DAS DING AUS DEM SEE. Greig Beck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Greig Beck
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958355361
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mit dem ich nicht klarkommen werde.«

      »Geht es um die Fisch- und Laich-Lieferungen? Die Gehege-Standorte? Oder den Komplex? Kann ich von hier aus irgendwie helfen?«, fragte sie ihn.

      »Dass du so bist, wie du bist, ist alles, was ich momentan brauche.« Es waren genau diese Momente, in denen er sie besonders vermisste. Er reiste viel, und auch wenn er Sara immer vermisste, wurde dieses Gefühl förmlich unerträglich, wenn etwas schieflief oder wenn er traurig war. Gerade jetzt vermisste er ihren besonnenen Verstand, ihr Gesicht, ihren Körper, ihren Geruch, ihre Liebe und alles andere an ihr. Er wünschte sich, sie wäre jetzt hier bei ihm.

      Obwohl, wenn er genauer darüber nachdachte, war er eigentlich ganz froh, dass sie so weit weg war, solange er diesen ganzen miesen Scheiß noch nicht in Ordnung gebracht hatte. Trotzdem brauchte er sie.

      »In Ordnung, aber ich spüre ganz genau, dass da irgendwas im Busch ist«, erwiderte sie.

      Die rückwärtige Tür des Waggons öffnete sich jetzt wieder, und dieses Mal erklangen mehrere Schritte. Er wollte sich gerade umdrehen, als sich die vordere Waggontür ebenfalls öffnete und der Mann, der vor ein paar Minuten erst hindurchgegangen war, wieder auftauchte. Dieses Mal schloss er sie jedoch sorgfältig, stellte sich mit dem Rücken zur Tür, und blockierte sie auf diese Weise mit seinem Körper. Er sah Marcus beinahe amüsiert an.

      »Ach du Scheiße. Die Bratwa«, flüsterte er. Jetzt wusste er auch, wer vor einer Weile mitten während der Fahrt den Zug bestiegen hatte.

      »Was?« Ihre Stimme klang scharf. »Marcus, was ist passiert?«

      Sofort schrillten sämtliche Alarmglocken in seinem Kopf los und er wirbelte hastig herum. Sein Herz rutschte ihm endgültig in die Hose, als er Tushino und seine Schergen entdeckte, die kichernd in den Sitzen ein paar Reihen hinter ihm gesessen hatten.

      »Hallo, Mr. Stenson. Die Welt ist klein, was?« Tushino stand jetzt auf und setzte sich Marcus gegenüber. »Wer hätte gedacht, dass wir beide zur gleichen Zeit nach Moskau fahren würden, hmm?«

      »Wer ist das?«, hörte er Sara fragen, als er das Handy langsam vom Ohr nahm. Er sah die Männer an, wobei er sich um eine ausdruckslose Miene bemühte. »Ja, da bin ich wohl ein Glückspilz.«

      »Ein Glückspilz, das stimmt.« Tushino beugte sich vor. »Wo geht es denn heute hin, Mr. Stenson? Vielleicht Verwandte besuchen?« Er lachte leise und drehte sich dann zu seinen Männern um. »Vielleicht hat er ja eine kleine alte Babuschka in Moskau versteckt.«

      Seine Männer wieherten vor Lachen, doch Tushinos Gesichtsausdruck wurde nun ernst. »Oder haben Sie vielleicht einen Freund in der Behörde für Fischerei und Bestandserhaltung kontaktiert?« Er zeigte auf das Handy. »Sprechen Sie gerade mit ihm?«

      Marcus schüttelte den Kopf und realisierte, dass Sara immer noch in der Leitung war. Er nahm an, dass ihm in Kürze eine deftige Abreibung oder eine Tracht Prügel drohte. Er wollte nicht, dass Sara das mitbekam. Er war schon früher in Schlägereien verwickelt gewesen, und auch wenn sie ihm zahlenmäßig überlegen waren, würde er diese Arschlöcher verdammt noch mal wissen lassen, dass sie es hier mit einem echten Gegner zu tun hatten.

      »Nur mein Buchhalter.« Er hob das Handy wieder ans Ohr und sagte: »Okay, Lenny, ich ruf Sie später wieder an.«

      »Marcus … Marcus …«

      Er schnitt Sara das Wort ab, indem er hastig auflegte.

      Gott, er wünschte, sein Bruder wäre jetzt hier. Er und Carter würden den Boden mit diesen Typen aufwischen … zweifach sogar.

      Er würde ihnen nichts verraten und sich so benehmen, als hätten sie noch eine Chance, ihr Schwarzgeld zu bekommen. »Ich muss nur ein paar Lieferungen persönlich abholen. Laborausrüstung und solche Sachen.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gespielt locker zurück.

