Der nackte Idiot. Stefan Bouxsein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Bouxsein
Издательство: Bookwire
Серия: Idiotenreihe
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783939362128
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Karlsruhe«, stellte er sich vor. Er war einen Kopf kleiner als ich, wog mindestens 120 Kilo und roch nach Schweiß.

      »Metzger bin ich, fünf Metzgereien habe ich in Karlsruhe. Seit über zehn Jahren habe ich keinen Urlaub mehr gemacht, jetzt lassen wir mal die Sau raus, oder Hans?«

      Irgendwie war mir der Typ peinlich, aber jetzt hatte ich ihn am Hals.

      »Klar, Karl, das haben wir uns redlich verdient«, antwortete ich, ohne dabei wirklich überzeugend zu klingen.

      »Welche erotische Sauerei hast du dir denn ausgesucht?«, wollte Karl wissen.

      »Soft und prickelnd«, antwortete ich. »Und du?«

      Karl fing an zu grinsen, seine linke Hand ballte er zu einer Faust und schlug damit ein paar Mal auf seine rechte Handfläche. »Hart und heftig will ich es haben, haha. Den jungen Dingern mal zeigen, was ein echter Kerl ist, oder Hans?«

      Plötzlich bekam ich richtig Mitleid mit den Damen, auf die ich eigentlich auch so scharf war. »Klar Karl, du zeigst denen schon, was ein echter Hengst ist.« Anstatt einer Antwort bekam ich wieder seine kräftige Hand auf meiner Schulter zu spüren. Mit einem dreckigen Lachen ließ er mich stehen, er hatte einen neuen Gesprächspartner entdeckt. Heilfroh darüber, den dicken Metzger wieder los zu sein, mischte ich mich unter die Urlauber. Ich war keine fünf Schritte weit gekommen, da wurde ich schon wieder angesprochen. Diesmal von einer attraktiven Frau. Susanne stand auf ihrem Schild. In roter Schrift.

      »Hallo, Hans«, begrüßte sie mich. »Hast du dich auch für ein erotisches Abenteuer entschieden?«, säuselte sie mir mit einer verdammt verführerischen Stimme zu.

      »Wenn schon, denn schon. Man lebt ja nur einmal«, entgegnete ich etwas unsicher.

      »Da hast du recht«, erwiderte Susanne. »Ich bin auch schon ganz gespannt, was mich dort erwartet. Ich habe eine Woche devote Unterwerfung gebucht.« Das sagte sie so beiläufig, als würde sie vom Wetter reden.

      »Aha«, war alles, was ich hervorbrachte und spürte, wie sich meine Gesichtsfarbe in ein schüchternes hellrot verfärbte.

      »Ja, ich bin schon ganz nervös. Aber ich freue mich auch drauf, mich wildfremden Männern auszuliefern. Ich finde, das hat einen ganz besonderen Reiz. Eine Woche möchte ich eine willenlose Frau sein, mich hingeben und fallen lassen.« Sie musterte mich mit einem sehnsuchtsvollen Blick und fragte mich nach meiner erotischen Wahl. Meine Antwort entlockte ihr ein zauberhaftes Lächeln, sie legte ihren Zeigefinger auf meine Brust und zeichnete damit kleine Kringel auf mein Hemd.

      »Schade, dass du nicht Dominanz und Peitsche gewählt hast, vielleicht hätten wir uns gut ergänzt«, hauchte sie mir zu und ließ mich dann wie einen begossenen Pudel stehen. Zu schade, pflichtete ich ihr gedanklich bei, während mein Blick ihrem süßen, runden Hintern hinterher hing. Durch das Fenster konnte ich beobachten, wie der Flieger auf unser Gate zu rollte, die Wagen mit dem Gepäck standen schon auf der Betonpiste. Männer mit Ohrenschützern warteten nur noch darauf, dass die Maschine in die endgültige Position kam, bevor der Frachtraum mit den vielen Koffern und Taschen beladen werden konnte. Ich wandte mich wieder meinen Mitmenschen zu, zwei durchtrainierte Athleten machten sich mir gegenüber breit. Jens und Joachim hießen sie, das Grün outete sie als Sportfanatiker. Amüsiert beobachtete ich, wie die Mehrheit der Erotik-Urlauber sich gelangweilt von den gutaussehenden Kerlen abwandte, sobald der grüne Namenszug sichtbar wurde. Wieder wurde ich von der Seite angequatscht, ein ziemlich junger Typ Marke Knochengestell wollte eine Zigarette von mir schnorren.

      »Hier darf man nicht rauchen«, erklärte ich ihm. Peter winkte nur ab.

