Der Mad Dog verfügte über zwei der tödlichen Geschütze, hatte bisher aber nur eines davon eingesetzt. Trent wartete nicht, bis seine Waffen das Ziel erfasst hatten. Er visierte seinen Gegner von Hand an und feuerte mit allem, was er hatte. Die Hälfte der Raketen und Laserstrahlen ging vorbei, aber der Rest reichte aus, den bereits schwer zerbeulten Mad Dog durch die Mangel zu drehen und dem Piloten deutlich zu machen, dass er nicht daran dachte, sich kampflos geschlagen zu geben. Trent betrachtete die Ortungsanzeige und grinste triumphierend. Außer seinem Timber Wolf und dem Mad Dog waren keine Mechs mehr auf dem Feld. Sein Gegner war als Sieger aus dem Massaker hervorgegangen, das bis jetzt im Becken des Kraters getobt hatte. Er brauchte nur noch diesen einen Kontrahenten auszuschalten, und der Weg zu einem Blutnamen war frei. Seine Gedanken rasten, während er die möglichen Manöver durchging, die ihm sein verkrüppelter Mech noch erlaubte.
Er fuhr den Fusionsreaktor auf maximale Leistung hoch und stieß sich mit dem funktionierenden Bein ab, in einem wagemutigen Versuch, den Timber Wolf in Bewegung zu setzen. Unter ihm erklang ein hörbares Stöhnen, als die interne Struktur des OmniMechs unter der Belastung protestierte. Plötzlich feuerte der Mad Dog eine zweite Gausskugel. Sie zuckte eine Millisekunde über Trents Zielerfassungsanzeige, bevor sie einschlug. Das Geschoss traf den Torso des Timber Wolf wie eine auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigte Musketenkugel und bohrte sich tief in die Eingeweide des Mechs, wo sie den Fusionsreaktor fand. Der Aufprall zertrümmerte den Reaktormantel, und die automatischen Sicherheitssysteme schalteten das Aggregat augenblicklich ab, schneller, als Trent reagieren konnte. Die Lichter auf den Konsolen erloschen. Die Notbeleuchtung flackerte an. Er fühlte, wie der Mech wankte, kippte, auf den Kraterhang schlug.
Es war vorbei. Das war Trent klar. Für ihn würde es keine Blutnamenstests mehr geben. Die Schlacht war geschlagen und verloren. Er heulte vor Wut und Enttäuschung auf und hämmerte mit beiden Fäusten auf die Kontrollen. Er konnte um sich schlagen und brüllen, soviel er wollte, das half ihm jetzt nicht mehr. Nichts konnte ihm jetzt noch helfen, aber das war Trent egal. Es war alles, was ihm blieb.
Judith erreichte den gestürzten Timber Wolf und sah am Ausdruck auf Trents Gesicht, dass er jenseits von Wut war - er brannte vor Zorn. Er war aus dem Cockpit geklettert und stand neben der zerbeulten Kampfmaschine, die sie mühsam aus ihren Einzelteilen zusammengesetzt hatte. Sie hatte ein Wartungsset und einen Medpack dabei, aber sein Blick, als er sich zu ihr umdrehte, machte ihr klar, dass er weder an dem einen noch an dem anderen interessiert war.
Bevor sie ein Wort sagen konnte, schnauzte er sie an. »Du Freigeburtsratte! Mein linker Hüftaktivator ist mitten im Kampf ausgefallen. Wäre das nicht geschehen, hätte ich gesiegt. Du hast mich den Blutnamen gekostet, und dafür wirst du teuer bezahlen!«
Judith zuckte zusammen, aber dann atmete sie tief durch und wog ihre Antwort sorgfältig ab. »Ich versichere Ihnen, Sterncaptain, ich habe das System überprüft. Vielleicht wurde es beschädigt?«
»Neg! Ich habe an dieser Zone keine Treffer erlitten«, spie er. Hätte sie etwas näher gestanden, spürte Judith überdeutlich, hätte er sie geschlagen, allein schon, um etwas von der Wut abzulassen, die in seinen Adern pochte. Sein verwüstetes Gesicht wirkte fast dämonisch in seinem Zorn.
Sie trat vorsichtig zu dem am Boden liegenden OmniMech und kletterte an dem Bein hoch, um sich Zugang zum Hüftaktivator zu verschaffen. Trents Analyse war korrekt. Sie konnte keinerlei Beschädigung in der Nähe des Hüftgelenks feststellen. Mit dem Lukenschlüssel öffnete sie die Panzerung, um den Aktivator selbst zu untersuchen. Trent sah ihr, immer noch kochend vor Wut, vom Boden aus zu, sagte aber nichts.