      »Wirklich?« Tushino zog seine buschigen Augenbrauen hoch. »Das Lustige an Russland ist, dass jeder hier ein bisschen Extrageld gebrauchen kann. Ob es nun der Postbote, der Ladenbesitzer, der Polizeichef oder der Politiker ist. Mein Boss, Mr. Gennadi Sjuganov, kennt sogar Menschen im Fischereiministerium, und diese haben erwähnt, dass Sie ein dringendes Treffen mit dem leitenden Wissenschaftler vereinbart haben.« Seine Brauen wanderten noch höher. »Das alles nur wegen einer Lieferung?«

      »Ja.« Marcus gähnte gespielt. »Ich bin sehr müde und würde gern noch ein paar Stunden schlafen, bis wir ankommen. Sie erlauben?«

      Tushino schüttelte langsam den Kopf. »Heute Nacht gibt es keinen Schlaf für Sie, fürchte ich.« Er griff in seine Tasche und zog ein gefaltetes Dokument heraus. »Das ist der Vertrag, der Mr. Sjuganov ein Kontrollpaket von einundfünfzig Prozent an Ihrer Firma zusichert.« Er strich ihn sorgfältig glatt und holte einen teuer aussehenden Füller heraus. »Sie müssen ihn nicht lesen, ist nur lauter juristisches Zeug.« Er hielt ihm dem Stift hin. »Unterschreiben Sie, dann steigen wir an der nächsten Haltestelle wieder aus, und wir alle bleiben Freunde.«

      Marcus machte keine Anstalten, ihn entgegenzunehmen. Sein Verstand arbeitete rasend schnell, während er versuchte, sich irgendetwas einfallen zu lassen, was den Kerl dazu bringen würde, noch eine Weile die Füße stillzuhalten. Denn im Moment war er allein, in der Unterzahl und überlistet worden.

      »Auf diese Art schließen wir Amerikaner keine Verträge. Lassen Sie mich das Dokument zu meinem Anwalt bringen, der es überprüft, und dann sehen wir, ob wir zu einer Übereinkunft kommen können. Ich kann Ihnen garantieren, dass ich bei dem Treffen, das sie für nächste Woche anberaumt haben, eine Antwort haben werden.«

      Tushinos Grinsen war wieder zurück. »Es ist mir vollkommen egal, wie ihr Amerikaner Verträge abschließt. Denn Sie sind jetzt nicht mehr in Amerika. In Russland werden Geschäfte auf russische Art geregelt.« Er atmete theatralisch aus. »Das ist das Problem mit der amerikanischen Arroganz. Ihr glaubt immer, dass ihr überall das Sagen habt. Selbst, wenn ihr gar nicht in eurem eigenen Land seid.«

      Wird schon schiefgehen, dachte Marcus beklommen. Er schüttelte den Kopf. »Sorry, Kumpel, aber heute unterschreibe ich gar nichts.«

      Tushinos Augen wurden schmal. »Wenn Sie heute unterschreiben, werden uns einundfünfzig Prozent Ihrer Firma gehören, wenn Sie morgen unterschreiben, werden es einundsechzig sein, übermorgen einundsiebzig. Sie verstehen, wie das Ganze läuft? Besser also, Sie unterschreiben direkt heute.« Tushino hielt ihm den Füller und den Vertrag hin.

      Marcus zuckte mit den Achseln. »Ich kann diesen Vertrag so oder so nicht heute unterschreiben, denn die Firma läuft sowohl auf meinen Namen als auch auf den meiner Frau. Selbst unter russischem Recht wäre es also notwendig, dass wir beide etwas so Bedeutendem zustimmen.«

      Tushinos Blick huschte kurz zu einem der Männer hinter Marcus, bevor er es sich in seinem Sitz bequem machte. Er schien einen Moment lang darüber nachzudenken. »Es wäre besser, wenn man nur mit einer Person verhandeln müsste.«

      Plötzlich kam Marcus ein schrecklicher Gedanke. »Vergessen Sie es! Meine Frau kommt im Moment nicht hierher. Also haben Sie es mit mir zu tun, und nur mit mir.«

      Tushino neigte den Kopf. »Aber ihre Frau wird herkommen. Ich denke, sobald Sie Moskau erreichen, werden Sie ihr vielleicht sagen, dass sie nicht kommen soll, aber wenn Sie ihr nicht sagen, dass sie nicht kommen soll …« Er grinste selbstgefällig. »Dann wird sie kommen, und wenn sie sieht, dass Sie schon unterschrieben haben, wird sie garantiert auch unterschreiben.«

      Der Blick des Russen huschte jetzt direkt über Marcus‘ Schulter und er nickte fast unmerklich. Plötzlich wurde ein Riemen über seinen Kopf geworfen und legte sich ihm um den Hals. Augenblicklich wurde ein vernichtender Druck ausgeübt. All das geschah so schnell, dass er nicht die winzigste Chance hatte, seine Finger unter das Leder zu bekommen.

      Marcus holte mit der Faust aus und schwang sie über seine Schulter, wurde aber von zwei weiteren Armpaaren gepackt, als er um sich schlug. Sein Kopf begann zu hämmern und sein Hals brannte wie Feuer. Der Sauerstoff ging ihm rapide aus und er spürte, wie seine Augen hervortraten.

      Tushinos