Es hatte ein blitzartiger Vernichtungsschlag gegen minderwertige Krieger der Inneren Sphäre werden sollen. Er ließ eben den Blick über die Bäume und die dunklen Schatten zwischen ihnen streifen, und in diesem kurzen Moment verstand er die Bedeutung dieses Augenblicks. Dies war Tukayyid, die größte Schlacht, seit General Aleksandr Kerensky Terra dreihundert Jahre zuvor aus den Klauen des Usurpators Amaris befreit hatte. Aber das war nicht alles.
Trent war ein Nebelparder, und er wusste, dass ein so gewaltiger Konflikt unvermeidlich schwere Verluste mit sich brachte. Neue Krieger würden jetzt die Chance erhalten, um die Blutnamen derer zu kämpfen, die auf dem Schlachtfeld fielen. Der Gedanke, einen Blutnamen gewinnen zu können, ging Trent durch Mark und Bein. Er hatte kurz vor dem Abwurf der Parder auf Tukayyid mit Sterncolonel Benjamin Howell gesprochen, und Howell hatte sich bereit erklärt, Trent für die Howell-Blutnamen vorzuschlagen, die nach der Schlacht frei wurden. Trent war überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit sein konnte, bis auch er unter den Blutnamensträgern der Nebelparder und anderen Clans seinen Platz einnahm. Einen Blutnamen zu erwerben, war die größte Leistung, die ein Krieger vollbringen konnte. Er bedeutete die Aufnahme seines genetischen Materials in den heiligen Genfundus, so dass er weit über seine Tage hinaus in späteren Generationen fortlebte.
Dazu mussten sie nur noch die ComGuards besiegen. Seine Kommandeure betrachteten den Versuch der ComStar-Truppen, die Invasion aufzuhalten, als pure Dummheit. Und sie sahen die schnellen Stippangriffe der ComGuards als Verschwendung von Kampfmitteln. Aber Trent erkannte die Wahrheit. Die ComGuards trieben ein tödliches Versteckspiel, und das so hart und schnell, dass sie Galaxis Betas Parder allmählich zu Tode schunden. Jetzt waren die Nebelparder auf dem Rückzug, so sehr die Kommandeure es auch ›Neuorganisation‹ nennen mochten. Er hatte versucht, dem Sterncolonel zu sagen, was er sich abspielen sah, wie die ComGuards die Clan-Truppen zerschlugen. Aber man hatte ihm das Wort im Satz abgeschnitten. Das Nebelparder-Oberkommando glaubte die Lage unter Kontrolle. Man hatte ihn ignoriert.
Gerade als er Jez anfunken wollte, sah Trent ihren Warhawk einen Kilometer entfernt am anderen Ende der Lichtung aus dem Wald laufen. Sie folgte fliehenden ComGuard-Bodentruppen und mähte sie mit ihren schweren Impulslasern nieder. Oder zumindest mit dem einen, der noch funktionierte. Er beschleunigte den Timber Wolf und rannte hinter ihr her.
Er kannte Jez gut genug, um zu wissen, dass sie die Verfolgung der ComGuardisten nicht abbrechen würde, ganz gleich, welche Befehle sie erhielt. Sie musste schon eine entsprechende Anordnung erhalten haben. Das war wohl der Grund, weshalb man ihn hinter ihr herschickte. Eines Tages würde ihr Dickkopf ihr den Tod bringen. Vielleicht war es heute schon soweit ...
Trent gab Schultz ein Zeichen, als er losrannte und ihr Signal anvisierte. »Gib mir Deckung auf der linken Flanke. Wir haben Befehl, zu Jez zu stoßen und sie zurückzuholen, um der Galaxis den Rücken freizuhalten.«
»Pos, Sterncaptain«, antwortete Schultz und glich seine Bewegung dem Trab des Timber Wolf an. Trent sah auf die Ortung. Jez war ihnen ein Stück voraus, tauchte immer wieder kurz zwischen den Bäumen rings um die Sumpflichtung auf. Ihre langsamen Bewegungen auf dem Sichtschirm machten ihm klar, dass dort eine Schlacht tobte, und er bereitete sich innerlich darauf vor, während er auf den dichten Schatten des Waldes zulief. Plötzlich wurde er von einer mächtigen Explosion erfasst, die seinen Timber Wolf von den Metallfüßen riss. Einschläge krachten durch die Kanzel, nicht von Granaten, sondern von Bruchstücken des Mad Dog neben ihm.
Die Nahortung zeigte, was geschehen war. Ein KSR-Werfer hatte Schultz entdeckt und augenblicklich das Feuer eröffnet. Mehr als dreißig Raketen hatten die Überreste seines OmniMechs in wenig mehr als einer Sekunde zerblasen. Er hatte keine Zeit mehr gehabt, auszusteigen, keine Zeit zu feuern. Nur zu sterben. Und Jez stand inmitten einer Stellung, die ein am Rand der Lichtung versteckter vorgeschobener Kommandoposten oder eine Wartungsstelle gewesen sein musste, und kämpfte gegen zwei andere ComGuard-Mechs. Infanteristen beschossen sie aus Rakfäusten und tragbaren PPK. Langsam, aber sicher ging es für ihren Warhawk dem Ende entgegen.
