprache in die Nacht spie, der nichts Menschliches anhaftete.

      Dem wütenden Keifen einer Monstrosität gleich.

      Das Gefühl, dass sich der Boden unter seinen Füßen bewegte, ergriff Mike mit schockierender Heftigkeit. Mal wurde sein Fuß nach oben gedrückt, als versuchte sich etwas Gigantisches aus dem Erdreich zu heben. Dann wiederum versank er in einer tiefen Mulde, um gleich darauf wieder in die Höhe gestemmt zu werden.

      Er stolperte. Seine Stimme schrie in den Lauten seiner Erinnerungen …

      … und endlich öffnete Mike die Augen.

      Was er sah, ließ seinen Verstand jene Grenzen erreichen, die blindem, bedingungslosem Wahnsinn gleichkamen.

      Immer noch formten seine bebenden, tauben Lippen die archaischen Worte der Ältesten. Ein unentwegter Gesang …

      Seine Augen starren derweil voller Entsetzen auf das infernalische Szenario, das sich um ihn herum im Steinernen Baumkreis der ältesten Wächter des Kosmos abspielte.

      Die harte, steinige Erde warf sich wie die Wellen eines Meeres in die Höhe, um gleich darauf wieder in dunklen Gräben zu verschwinden. Tiefe, grobe Risse zerpflügten den Boden, aus dem trübe Dampfschwaden in die Nachtluft aufstiegen und sich zu grotesken Formen vereinten.

      Tief in den Gruben, die sich sternförmig vom Zentrum des Steinkreises bis hin zu den monumentalen, schwarzen Wächtern zogen, pulsierte ein schwaches, gelbstichiges Glühen, das den Rauchschwaden die kranke Farbe brackigen Sumpfes verlieh.

      Mikes Augen, längst jeglichen Verstandes beraubt, betrachteten das schreckliche Schauspiel mit einer morbiden Mischung aus Grauen und perverser Faszination, während seine Ohren der nächsten Sinnestäuschung zu unterliegen schienen. Tief aus der Erde, von jenem Ort, der das abträgliche Leuchten gebar, glaubte Mike das erregte Flüstern von Wesen fern jeglicher Vorstellungskraft zu vernehmen.

      Leise und fern. Nicht mehr, als das flaue Wehklagen des Windes.

      Und doch verstand er Worte, deren Sinn er nicht kannte und die ihm plötzlich so vertraut erschienen. Die Worte seines Traumes …

      Ein Chor triumphaler Seufzer erfüllte die vom aufsteigenden Dampf gelb gefärbte Nacht und sein Denken mit resignierendem Wahn. Ohne Unterlass schrie er weiterhin die unheiligen Worte des Rulth´matheth in die brüllende Nacht hinaus …

      Die Erde begann aufzubrechen. Hartes Gestein und stinkender Schlamm wurden in die kalte Finsternis gespien. Etwas versuchte sich aus Jahrtausende altem Fels zu befreien.

      Grässliches Krachen und Bersten erfüllte die Luft, vermodertes Erdreich und glühender Stein quollen mit grauenerregender Urgewalt aus dem Boden hervor. Tiefstes, urzeitliches Donnergrollen drang in infernalen Schreien aus dem Schoß der Erde an die Oberfläche empor und ließ die nach Schwefel und Asche stinkende Nacht erzittern. Blitze zuckten, Feuerlanzen gleich, aus dem Innern des Berges. Etwas drückte und schlug in seinem Grab gegen den Erdboden …

      Etwas kam …

      Und noch immer spie Mikes vom Wahn zerfetzter Leib die antiken Worte der Großen Alten in die teilnahmslose Kälte der Berge hinaus.

      Ein Traum ?

      Ein immer wiederkehrender, verzehrender, blendender, verderbter Traum?

      Oder grauenvolle Realität?

      Ich gehe langsam durch die Straßen der Stadt, die ich als Re´grith Dath kennengelernt habe.

      Meine Schritte sind schwer, mein Leib ist abgezehrt. Mein Verstand leer und erloschen.

      Der