Der Wartungsschacht war eng und dunkel, aber mithilfe einer kleinen Taschenlampe war sie in der Lage, sich das Innenleben des Mechs näher anzusehen. Als sie die Isolierung zurückschälte, stellte sie fest, dass der Aktivator sich festgefressen hatte. Die beweglichen Teile des Mechanismus waren überhitzt und zu einem einzigen Klumpen Metall verschmolzen. Der war so heiß, dass sie ihn nicht einmal zu berühren brauchte, um seine Hitze zu spüren.
Vor und nach meiner Reparatur hat er bestens funktioniert. Sie sah sich weiter hinter dem Wartungsluk um und fand das Problem beinahe sofort. Die Kühlmittelleitung, die am Aktivator entlangführte und das Hüftgelenk vor Überhitzung hätte schützen sollen, war zu. Von außen war kein Bruch zu erkennen, also musste es ein interner Fehler gewesen sein. Aber die Kühlung war ein so narrensicheres System, dass praktisch keine Wartung notwendig war. Sie griff nach der Leitung und stellte fest, dass sie durchtrennt und versiegelt war.
Unmöglich. Sie brachte das Gesicht näher an die Leitung und fand an beiden Enden Brandspuren. Oberhalb und unterhalb des Bruchs war die Leitung von einer klebrigen Substanz bedeckt. Sie rieb daran, hielt es an die Nase und wusste sofort, was es war. Petroleumgelee?
Judith war augenblicklich klar, was geschehen war. Nachdem MasterTech Phillip an dem Timber Wolf gearbeitet hatte, war Judith in zusätzlichen Überstunden sorgfältig jede seiner Bewegungen durchgegangen und hatte alle Systeme, an denen sie ihn gesehen hatte, inspiziert und neu diagnostiziert. Sie traute ihm nicht, so einfach war es. Er hatte sich sehr plötzlich von einem widerlichen und menschenschinderischen Ekel in jemanden verwandelt, der sich zu verrenken bereit war, um ihr zu helfen. Und jetzt war es Phillip trotz all ihrer Vorsicht doch gelungen, den Mech zu sabotieren.
»Sterncaptain, bitte kommen Sie hier herauf.«
»Wozu?«
»Sie müssen es selbst sehen. Dann kann ich erklären.« Trent brauchte fünf Minuten, zu ihr hochzuklettern und den Schaden selbst zu begutachten.
»Was soll das heißen, Judith? Du hast meinen Mech sabotiert?«
»Neg.« Judith fühlte, wie ihr bei dem Vorwurf die Röte ins Gesicht schoss. »Aber in gewisser Weise ist es mein Fehler. MasterTech Phillip war die einzige andere Person mit Zugang zu diesem Bereich. Er muss es getan haben.«
»Was getan?«
»Dieser Geleemantel dürfte irgendeine Säure umhüllt haben. Während der normalen Belastungstests wurde der Timber Wolf nicht so aufgeheizt wie im Gestampfe. Deswegen ist bei meiner Überprüfung nichts aufgefallen. Ich wusste, dass Phillip irgendetwas im Schilde führte, aber das hier habe ich übersehen.«
Trent sagte eine Weile lang nichts und ließ die Worte auf sich wirken. Ihre Bedeutung war schockierend. »Du willst mir sagen, unser MasterTech hat meinen Mech für diesen Test absichtlich sabotiert, frapos?«
»Ja ... äh ... pos, Sterncaptain«, erwiderte Judith.
»Er war die einzige Person, die Gelegenheit hatte, eine derartige Sabotage durchzuführen. Und er ist eine der wenigen Personen mit dem nötigen Wissen.«
Trent verschränkte den künstlichen Arm mit dem natürlichen und blickte einen Moment gedankenverloren in die Ferne. »Es ist unmöglich, deine Anschuldigung zu beweisen. Eine derartige Sabotage wird nur vom MasterTech untersucht. In diesem Fall von genau dem Mann, den du der Tat beschuldigst.«
Judith schüttelte stur den Kopf. »Ich sage Ihnen, dieser Schaden ist nicht das Ergebnis eines Kampfes, Sterncaptain, was auch immer der MasterTech sagt oder berichtet.« Sie zog die Kühlmittelleitung näher, damit er sie betrachten konnte.
Trent wog ihre Worte ab. Er fragte sich, ob er ihr vertrauen konnte. Judith war neu bei den Nebelpardern und zudem eine Leibeigene aus der Inneren Sphäre. Könnte sie mich belügen, frapos? Er studierte ihr Gesicht und erinnerte sich an die vereinzelten Gelegenheiten, zu denen er ihr begegnet war. Was sie andeutete, schien undenkbar, aber gleichzeitig war ihm klar, dass es Selbstmord für sie gewesen wäre, seinen Mech zu sabotieren. Nach allem, was er von ihr auf dem Schlachtfeld gesehen hatte, wusste Trent, dass sie den Tod mit Leichtigkeit dort hätte finden können, wenn sie gewollt hätte.
»Der MasterTech - für wessen Mechs ist er persönlich verantwortlich,