Swanns Vergeltung. Shira Anthony. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Shira Anthony
Издательство: Bookwire
Серия: BELOVED
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238565
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hoch stand die Wahrscheinlichkeit, dass der sexy Graham mit den perfekten Hinterbacken sich als Graham Swann entpuppen würde? Der Mann war ziemlich bekannt in North Carolina: Er hatte sein Studium an der Vanderbilt University Law School als Klassenbester abgeschlossen, einen Vergleich über 4,3 Millionen Dollar für seinen ersten Fall von Diskriminierung bei der Einstellung erzielt und mit seinem Anteil eine der erfolgreichsten Kanzleien für Arbeitsrecht im Südosten gegründet. Und das alles, obwohl er erst 32 war, genau so alt wie Dan. Dass er auch Triathlet ist, stand aber nicht in seinem Lebenslauf.

      Graham verzog keine Miene, als sie sich die Hand schüttelten, aber Dan merkte trotzdem, dass Swann mehr als nur verärgert war. Er war angepisst. Das konnte Dan ihm nicht verübeln, aber…

      »Ich muss zu einem Meeting«, erklärte Graham an Terri gewandt. »Den Rest der Vorstellungsrunde schaffst du auch ohne mich.«

      »War nett, Sie kennengelernt zu…«, setzte Dan an, doch Graham hatte sich schon weggedreht und steuerte auf die Tür zu. Dan seufzte. »Ich fürchte, ich habe keinen sehr guten ersten Eindruck hinterlassen.« Und es bestand wenig Hoffnung, dass er das mit den üblichen Nettigkeiten wettmachen konnte.

      »Mach dir nichts draus.« Terri wedelte wegwerfend mit der Hand. »Er ist von Natur aus kratzbürstig, und in letzter Zeit ist es sogar schlimmer geworden. Wir ertrinken in Arbeit und er trägt die Hauptlast. In den letzten beiden Wochen war er fast jeden Tag bis Mitternacht hier. Sobald du und die anderen Neuen eingearbeitet sind, wird er sicher wieder ganz der Alte sein.«

      »Davon bin ich überzeugt«, log Dan.

      »Schon eingelebt?«, erkundigte sich Terri.

      »Normalerweise starte ich sofort durch. Aber ein Umzug mit einer Vierjährigen ist eine etwas größere Herausforderung.«

      »Das mit Benn tut mir wirklich leid. Wie geht es dir und Lacey?«

      »Als Benn und ich sie adoptiert haben, hätte ich nie gedacht, als Witwer und alleinerziehender Vater dazustehen, bevor sie zwei ist«, gab Dan zu. »Aber wir schlagen uns durch. Die letzten Jahre waren zwar stressig, aber auch ziemlich wunderbar.« Trotzdem brauchten er und Lacey ein anderes Leben, das nicht nur aus Arbeit und Pendeln bestand und ihnen keine Zeit füreinander ließ. Deshalb hatte er diesen Job sofort angenommen, obwohl er dafür seine Anteile als Partner der an der Wall Street ansässigen Firma aufgeben musste, für die er seit seinem Abschluss gearbeitet hatte.

      »Das freut mich. Lass mich wissen, wenn ich dir irgendwie helfen kann, in Ordnung?«

      Er lächelte sie an. »Danke. Der Makler und die Umzugsfirma, die du uns empfohlen hast, waren bereits eine große Unterstützung.«

      »Deine Eltern leben in den Bergen, stimmt's?«

      »In der Nähe von Asheville«, bestätigte er.

      »Graham stammt von da oben. Er besitzt ein tolles Haus, ganz in der Nähe vom Blue Ridge Parkway, das langsam Staub ansetzt. Aber jetzt bist du ja hier und kannst ihm einen Teil der Arbeitslast abnehmen.«

      »Du sagtest, er hätte ein paar große Fälle, deren Prozess bald ansteht. Ist da was Interessantes dabei?«, fragte Dan.

      »Schon möglich. Das sind Grahams Babys, er wird dir mehr darüber sagen können«, erklärte Terri. »Er verhandelt die Fälle, bei denen es um Angestellte geht. Ich kümmere mich um Arbeiter, Schlichtungsverfahren und erledige die meiste direkte Zusammenarbeit mit den Klienten. Wir haben ein paar Überschneidungen und ein paar der Mitarbeiter arbeiten an beidem mit, aber meistens bleiben wir in unserem Zuständigkeitsbereich. Solltest du dich je entscheiden, auf die dunkle Seite überzuwechseln, sag mir Bescheid. Ich zeig dir gern, wie's geht.«

      »Darauf komme ich vielleicht zurück, wenn ich ein bisschen Zeit zum Einleben hatte. Im Moment freue ich mich drauf, weniger Zeit mit der Durchsicht von Dokumenten und mehr Zeit im Gericht zu verbringen.«

