HOUSE OF RAIN
Greg F. Gifune
übersetzt von
Nicole Lischewski
Copyright © by Greg F. Gifune
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By arrangement with Greg F. Gifune
Für Greer. Ich werde dich nie kennen,
aber an manchen Tagen wünsche ich mir, dich gekannt zu haben.
Impressum
Deutsche Erstausgabe
Titel der Originalausgabe: HOUSE OF RAIN
Copyright Gesamtausgabe © 2015 LUZIFER-Verlag Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Cover: Michael Schubert
Übersetzung: Nicole Lischewski
ISBN E-Book: 978-3-95835-081-6
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
»Ich bin immer noch hier. Wie ein Geist,
der durch die Nacht streift.«
Aus einem Brief von Son of Sam
PROLOG
Der Albtraum hatte ihn aufgeweckt. Etwas war bei ihnen im Zimmer gewesen, etwas, das am Fenster stand … etwas nicht … Menschliches. Er lag im Dunklen im Bett, sah zur Zimmerdecke hoch und bemerkte einen Lichtschein, der rhythmisch über die Wände schweifte, der wieder und wieder den Raum durchschwenkte. Als er langsam wach und seine Gedanken klarer wurden, erkannte er, dass es Blaulicht war.
Er wälzte sich auf die Seite, schwang die Füße auf den Boden und saß einen Augenblick lang einfach nur da, rieb sich die Augen und kämpfte mit einem langen Gähnen. Er warf einen Blick über die Schulter und sah, dass seine Frau noch schlief: zusammengerollt neben seinem nun leeren Platz, den Kopf auf dem Kissen und den Körper in Decken gehüllt. Er streckte die Hand aus, strich ihr mit den Fingern sanft über die Wange und stand dann auf, um an das Fenster zu gehen, das zur Straße hinausführte.
Als sie schlafen gegangen waren, hatte es geregnet, doch nun fiel leichter Schnee. An der einen Straßenecke parkten drei Polizeiwagen, an der anderen noch zwei, alle mit flackerndem Blaulicht und so positioniert, dass sie die Straße an beiden Enden abriegelten. Auf der Bordsteinkante saßen zwei Männer. Da sie fast ganz von der Dunkelheit verhüllt waren, konnte er nicht viel erkennen. Einer hatte etwas in der Hand, hielt es auf dem Schoß, und schien zu ihrer Wohnung hoch zu starren.
Er warf wieder einen Blick über die Schulter. Seine Frau war wach geworden und lag mit dem Ellbogen ins Kissen gestützt; ihre Augen voller Träume erhaschten immer noch flüchtige Blicke auf den Schlaf. »Was ist passiert?«
»Bin mir nicht sicher.«
»Ich hatte so … gut geschlafen.«
Irgendetwas stimmte nicht, aber er konnte nicht genau den Finger drauflegen. Er wusste nur mit absoluter Sicherheit, dass Dinge, vor denen er seit Jahren Angst hatte, Dinge, die er vor langer Zeit schlafen gelegt hatte, ebenfalls aufwachten.
In ihm. Und in ihr.
»Ich glaube, das Blaulicht hat mich aufgeweckt«, sagte sie zu ihm.
»Ja«, log er. »Mich auch.«
EINS
Die Nacht, in der sie ihn wegen Katy anriefen, regnete es. Ein heftiger, urzeitlich anmutender Regen, der auf alles in seiner Bahn eintrommelte und letztendlich mehrere Tage andauerte. Gordon hatte die Wettervorhersage nicht gesehen, deshalb überraschte ihn der Regen. Aber den Anruf hatte er erwartet, und zwar schon seit einiger Zeit. Natürlich wusste er nicht genau, wann er kommen würde, aber er war darauf vorbereitet. Die Ärzte hatten ihm gesagt, es sei nur eine Frage der Zeit. Aber war das nicht mit allem so?
Er hatte immer angenommen, dass der Anruf spät in der Nacht kommen würde, wie bei dieser Art von Telefonaten üblich, und dass er ihn aus einem tiefen Schlaf reißen und ihn voller Angst wach werden lassen würde. Er hatte sich vorgestellt, wie er die Nachttischlampe anknipsen und einen Moment lang im Bett liegen und das Telefon anstarren würde, bis er endlich den Mut fand, abzunehmen. Aber so geschah es gar nicht. Der Anruf kam stattdessen kurz, nachdem er mit dem Dinner fertig war. Draußen war es dunkel, aber er war hellwach und lümmelte sich mit der Fernbedienung im Sessel. Ein alter Film flackerte über die Mattscheibe; die einzige Lichtquelle in seiner kleinen Wohnung. The Women, erinnerte er sich, das Original mit der großartigen Besetzung klassischer Filmstars. Es war einer von Katys Lieblingsfilmen. Die Vorliebe für alte Movies hatten sie beide, insofern war es vielleicht passend (wenn auch etwas unheimlich), dass der Anruf kam, während er sich diesen Film anschaute.
Noch bevor er an das schnurlose Telefon ging, das auf dem Beistelltisch lag, wusste er, was auf ihn zukam. Und irgendwo tief in sich fand er die Stärke, sich dem Anruf zu stellen. Vielleicht war er einfach erschöpft und konnte es nicht mehr ertragen; wer wusste das schon so genau?
»Mr. Cole, hier ist Dr. Lynch. Es tut mir sehr leid, Ihnen sagen zu müssen, dass Ihre Frau Katharina vor ein paar Minuten gestorben ist. Mein herzlichstes Beileid, Sir.«Manchmal ist der Tod dem Warten auf sein baldiges Eintreten vorzuziehen. Und manchmal nicht. Die Erinnerungen verblassen. Es ist fast vorbei. Die Nacht war wie immer angebrochen, langsam und sinnlich und gefährlich, während die dunklen Träume innen an seinem Schädel kratzten. Aber jetzt geht die Sonne auf, durchbrennt die Dunkelheit, beleuchtet die Stadt, tötet die Nacht und nimmt der Angst ihr Gewicht, beschwichtigt das Flüstern von Dämonen und lässt seine schrecklichen Erinnerungen zu Schwärze gerinnen. In manchen Nächten schläft er, allerdings nur selten gut. Die meisten verbringt er damit, sich durch lange dunkle und erschreckende Stunden voller trügerischer Stille zu kämpfen, in denen die Vergangenheit noch lebt und tückisch und ihr tödlicher Griff so stark wie immer ist. Manchmal hilft Alkohol. Drogen dagegen immer. Gordon stopft seine kleine Glaspfeife mit Hasch, zündet sie mit einem Feuerzeug an und saugt den Rauch tief in seine Lungen. Beim Ausatmen beobachtet er, wie die Stadt hinter seinem Wohnungsfenster für einen Moment in Nebel aus gekifftem Rauch verschwindet. Als so etwas wie Entspannung einsetzt, breitet sich ein warmes prickelndes Gefühl in seinem Körper aus. Die alten Dämonen verblassen und kräuseln sich wie der Rauch ins Unsichtbare davon, und doch bleibt etwas von beidem zurück, hängt in der Luft und ist in ihm gefangen. Wie eine Krankheit,