      »Ist mir doch egal«, brummte er gelangweilt vor sich hin. Der brauchte eindeutig den Nervenkitzel, musste immer das tun, was verboten war. Ich nannte ihn den schwarzen Peter, weil er Horror und Nervenkitzel gewählt hatte und daher mit einem schwarzen Schild umherlief, und gab ihm eine Zigarette. Gierig zündete er sich die Kippe an, mit tiefen Zügen erzeugte er ordentlich Qualm. Sofort kam die nette Dame von Traumurlaub-Reisen angerannt. Sie war gar nicht mehr so nett, schimpfte mit dem schwarzen Peter und schickte ihn in eine Raucherecke fünfzig Meter weiter. Ich wollte ihm schon folgen, der schwarze Peter hatte auch mein Verlangen nach einer Zigarette geweckt, doch eine Szene zu meiner Rechten hielt mich davon ab. Zwei hübsche junge Dinger, vielleicht Mitte zwanzig, beide blond, eine rote Vera und eine rote Carmen schienen sich gesucht und gefunden zu haben. Zuerst verstand ich nur Wortfetzen von ihrer Unterhaltung, aber was ich vernahm, machte mich neugierig. Unauffällig schob ich mich näher an die beiden heran, die sich gerade über ihre Urlaubsentscheidungen unterhielten. Dass sich beide für Erotik entschieden hatten, war ja für alle deutlich sichtbar zu erkennen, aber im persönlichen Gespräch entdeckten die beiden noch mehr Gemeinsamkeiten. Beide fühlten sie sich der bisexuellen Variante verpflichtet und beide favorisierten sie das Motto Kuscheln und Schmusen. Ich war ganz fasziniert von den beiden, sie lächelten sich verlegen zu und schauten sich verliebt an und nur kurze Zeit später schmusten sie schon engumschlungen zwischen den vielen, auf den Abflug wartenden Menschen.

      »Das viele Geld für den Urlaub hättet ihr euch ja auch sparen können«, neckte ich die beiden.

      »Uns fehlt aber noch ein Süßer, den wir zum Nachtisch vernaschen können«, säuselte mir Vera kokett entgegen. »Hast du zufällig Kuscheln und Schmusen gewählt?«, fragte sie mich neugierig mit großen Augen.

      »Nein, aber soft und prickelnd. Ist doch auch eine gute Wahl, oder?«

      »Tja, Hans, das ist zwar eine sehr gute Wahl, aber leider trotzdem die falsche. Du musst auf eine andere Baustelle, bye bye.«

      Und schon war ich Geschichte. Wenigstens öffneten sich jetzt die Türen, die den Weg ins Innere des Fliegers freimachten, und die Meute setzte sich langsam in Bewegung.

      Natürlich ergatterte ich den undankbaren Mittelsitz im Flugzeug, ausgerechnet der grobschlächtige Karl aus Karlsruhe saß zu meiner Rechten. Schlimmer konnte es kaum kommen, die Reise fing schon mal gut an. Karl klopfte mir natürlich gleich wieder auf die Schulter und zeigte auf die Stewardess, die den nachrückenden Passagieren die Sitzplätze anwies. »Der Schnecke würde ich es auch gerne mal besorgen«, flachste er mir zu, dabei unterstrich er seine Vorstellungen wieder mit kleinen obszönen Gesten.

      »So einen Stier wie dich, lässt die Braut bestimmt gern ran«, gab ich ihm zur Antwort, worauf sich seine Nüstern aufblähten. Gespannt beobachtete ich die nachrückenden Passagiere und hoffte, dass wenigstens der Platz zu meiner Linken mit einem geeigneten Gesprächspartner besetzt würde. Die devote Susanne kam auf mich zu, mein Herz schlug höher. Leider fand sie ihren Platz zwei Reihen vor mir. Und fing dort auch gleich mit dem Typen am Fensterplatz zu flirten an. Kurz darauf erblickte ich Vera und Carmen, die schmusenden Bi-Girls. Die zwei ließen sich auf der gegenüberliegenden Sitzreihe nieder, kaum hatten sie ihre Handtaschen verstaut, nahmen die zwei Hübschen auch schon wieder die Schmusestellung ein. Wenigstens konnte ich sie dabei von meinem Platz aus beobachten. Der Gentleman schweigt und genießt, dachte ich mir und lehnte mich entspannt zurück. Meine entspannte Haltung hielt nicht lange an, ausgerechnet der schwarze Peter schickte sich an, den Sitz zu meiner Linken in Beschlag zu nehmen. Das Schicksal meinte es nicht gut mit mir. Eingequetscht zwischen dem schwitzenden Karl, der für eine Woche zum Stier mutieren wollte, und dem schwarzen Peter, der es total cool fand, eine Woche Horror auf einer tropischen Insel zu buchen, hatte ich einen Flug von über acht Stunden vor mir.

      Die Stunden am Himmel vergingen quälend langsam. Karl schnarchte und grunzte wie eine Sau auf der Schlachtbank und der schwarze Peter zuckte am ganzen Körper zu den Heavy-Metal-Songs, die er sich mit seinem MP3-Player reinzog.

      Als wir endlich auf Mahe, der größten Insel der Seychellen, 4 Grad südlich des Äquators landeten, war ich fix und fertig mit den Nerven. Ganz im Gegensatz zu Karl, der den ganzen Flug über grunzend gepennt hatte und nun ganz aufgeregt seinem Reiseziel entgegenfieberte. Der ganze Urlauber-Tross schlängelte sich durch das Flughafengebäude, nach und nach wurden auch unsere Koffer vom Gepäckband angespült. Meiner war natürlich der letzte. Die Truppe wartete schon ungeduldig am Bus, als ich endlich zu ihnen stieß.

      Zum Glück war