Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst. Aristoteles. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Aristoteles
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9788075834157
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dem des Landwirts wiederkehrt. Indessen darf man sie nicht erst dann, wenn sie den Austausch schon vollzogen haben, auf das Schema der Proportion zurückführen wollen, beobachtet man das nicht, so erhält das eine von den beiden äußeren Gliedern die beiden über die Mitte überschießenden Stücke, sondern solange sie noch im Besitze ihrer Erzeugnisse sind. In dieser Weise sind sie gleich, und sie stehen in Verkehrsgemeinschaft, weil diese Gleichheit durch sie hergestellt werden kann. Der Landwirt sei A, das Getreide C, der Schuhmacher B; dann wird sein Produkt D dem Getreide gleichwertig gemacht. Gäbe es keine Möglichkeit, diese Gleichwertigkeit des Entgelts herzustellen, so gäbe es keine Gemeinschaft des Verkehrs. Daß aber das Bedürfnis es ist, was sie zusammenhält wie ein einiges Ganzes, das zeigt sich darin, daß es zu keinem Austausch kommt, wenn sie beide gegenseitig, oder der eine von ihnen, was der andere hat, nicht bedürfen; ebensowenig wie es bei freigegebener Getreideausfuhr dazu kommt, wenn der Produzent des Getreides Wein bedarf und der andere keinen hat.

      Es muß also darin eine Gleichheit hergestellt werden. Zum Zwecke des künftigen Austausches, wenn gegenwärtig kein Bedarf vorhanden ist, d.h. also damit der Austausch dann stattfinden kann, wenn der Bedarf eintritt, dient uns das Geld gewissermaßen als Bürge. Denn man muß was man braucht erlangen können, indem man Geld dafür zahlt. Allerdings erfährt das Geld denselben Wandel in der Nachfrage und vermag auch nicht immer den gleichen Wert zu bewahren; indessen, darin liegt seine Bedeutung, daß sein Wert weniger schwankt. Es muß darum alles seinen bestimmten Preis haben; denn nur unter dieser Bedingung wird es immer einen Austausch geben, und wenn diesen, auch eine Gemeinschaft des Verkehrs. Das also ist die Funktion, die das Geld übt; es ist ein Maß, das alle Güter kommensurabel macht und so die Gleichheit herzustellen ermöglicht. Ohne Austausch kein Verkehr, ohne Gleichheit kein Austausch, ohne gemeinsames Maß keine Gleichheit, in Wirklichkeit nun ist es allerdings nicht möglich, daß das was so verschieden ist, kommensurabel werde; aber wohl läßt es sich in einer für das Bedürfnis ausreichenden Weise herstellen. Dazu also muß es ein einheitliches Maß geben und zwar durch Übereinkunft, und deshalb heißt es Geld, nomisma, »was nach Satzung gilt«. Das Geld macht alle Dinge kommensurabel; denn durch Geld werden alle Dinge gemessen. Das Haus sei A, 10 Minen B, das Bett C; dann ist, wenn das Haus 5 Minen wert, mit anderen Worten = 5 Minen ist, A die Hälfte von B. Das Bett C aber sei 1/10 von B: dann ergibt sich daraus, wie viel Betten einem Hause gleich kommen, nämlich 5. Man begreift, daß bevor das Geld existierte der Austausch sich in der letzteren Weise vollzog, denn der Sache nach ist es eines und dasselbe, ob man für ein Haus 5 Betten oder den Preis von 5 Betten hergibt.

      Damit hätten wir denn den Begriff dessen was gerecht und was ungerecht ist, bezeichnet. Auf Grund der gegebenen Bestimmungen ergibt sich, daß die gerechte Handlungsweise die Mitte bezeichnet zwischen dem Unrechttun und dem Unrechtleiden. Das erstere bedeutet, für sich zuviel nehmen, das letztere zuwenig bekommen. So ist denn die Gerechtigkeit als Charaktereigenschaft das innehalten der Mitte; aber sie ist es nicht in demselben Sinne wie die anderen Arten der sittlichen Gesinnung, sondern in dem Sinne, daß sie die Mitte des Gegenstandes trifft, während die Ungerechtigkeit die jenseits und diesseits der Mitte liegenden Quanta des Gegenstandes anstrebt. Gerechtigkeit nun ist die Gesinnung, vermöge deren der Gerechte ein solcher Mann heißen darf, der Gerechtes mit bewußtem Vorsatz tut und, wo es sich um das Zuerteilen handelt, für sich im Verhältnis zum anderen, und für den anderen im Verhältnis zum dritten, nicht so verfährt, daß er von dem was begehrenswert ist sich selbst zuviel und dem Nächsten zuwenig zuwendet, und bei dem was eine Schädigung bedeutet es in umgekehrter Weise macht, sondern so daß er das nach Proportion Gleiche innehält für sich und ebenso für den anderen im Verhältnis zu einem dritten. Die Ungerechtigkeit aber ist die dieser entgegengesetzte Gesinnung des ungerechten Mannes, und das bedeutet im Gegensatze zur Forderung der Proportionalität die Richtung auf das Zuviel und das Zuwenig in Vorteil und Nachteil. Daher ist die Ungerechtigkeit selbst ein Zuviel und ein Zuwenig, weil sie auf das Zuviel und Zuwenig gerichtet ist, auf das Zuviel von dem, was ohne weiteres einen Vorteil, und auf das Zuwenig von dem, was einen Nachteil bedeutet, wo es die eigene Person gilt, und ebenso in der Behandlung der anderen, wo es im ganzen auf dasselbe hinausläuft, gleichviel ob die Verletzung der Proportionalität in der einen oder der anderen Richtung geschieht. Wo ein ungerechtes Verfahren vorliegt, da gibt es ein Unrechtleiden, wenn man zuwenig empfängt, und ein Unrechttun, wenn man für sich zuviel nimmt.

