Judith folgte seinem Blick und sah hinaus über den Krater. »Das ähnelt den offenen Arenakämpfen auf Solaris VII. Ich würde meinen, der Schlüssel zum Sieg dürfte zumindest zu Beginn des Gefechts mehr im Überleben liegen als darin, Schaden auszuteilen.«
Der Vergleich mit Solaris VII ließ Trent angewidert zusammenzucken, auch wenn nur die linke Seite seines Gesichts eine Reaktion zeigte. Die Synthohaut der rechten Hälfte versuchte, sich ebenfalls zu verziehen, aber sie war weniger flexibel und ähnelte einer Maske. »Eure Spielwelt, dieser Solaris VII, wird nicht mehr existieren, wenn die Clans die Befreiung der Inneren Sphäre abgeschlossen haben. Das Geschehen dort mit dem Ruhm und der Ehre eines Gestampfes zu vergleichen, ist eine Beleidigung unserer Traditionen. Das wirst du im Laufe der Zeit lernen, Leibeigene. Aber du hast recht mit deiner Einschätzung, dass im Gestampfe das Überleben der Schlüssel zum Sieg ist. Ich habe in der letzten Woche zahlreiche Simulationen ablaufen lassen, um den besten Weg zu finden, die Kämpfe zu überleben. Der Versuchung nachzugeben und wie der Parder zu kämpfen, würde einen schnellen Tod für mich bedeuten.«
»Wie meinen Sie das?« fragte Judith. »Was bedeutet es, wie ein Parder zu kämpfen?«
Trent sah sie an, blickte hoch zu seinem Mech, dann wieder über die Weite des Kraterbeckens. »Seit meinem ersten Tag in der Geschko wurde ich dazu erzogen, mit dem Herzen des Nebelparders zu kämpfen. Plötzlich zuschlagen, wild kämpfen, schnell töten. Das ist das Wesen des Nebelparder-Kriegers und der Kampfstil, in dem wir Tests und Schlachten schlagen. Die Erinnerung spricht von unseren drei Stärken: ›Des Parders Sprung, der den Feind niederstreckt. Des Parders Krallen, die des Gegners Herz zerfetzen. Des Parders Durst nach des Feindes Blut‹ Aber auf Tukayyid habe ich eine Wahrheit erfahren, die ich so schnell nicht vergessen werde. Das Wesen des Nebelparder-Kriegers muss auch die Schläue des Raubtiers umfassen, dem wir unseren Namen verdanken. Der Parder ist nicht nur ein wilder Kämpfer, sondern auch ein Jäger. Er wirft sich nicht blindlings auf sein Opfer, sondern schätzt es ab und plant, mit welcher Taktik er es besiegen kann. Das wird hier mein Schlüssel zum Sieg werden.«
Judith nickte und warf ihm einen langen Blick zu, als bemerke sie etwas, das sie zuvor noch nicht gesehen hatte. Trent hob den Neurohelm auf und stieg hoch zum Cockpit des Timber Wolf. Unterwegs hörte er schon nicht mehr, wie Judith ihm Glück wünschte.
Trent begann das Gefecht rund hundert Meter unterhalb des Kraterrands. Er hatte die formelle Eröffnung der Zeremonie über die Ohrhörer mitbekommen, war aber damit beschäftigt gewesen, alle Systeme des frisch überholten Timber Wolf zu überprüfen. Der Fusionsreaktor schnurrte unter und hinter ihm, während er die Gegner in seiner Nähe abtastete und auf das Aufblitzen des Sekundärschirms wartete, das den Beginn des Gefechts anzeigte. Ganz in der Nähe erhob sich ein Hankyu, Waffen und Sensoren auf den Mechpulk in der Nähe der Kratersenke gerichtet.
Zu seiner Linken wartete ein Cauldron-Born. Die gedrungene Gestalt dieses schwereren OmniMechs machte ihm mehr Sorgen. Seine Sensoren zeigten, dass er in der Klasse-A-Konfiguration antrat, mit einer tödlichen Ultra-Autokanone und drei schweren Extremreichweiten-Lasern. Und im Gegensatz zum Hankyu tastete der Cauldron-Born ihn seinerseits mit den Sensoren ab.
Ein blutroter Lichtblitz zuckte über den Bildschirm das Startsignal des Gestampfes. Trents Herz übersprang einen Schlag, als er es sah. Jeder Muskel in seinem Körper spannte sich an, als er das Fadenkreuz auf den Cauldron-Born zog, der bereits auf ihn zupreschte. Die einunddreißig anderen Mechs, die an dem Gefecht teilnahmen, stürmten vorwärts und in den Krater hinab. Der Boden erzitterte unter ihren Schritten wie bei einem rumpelnden Beben.
Einen kurzen Augenblick lang fühlte Trent sich in seine letzte Schlacht zurückversetzt und glaubte das Donnern der auf Tukayyid ringsum einschlagenden Raketen zu hören. Eiskalter Schweiß bedeckte seinen Körper, als er die Erinnerung wegschob. Nein, diesmal wird es anders. Mit der weitgehend künstlichen Hand am Steuerknüppel nickte er sich zu, entschlossener als je zuvor. Es muss anders werden ...