      »Den Wunsch kann ich dir erfüllen. Die Kinderschar da drüben« – sie nickte zu der Gruppe frischgebackener Anwälte hinüber, die sich an Kaffee und Donuts gütlich taten und den Ausblick über die Stadt bewunderten – »wird den Großteil der Recherche für Grahams Team übernehmen. Außerdem fängt nächste Woche eine neue Rechtsanwaltsgehilfin an.«

      »Klingt himmlisch.«

      Terris Handy piepste. »Mist. Ich habe in fünf Minuten eine Telefonkonferenz mit einem Vertreter der Gewerkschaft. Findest du allein zurück in die Personalabteilung? Sie haben noch ein paar Formulare für dich, die du ausfüllen musst.«

      »Kein Problem. Ich finde schon hin.«

      »Gehen wir nach Feierabend was trinken?«, fragte Terri.

      »Ich wünschte, ich könnte. Aber ich muss Lacey vom Babysitter abholen.« Er lächelte. »Sobald ich eine Betreuung für sie gefunden habe, komm ich gern darauf zurück.«

      »Abgemacht. Und wir können jederzeit die Mittagspause zusammen verbringen,« bot sie an.

      »Mittagessen klingt perfekt.«

      »Ich schreib dir.« Sie ging auf die Tür zu. »Und komm bitte zu mir, wenn du etwas brauchst.«

      »Mach ich. Danke.«

      Eine Stunde später, nachdem er einen Stapel Formulare für die Personalabteilung ausgefüllt hatte, schloss Dan die Tür zu seinem neuen Büro hinter sich und atmete tief durch. Nach drei Jahren, in denen er Lacey dabei hatte zusehen müssen, wie sie um sieben Uhr abends auf dem Heimweg vom Hort einschlief, statt von ihm ins Bett gebracht zu werden, hegte er keinen Zweifel daran, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Jetzt musste er nur noch Mr. Groß, Düster, Unglaublich Sexy und Mächtig Angepisst davon überzeugen, dass auch er mit Dans Einstellung die richtige Entscheidung getroffen hatte...

      Kapitel 4

      Graham saß an seinem Schreibtisch und rieb sich über den Mund. Unglaublich. Einer von den neuen Angestellten hatte sich als sein katastrophaler One-Night-Stand herausgestellt. Wenigstens hatte Dan die Diskretion besessen, ihr Treffen in Wilmington nicht zu erwähnen. Graham hatte keine Lust, sich mit Terris Fragen herumschlagen zu müssen.

      Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, war Dan auch noch zu spät zu der Einstiegsbesprechung gekommen. Sein plötzliches Verschwinden hätte Graham ihm vielleicht noch durchgehen lassen können, aber von seinen Kollegen erwartete er mehr. Er hatte sich nicht den Arsch aufgerissen, damit andere es schleifen lassen konnten. Genau wie von sich selbst erwartete er von seinen Mitarbeitern harte Arbeit und dass sie zur Stelle waren, wo und wann sie gebraucht wurden.

      Dan musste sich anpassen oder damit rechnen, dass er rausgeworfen wurde. Graham legte die Bedingungen fest, und solange Dan sich daran hielt, würden sie bestens miteinander auskommen. Und wenn Dans kleine Lady ihn zum Firmenpicknick begleitete, würde Graham sich von seiner besten Seite zeigen. Diskretion funktionierte in beide Richtungen. Er und Terri brauchten einen fähigen Verhandlungsführer, der außerdem noch sympathisch war. Dank seiner Berufserfahrung eignete sich Dan perfekt für die Stelle – zumindest auf dem Papier.

      Geschäft. Es geht nur ums Geschäft.

      Jemand klopfte an die Tür seines Büros. »Herein.« Graham blickte von einem Stapel Unterlagen auf und entdeckte einen zaghaft lächelnden Dan. Mit seinem widerspenstigen kastanienbraunen Haar wirkte er gelassen und selbstbewusst, und in dem tadellos geschnittenen Anzug sah er mindestens genauso gut aus wie in Trishorts. Der Blick aus seinen blauen Augen verriet Intelligenz und einen scharfen Verstand.

      Wahrscheinlich hat ihm sein Charme bisher den Weg geebnet.

      »Tut mir wirklich leid wegen heute Morgen«, kam Dan sofort zur Sache.

      Graham wartete auf eine Ausrede, aber Dan sagte nichts weiter. Eine erfreuliche Überraschung. »Möchtest du dich setzen?« Graham wies auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und versuchte, sich nicht darauf zu konzentrieren, wie Dans Oberschenkelmuskeln den Stoff seiner Hose spannten, als er sich setzte.

      »Danke.« Dan schien verschiedene Möglichkeiten durchzugehen, bevor er