      Damit darf die Frage nach dem Wesen der Gerechtigkeit einerseits, der Ungerechtigkeit andererseits, und ebenso die nach dem Wesen des Gerechten und Ungerechten überhaupt als erledigt gelten.

      3. Das Rechtsgesetz

       Inhaltsverzeichnis

       a) Das Recht im Staat und in der Familie

       b) Formelles und Materielles Recht

       c) Das Unrecht

       d) Unrecht gegen den Einwilligenden

       e) Rechtliche Gesinnung

       f) Das Rechtssubjekt

       g) Billigkeit

       h) Unrecht der Person wider sich selbst

      a) Das Recht im Staat und in der Familie

       Inhaltsverzeichnis

      Nun kann es aber ganz wohl vorkommen, daß einer ungerecht handelt, ohne doch ein ungerechter Mensch zu sein. Es ist also die Frage: was sind das für ungerechte Handlungen in jeder Art von ungerechter Handlungsweise, die den der sie begeht, als einen Menschen von ungerechtem Charakter, etwa einen Dieb, einen Ehebrecher, einen Räuber kennzeichnen? Oder sollte der Unterschied gar nicht in der Art der Handlungen liegen? Es könnte einer mit einem Weibe Umgang haben bei vollem Wissen, wer sie ist, und doch wäre es möglich, daß nicht bewußter Vorsatz, sondern heftige Leidenschaft dazu den Antrieb bildet. Dann tut er also unrecht und ist dennoch kein ungerechter Mensch, ebensowenig wie einer jedesmal ein Dieb ist, der doch gestohlen hat, oder der ein Ehebrecher ist, der die Ehe gebrochen hat, und was sonst dahin gehört.

      Im Vorhergehenden haben wir erörtert, wie sich die Vergeltung zum Gerechten verhält. Wir dürfen aber dabei nicht vergessen, daß es sich in unserer Untersuchung um zweierlei verschiedene Dinge handelt, um das Gerechte, was gerecht ist ohne weiteres, und um das Recht, das im Staate gilt. Das letztere hat seine Stelle da, wo eine Anzahl Personen sich zu einer Lebensgemeinschaft zusammengeschlossen haben, um ein sich selbstgenügendes Ganzes zu bilden als Freie und Gleiche, sei nun die Gleichheit eine Gleichheit der Proportion oder eine einfach zahlenmäßige. In den Vereinigungen von Menschen dagegen, wo diese Bedingungen nicht zutreffen, da gilt für die gegenseitigen Beziehungen nicht das staatliche Recht; aber ein Gerechtes gilt doch auch hier, und zwar eines in verwandtem Sinne. Denn wo unter Menschen ein Gesetz für ihre gegenseitigen Beziehungen besteht, da gibt es auch ein Gerechtes, ein Gesetz aber gibt es, wo es unter Menschen die Möglichkeit des Unrechts gibt. Denn das Recht setzt die Scheidung dessen was gerecht und dessen was ungerecht ist. Menschen nun von ungerechter Gesinnung verüben auch ungerechte Handlungen; aber nicht alle Menschen, die ungerechte Handlungen verüben, haben auch eine ungerechte Gesinnung. Diese Handlungsweise aber besteht darin, daß man von dem was an und für sich ein Gut ist sich selbst zuviel und von dem was an und für sich ein Übel ist sich selbst zuwenig zuwendet. Darum überläßt man denn auch die Herrschaft nicht einem Menschen, sondern dem Gesetz, weil ein Mensch die Herrschaft leicht in seinem persönlichen Interesse gebraucht