Seine Langstreckenraketen schossen aus den Abschussrohren, kaum dass er das Ziel erfasst hatte. Sie kreischten über das offene Kraterfeld aus zerbrochenem Fels und vertrocknetem Gebüsch und schlugen in die Frontpartie des stämmigen Cauldron-Born ein, als dessen Pilot gerade abbremste, um in Feuerposition zu gehen. Trent beachtete das ferne Knallen der Gefechtsköpfe nicht. Stattdessen bewegte er sich auf dem Hang nach hinten, um aus dem Timber Wolf ein schwierigeres Ziel zu machen. Auch der grelle Lichtschein der PPK-Entladungen und Raketendetonationen, die aus der Rauch- und Staubwolke im Herzen des Kraters zuckten, konnte seine Konzentration nicht brechen.
Der Pilot des Cauldron-Born griff mit seinen beiden schweren ER-Lasern und dem leichteren mittelschweren Laser an. Die grellroten Energielanzen stießen durch weiße Rauchschwaden, die von den Einschlagstellen der Raketen aufstiegen, und verwüsteten den Hang links und rechts des Timber Wolf. Die beiden schweren Laser schossen vorbei, aber der mittelschwere traf genau ins Ziel und schnitt wie ein Schwerthieb knapp links neben Trents Cockpit in den Rumpf der Maschine. Trent konnte hören, wie das Metall der Panzerplatten sich mit einem ungesunden Zischen verflüssigte und löste. Als wäre das noch nötig gewesen, bewies auch das plötzliche Ansteigen der Innentemperatur der Kanzel, wie nah dieser Treffer an das Cockpit gekommen war. Die Synthohaut auf Arm und Gesicht kitzelte in der zunehmenden Wärme, und er hatte das Gefühl, als liefen Tausende von Spinnen über seinen Körper.
Trent blickte auf den Sekundärschirm, den er auf taktische Anzeige umschaltete, um zu sehen, wo sich die anderen Mechs aufhielten. Der größte Teil des Kampfes spielte sich unter ihm im Kraterbecken ab. Der Hankyu marschierte hinunter ins Getümmel, zumindest jetzt noch. Trent wich weiter zurück und hielt Distanz zu dem Cauldron-Born. Wenn er diesen zu nahe heranließ, war er dessen Ultra-Autokanone ausgeliefert, und darauf legte er keinen Wert.
Er feuerte eine weitere Raketensalve ab und kombinierte sie diesmal mit seinen eigenen Lasern. Trent hatte tief gezielt, in der Hoffnung, den größten Teil des Schadens an den Beinen des Mechs zu erzielen, der beständig gegen ihn vorrückte. Ein Laser verfehlte das Ziel, der andere erzielte einen Treffer über dem rechten Knie des Cauldron-Born, an dem höher auf dem Kraterhang befindlichen Bein. Sein Gegner löste im Aufschlag der Raketen die Autokanone aus. Hinter ihm zuckte eine grelle Lichtfackel aus dem Getümmel auf. Der Fusionsreaktor eines der Gefechtsteilnehmer war explodiert.
Die beiden ersten AK-Granaten zuckten knapp rechts an Trents Cockpit vorbei. Er drehte den Torso des Timber Wolf, als die übrigen Geschosse in die Mitte und die rechte Flanke des Mechrumpfes einschlugen. Die Ultra-Autokanone war ein tödliches Waffensystem, und der Pilot des Cauldron-Born offensichtlich ein hervorragender Schütze. Die Treffer schüttelten den OmniMech durch, als wäre er von einem Hurrikan erfasst worden. Der ganze Mech wankte unter dem Aufprall der Granaten, und Trent lehnte sich nach vorne in das Feuer, um die riesige Kampfmaschine aufrecht zu halten.
Plötzlich bewegte sich ein Strom von Geschossen nach oben. Eine Granate traf die schwere Raketenlafette auf der Schulter des Timber Wolf, die anderen zuckten über ihn hinweg in die Kraterwand. Trent drehte sich um, bereit, eine neue Salve abzufeuern, als er erkannte, warum der Beschuss aufgehört hatte. Der Cauldron-Born war am Rand des Kraters gestolpert, hatte den Halt unter dem rechten Bein verloren und war zur Seite weggekippt, wobei er die Autokanone hochgerissen hatte. Trents konzentrierter Raketenbeschuss der Mechbeine hatte genügt, den Piloten das Gleichgewicht verlieren zu lassen. Jetzt rutschte der Kampfkoloss in einer Wolke aus Steinen, Staub und Panzertrümmern donnernd hinab in den Krater.
Ein Blick auf die Taktikanzeige, und Trent bemerkte einen anderen Mech, der sich von unten näherte anscheinend mithilfe von Sprungdüsen. Die Panzerung des Timber Wolf war bei dem letzten Angriff schwer beschädigt worden, aber er hatte den Positionsvorteil. Als er in Richtung des anfliegenden Mechs blickte, erkannte er den Hankyu, der aus der Schlacht emporstieg und jeden Augenblick in fast minimaler Entfernung landen musste.
Mit 30 Tonnen war der Hankyu