Der Misanthrop. Moliere. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Moliere
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783985229055
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Kujon;

      Sein Augenspiel, sein zuckersüßer Ton

      Vermögen nur noch Bauern einzufangen.

      Man weiß, daß nur durch Bubenstücke

      Der Leisetreter es so weit gebracht,

      Weiß, daß der Glanz von seinem Glücke

      Verdienst entrüstet, Tugend schamrot macht.

      Trotz allen Titeln, die er sich erworben,

      Gibt's niemand, der für seine Ehre ficht;

      Nennt man ihn ruchlos, diebisch und verdorben,

      Stimmt jeder ein und keiner widerspricht.

      Und doch ist seine Fratze stets willkommen,

      Ist er in allen Häusern aufgenommen,

      Und wo ein Amt zum Wettbewerb gestellt,

      Schlägt er die besten aus dem Feld.

      Zum Henker auch, ich kann's nicht überstehn,

      Wie sie mit Schonung die Verruchtheit züchten,

      Und manchmal möcht' ich in die Wüste flüchten,

      Um keines Menschen Antlitz mehr zu sehn.

      Philint. Ich bitte, zürnen wir etwas geringer

      Auf die Gesellschaft unsrer Zeit;

      Gehn wir in unsrer Strenge nicht zu weit

      Und sehen wir ein wenig durch die Finger.

      Die Welt verlangt zwar Tugend, doch mit Maß,

      Und auch die Weisheit läßt sich übertreiben;

      Vernunft, die ihrer Grenzen nicht vergaß,

      Wird hübsch auf festem Boden bleiben.

      Die starre Tugend der antiken Sitten

      Ist heute nicht mehr wohlgelitten;

      Sie fordert von den Menschen allzuviel.

      Die eigne Zeit soll man nicht trotzig meistern,

      Und Weltverbesserung, das ist ein Ziel,

      Für das nur Toren sich begeistern.

      So gut wie Sie begegn' ich hundert Dingen

      Auf Schritt und Tritt und Tag für Tag,

      Die anders sind, als man sie wünschen mag;

      Ich aber weiß mich zu bezwingen.

      Die Menschen nehm' ich, wie sie einmal sind,

      Und was sie tun, ich trag's gelind

      Und glaube, daß bei Hof und in der Stadt

      Mein Phlegma klüger ist als Ihre Wut.

      Alcest. Dies Phlegma, das so gute Gründe hat,

      Dies Phlegma, kommt es denn durch nichts in Glut?

      Und wenn die Freunde sich als Lügner zeigen,

      Wenn man mit seinen Kniffen Sie bestiehlt,

      Wenn Lästersucht nach Ihrem Haupte zielt,

      Wie – werden Sie auch dann gelassen schweigen?

      Philint. Was Ihren Zorn erregt, das sind die Schwächen

      Der ganzen menschlichen Natur;

      Erblick' ich Unrecht, Niedertracht, Verbrechen,

      Ist mein Gefühl dasselbe nur,

      Als säh' ich Geier, die den Raub erraffen,

      Blutdürst'ge Wölfe, hinterlist'ge Affen.

      Alcest. Man darf mich kränken, schinden und berauben,

      Und ich soll nicht ... Potz Wetter, nun genug!

      Das sind ja Dinge, die Sie selbst nicht glauben.

      Philint. Wahrhaftig, wenn Sie schweigen, ist es klug.

      Sie tun den Gegner laut in Acht und Bann,

      Statt den Prozeß zu fördern nach Gebühren.

      Alcest. Mein Wort, ich denke nicht daran!

      Philint. Wer aber soll denn Ihre Sache führen?

      Alcest. Wer? Die Vernunft, die Billigkeit, das Recht.

      Philint. Den Richtern würd' ich doch Besuche machen.

      Alcest. Ist meine Sache unklar oder schlecht?

      Philint. Gewiß nicht; aber bei den tausendfachen Kabalen ...

      Alcest. Unrecht oder Recht; es gibt Kein Drittes.

      Philint. Seien Sie nicht allzu kühn!

      Alcest. Ich rühr' mich nicht. –

      Philint. Ihr Feind wird sich bemühn, Und er ist mächtig ...

      Alcest. Wie es ihm beliebt!

      Philint. Wenn Sie sich aber täuschen ...

      Alcest. Warten wir!

      Philint. Doch ...

      Alcest. Wenn ich unterliege, soll's mich freuen!

      Philint. Indes ...

      Alcest. Erfahren will ich grade hier,

      Ob in der Tat die Menschen sich nicht scheuen,

      Ob sie so boshaft, ruchlos und verschlagen,

      Mir Unrecht anzutun vor aller Welt.

      Philint. Unglaublich!

      Alcest. Wird das einmal klargestellt, So will ich gern die Kosten tragen.

      Philint. Nun, das ist schon der Gipfel aller Narrheit;

      Wer Sie so reden hört, der lacht Sie aus.

      Alcest. Schlimm für ihn selbst!

      Philint. Entdecken Sie vielleicht

      Dieselbe Peinlichkeit und Sittenstarrheit,

      Denselben Rechtssinn, der nicht wankt und weicht,

      Bei Ihrer Auserwählten hier im Haus?

      Mich wundert nur, da Sie, wie allbekannt,

      Sich mit der Menschheit nicht vertragen können

      Und keinem Sterblichen was Gutes gönnen,

      Daß grade sie vor Ihnen Gnade fand.

      Unfaßlich ist mir, ich bekenn' es offen,

      Die sonderliche Wahl, die Sie getroffen.

      Eliante ist Ihnen hold gesinnt,

      Arsinoë wird rot bei Ihren Grüßen;

      Doch gegen solche zarte Neigung blind

      Ganz nach den Sitten unsrer Tage handelt

      Auch sie kokett, spottsüchtig, launenhaft;

      Wie aber kommt's, daß Ihres Hasses Kraft

      Bei ihr allein in Nachsicht sich verwandelt?

      Ist Schönheit wohl ein Freipaß für Gebrechen?

      Sie sehn's nicht oder dulden, was sie tut.

      Alcest. O nein! – Ich bin der jungen Witwe gut;

      Indes, ich sehe deutlich ihre Schwächen.

      Ich werd', obgleich mein Herz in ihrem Joch,

      Sie