DIE MINE. Tim Curran. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tim Curran
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354159
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besonders dunkle Bedeutung gehabt, da er deswegen seine Kompetenz als Polizist angezweifelt hatte – etwas, das er nie zuvor getan hatte – und es hatte auf eigene Art und Weise zum Tod seiner Frau geführt.

      Aber damit befassen wir uns nicht, dachte er. Ich habe im Moment genug zu tun.

      »Lasst uns spazieren gehen«, sagte er.

      Er führte seine Stellvertreter durch den Tunnel und durch die Flure zurück, bis sie wieder den Trockenraum erreichten. Dann hinaus in den ursprünglichen Flur, in dem sie angefangen hatten. Er folgte ihm bis zum Ende und ging unter einem Bogen hindurch, der zu einem kleinen Vorraum mit einer hölzernen Rampe führte, die an einer Tür endete.

      »Was ist das denn für ein Scheiß?«, fragte Jerry.

      Dew sah es ebenfalls. Über der gesamten Rampe war eine feuchte und gelatineartige Masse verteilt, die sich wie die Mutter aller Nachtschnecken bis nach oben zur Tür erstreckt hatte. Was auch immer es war, es wirkte klebrig. Außerdem trocknete es schnell und Dew hatte das Gefühl, dass es davon vor kurzem noch viel mehr gegeben hatte.

      »Riecht komisch, oder?«, fragte Jerry. Sein Ledergürtel knarrte, während er sich darüber bückte und daran roch.

      Er hatte recht. Man konnte einen feuchten, schimmligen Geruch wahrnehmen. Wie nasse Wäsche, die man in den Schrank geschmissen hatte, wo sie vor sich hin moderte. Der Geruch war stark, fast beißend. Dew stellte fest, dass er ihn schon die ganze Zeit gerochen hatte. Nicht so schlimm wie hier, aber hin und wieder ein bisschen. Wie ein Abbild davon. Als ob hier etwas Widerwärtiges verstorben war und seinen Gestank hinterlassen hatte.

      »Ekelhaft«, sagte er.

      Woody sah zu ihm auf. »Es riecht irgendwie … gut«, sagte er.

      Sie sahen ihn beide an.

      »Es ist verdorben«, sagte Jerry. »Das nennst du gut?«

      Woody schüttelte den Kopf. »Es riecht nicht schlecht. Irgendwie angenehm. Ein bisschen süß wie Vanille.«

      »Du hast einen Knall«, sagte Jerry ihm.

      Es war merkwürdig, äußerst merkwürdig, doch Dew sagte nichts dazu. Aber er vergaß es auch nicht.

      »Nun tretet nicht hinein, was auch immer es ist«, sagte er seinen Stellvertretern in dem Bedürfnis, etwas sagen zu müssen. »Jemand hat hier wahrscheinlich eine Art Öl ausgekippt. Ich habe kein Interesse daran, dass ihr zwei hier ausrutscht und euch den Knöchel anknackst.«

      Er sagte ihnen das, weil es vollkommen Sinn ergab. Insgeheim aber dachte er etwas anderes. Er dachte, dass dieses Zeug irgendwie unnatürlich war und es vielleicht keine gute Idee war, damit in Berührung zu kommen. Besonders nicht mit Zeug, das so roch.

       Du kannst es riechen … es stinkt. Wie kann Woody nur denken, dass es gut riecht?

      Er wusste es nicht, aber es gefiel ihm nicht.

      Während sie hinaufgingen, blieben sie am Rand der Rampe. Hinter der Tür fanden sie ein kleines Büro. Es musste das Büro des Schichtleiters sein. Vorn waren große Fensterscheiben angebracht, von denen man hinunter auf einen riesigen Parkplatz mit Reihen großer Kipplaster und Lader hinabblicken konnte. Es waren riesige Maschinen und Dew dachte sich, dass die Räder größer als er selbst waren. Der Parkplatz war gut ausgeleuchtet und sah dennoch ein wenig unheimlich aus, wie es solche Orte oft taten.

      Niemand befand sich dort unten.

      Nur die Maschinen und Flutlichter, die auf den nassen Asphalt mit seinen Pfützen und Schlamm strahlten. Nicht eine verdammte Sache.

      Im Büro gab es noch eine zweite Tür an der gegenüberliegenden Wand, die Woody austestete. Sie war verschlossen. Komisch … im ersten Moment, als er den Knauf ergriffen hatte, ließ er sich ganz einfach drehen. Und dann bewegte er sich gar nicht mehr. Das war schon merkwürdig, aber er entschied sich, es nicht zu erwähnen.