Trent war nicht bereit, Schultz‘ Schicksal hinzunehmen. Er zog das Fadenkreuz über den abziehenden KSR-Werfer und feuerte seine Langstreckenraketen ab. Die Geschosse zischten durch die rauchgeschwängerte Luft über der ComStar-Stellung und in die fahrbare Raketenlafette. Sie schlugen durch die Seitenpanzerung, stießen in die Munitionsvorräte des Fahrzeugs vor und rissen es in einer gigantischen Explosion auseinander.
Während er den Mech herumdrehte, löste sich einer von Jez‘ Angreifern, eine weißlackierte Crab, aus dem Gefecht und feuerte einen wilden Schuss in Richtung des Timber Wolf, der den Mech um mindestens fünf Meter verfehlte. Genau darauf hatte Trent gehofft, auf einen Schuss, der ihm gestattete, sich in Jez‘ Kampf einzumischen, ohne ihre Ehre zu verletzen. Er visierte den Gegner mit der letzten Salve Langstreckenraketen im Magazin seines Omnis an und presste den Auslöser in derselben Millisekunde, in der er den Glockenton der Zielerfassung hörte.
Die meisten der Raketen schlugen in der rechten Flanke des feindlichen Mechs ein, rissen seinen Arm ab und schleuderten eine Fontäne von Rauch und Funken in die Höhe. Wenigstens zwei Raketen allerdings zuckten an der Crab vorbei und trafen Jez‘ Mech. Der Krieger ist gut. Er hat mich dazu gebracht, einen unserer eigenen Mechs zu beschädigen ... Der Rumpf des ComGuard-Mechs wurde unter der Wucht der Treffer herumgerissen, aber der Pilot erwiderte trotzdem schnell mit dem tödlich schweren Laser das Feuer. Der Schuss bohrte sich tief ins linke Bein des Timber Wolf und sprengte die Ferrofibrit-Panzerung in einer Serie knatternder Explosionen davon. Die Temperatur in Trents Cockpit stieg leicht an, als er sich auf die linke Seite der Crab bewegte, um seinem Gegner die Zielerfassung schwerer zu machen. Er wusste, wenn er die Entfernung hielt, konnte er seine Langstreckenwaffen optimal gegen den beschädigten Mech zum Tragen bringen.
Er hielt das Feuer zurück, bis er ein freies Schussfeld hatte, dann setzte er die schweren Laser ein. Die leuchtendroten Lichtspeere streckten sich nach der Crab aus. Ein Strahl schlug knapp neben dem Kampfkoloss mit dem treffenden Namen ein und schleuderte eine Rauchspur über das einst grüne Feld. Der andere fand sein Ziel und schnitt seitlich in die Hüfte der Crab. Deren Panzerung warf einen Augenblick zischend Blasen, dann flog sie davon, als der Lichtstrahl sich tief in die interne Struktur bohrte. Myomerfasern, die künstlichen ›Muskeln‹, die einen BattleMech bewegten, rissen und brannten, und eine kränklich grüne Rauchfahne stieg in die Luft. Das Hüftgelenk blockierte, wenn auch nur für einen Moment, bevor es im letzten Augenblick nachgab, während der ComGuardist in der Kanzel des Mechs verzweifelt versuchte, ihn in eine bessere Angriffsposition zu manövrieren ... Zumindest dachte Trent das.
Jez‘ Kampf mit einem nahen ComGuard-Thug hatte sich in einen mörderischen Schlagabtausch verwandelt. Plötzlich wirbelte die Crab zurück in ihre Richtung und drehte Trent den ungeschützten Rücken zu. Er sah den Thug fallen. Sein linkes Bein war in einer Explosion aus schwarzem Rauch und Schrapnell in Kniehöhe abgesprengt worden. Fast im selben Augenblick drehte die Crab sich wieder um. Jez sah die Schüsse nicht kommen, und aus beinahe minimaler Distanz war ihre Wirkung vernichtend. Die leichten und mittelschweren Laser des ComStar-Mechs spien eine Mauer aus pulsierendem Licht aus, gruben sich in die Achselhöhle von Jez‘ Warhawk und stießen durch die abgesenkte Haltung der Crab aufwärts ins Innere des Rumpfes vor. Eine Sekundärexplosion im Innern des OmniMechs schleuderte Jez‘ linkes Waffenmodul in einen Infanteriegraben, während der verbliebene schwere Laser der Crab zerkochte, was von der Rückenpanzerung des Warhawk geblieben war.
Jez wirbelte zu dem Angreifer herum, wobei sie den Stummel ihres zertrümmerten Mecharms wie eine Keule schwang. In einem bemerkenswerten Kunststück gelang es dem Crab-Piloten, den Mech unter dem Hieb wegzuducken. Statt einer erneuten Breitseite brachte er den Kampfkoloss näher an seinen Gegner heran, wobei er darauf achtete, sich seitlich des Warhawk zu halten, und verabreichte ihm einen Tritt, der das Bein des Omnis schwer beschädigte. Trent war beeindruckt. Sich auf diese Distanz abzuducken, zu drehen und anzugreifen, war das Zeichen eines würdigen Gegners für einen Nebelparder.
Trent konnte nicht zulassen,