      »Irgendwer muss hier sein«, sagte er.

      Jerry befeuchtete seine Lippen. »Was, wenn hier keiner ist?«

      »Es muss.«

      »Okay, was, wenn wir durch diese ganze gottverdammte Anlage gehen – wofür wir so ziemlich die ganze Nacht brauchen werden – und niemanden finden? Was dann?«

      Woody lächelte schmal. »Dann heißt das, dass hier niemand ist.«

      »Ha, ha!«

      »Okay«, sagte Dew. »Ihr Damen spart euch jetzt mal eure Spekulationen, bis wir etwas zum Spekulieren haben.«

      Während Woody aus dem Fenster hinausschaute und die Größe der Kipplaster unten bewunderte, stand Jerry mit den Händen in den Hosentaschen da, als ob er Angst hatte, irgendetwas zu berühren. Dew sah sich kurz um. Nichts Interessantes. Papiere auf dem Schreibtisch, Ordner, ein PC. Eine Kaffeetasse. Ein Aktenschrank in der Ecke. Ein Mantel über der Rückenlehne eines Stuhls. An der gegenüberliegenden Wand, ein aufgeblasenes Luftbild der Empire-Grube, wo heutzutage der gesamte Abbau erfolgte. Berme für Berme für Berme tiefer in die Erde.

      Als er sich von dem Foto abwandte, hatte Jerry die Kaffeetasse in der Hand. Er starrte hinein, als suche er darin nach Hinweisen.

      »Normal oder koffeinfrei?«, fragte Woody ihn.

      »Ist immer noch warm«, sagte er.

      »Heißt, derjenige, dem auch immer sie gehört, muss gerade erst gegangen sein«, sagte Woody, pragmatisch wie immer.

      »Oder etwas«, sagte Jerry.

      »Fang nicht wieder mit dieser Mary-Celeste-Scheiße an.«

      Jerry zuckte mit den Schultern. »Muss ich nicht. Du denkst ja selbst dran.«

      »Verdammt«, sagte Woody.

      Dew mochte das alles immer weniger. Er war sich nicht sicher, ob all diese Leute verschwunden waren, aber er wurde das Gefühl nicht los, dass dem so war. Der Superior-Mining-Komplex war ein riesiger Friedhof und sie konnten die ganze Nacht lang suchen und würden niemals jemanden finden.

      »Es ist seltsam, und du weiß, dass es seltsam ist«, sagte Jerry.

      »Okay. Jetzt aber genug …«

      »Hey!«, rief Woody und starrte aus dem Fenster.

      Sie drehten sich beide zu ihm.

      Er zeigte auf das Fenster. »Ich habe etwas da unten gesehen. Etwas hat sich bewegt.«

      »Etwas oder jemand?«, fragte Jerry.

      Woody schüttelte nur den Kopf, als wäre er sich selbst nicht so sicher. »Ich habe … ich habe eine Bewegung gesehen. Eine Gestalt oder etwas ist hinter den Laster gehuscht. Ich habe es gesehen.«

      »Na ja, war es ein Mann oder eine Maus?«, fragte Dew und sah selbst hinunter. Wie sehr er sich auch anstrengte, er entdeckte absolut nichts.

      Woody schluckte. »Es … ich weiß es nicht. Ein Schatten. Er bewegte sich.«

      Jerry und er warfen sich einen Blick zu und Dew konnte beinahe ihr Unbehagen spüren. Ihre Augen waren glasig vor Angst.

      »Ihr zwei bleibt hier«, sagte er. »Ich schaue mir das an.«

      »Dew … lass uns zusammenbleiben«, sagte Jerry.

      »Bleibt einfach hier! Ihr beide. Das ist ein verdammter Befehl. Verstanden?«

      Sie nickten.

      Ihre Gesichter waren verzerrt und blass, als sie zusahen, wie er aus der Tür ging, und hörten, wie seine Stiefel die Rampe hinuntertrampelten.

      Kapitel 3

      Es dauerte einige Minuten, bis Dew eine Tür fand, die zum Parkhaus führte. Bis es endlich soweit war, war er schweißüberströmt. Weniger von der Anstrengung als viel mehr von dem unerklärlichen Gefühl, dass ihm jemand folgte, ihn beobachtete. Er konnte die Blicke auf sich spüren, beobachtend,