Die Göttliche Komödie. Dante Alighieri. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dante Alighieri
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783736428577
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Kehrst du zur süßen Welt aus diesen Schlünden,

       Bring ins Gedächtnis dann der Menschen mich.

       Mehr sag ich nicht, mehr darf ich nicht verkünden."

       Scheel ward sein grades Aug und wandte sich

       Nach mir; dann sank er mit dem Haupte nieder,

       So daß er ganz den andern Blinden glich.

       Drauf sprach mein Führer: "Nie erwacht er wieder,

       Bis er vor englischer Posaun ergraust,

       Und der Gewalt, dem Sündenvolk zuwider.

       Zum Grab kehrt jeder, wo sein Körper haust,

       Empfängt sein Fleisch zurück und die Gestaltung

       Und hört, was ewig widerhallend braust."

       Wir gingen langsam fort in schwerer Haltung,

       Durchs Kotgemisch von Schatten und von Flut.

       Vom künftgen Leben war die Unterhaltung.

       Drum ich: "Mein Meister, wird der Qualen Wut

       Sich nach dem großen Urteilsspruch vermehren?

       Vermindert sich, bleibt sich nur gleich die Glut?"

       Und er: "Gedenk an deines Weisen Lehren:

       So sehr ein Ding vollkommen ist, so sehr

       Wird sichs im Glücke freun, im Schmerz verzehren

       Und kann gleich der Verdammten zahllos Heer

       Vollkommenheit, die wahre, nie erringen,

       So harrt es doch in jener Zeit auf mehr."

       Wir fuhren fort, im Kreise vorzudringen,

       Mehr sprechend, als zu sagen gut erscheint,

       Bis hin zum Platz, wo Stufen niedergingen,

       Und fanden Plutus dort, den großen Feind.

      Siebenter Gesang

      Aleph, Pape Satan, Pape Satan!

       Erhob, rauh kluchzend, Plutus seine Stimme.

       Und er, der alles wohl verstand, begann:

       "Getrost, nicht fürchte dich vor seinem Grimme,

       Durch alle seine Macht wirds nicht verwehrt,

       Daß ich mit dir den Felsen niederklimme."

       Und dann, zu dem geschwollnen Mund gekehrt,

       Rief er: "Wolf, schweige, du Vermaledeiter!

       Von deiner Wut sei in dir selbst verzehrt!

       Wir gehn nicht ohne Grund zur Tiefe weiter,

       Dort will mans, dort, wo einst den Stolz mit Schmach

       Gezüchtigt Michael, der Himmelsstreiter."

       Gleichwie die Segel, wenn der Mast zerbrach,

       Erst aufgebläht zum Knäuel niederrollen,

       So fiel das Untier, das so drohend sprach.

       So gings zum vierten Kreis im schmerzenvollen

       Unselgen Schacht, der alle Schuld umfängt,

       Von welcher je im Weltall Kund erschollen.

       Gerechtigkeit des Herrn, dein Walten drängt

       So neue Mühn zusammen, solche Plagen!

       O blinde Schuld, die hier den Lohn empfängt!

       Wie der Charybdis Wogen sich zerschlagen,

       Zum Gegenstoß gewälzt von Süd und Nord,

       So muß sich hier das Volk im Wirbel jagen.

       Noch nirgend war die Schar so groß wie dort.

       Laut heulend kamen sie von beiden Enden

       Und wälzten Lasten mit den Brüsten fort.

       Und stießen sich, um sich beim Prall zu wenden,

       Und dann zurück im Bogenlauf zu ziehn,

       Und schrien sich zu: Was halten?—Was verschwenden?

       So durch den Kreis, in dem kein Lichtstrahl schien,

       Gings beiderseits dann nach der andern Seite,

       Indem sie beid ihr schändlich Schmähwort schrien.

       Dann wandte jeder sich zum neuen Streite,

       Sobald er seines Zirkels Hälft umkreist;

       Und ich, der ich den Armen Mitleid weihte,

       Sprach: "Meister, o wie zagt, wie bangt mein Geist

       Wer ist dies Volk? Die links hier scheinen Pfaffen!

       Ists jeder, der uns eine Glatze weist?

       Und er: "Dies sind die Blinden, Geistesschlaffen.

       Sie wußten in der Welt zum Geben nie

       Und nie zum Sparen sich ein Maß zu schaffen.

       Und dies erhellt aus dem, was jeder schrie,

       Wenn sie im Kreis gelangt zu zweien Orten;

       Da trennt der Gegensatz des Lasters sie.

       Die mit den Glatzen waren Pfaffen dorten;

       Auch öffneten wohl Papst und Kardinal

       Dem Geiz als Zwingherrn ihres Herzens Pforten."

       Drauf sprach ich: "Meister, kenn in dieser Zahl

       Ich keinen, der im Schmutz so eitlen Strebens

       Sich hier erworben hat die ewge Qual?"

       Und er zu mir: "Dein Suchen ist vergebens,

       Unkenntlich macht sie ihr verdientes Los

       Durch Kot und Schmutz bewußtlos dunkeln Lebens.

       So kommen stets zum Stoß und Gegenstoß,

       Bis sie erstehn—die mit verschnittnen Haaren,

       Die mit geschlossner Faust—dem Grabesschoß.

       Versetzt hat sie schlecht Geben und schlecht Sparen

       Von jener heitern Welt in diesen Zwist;

       Nicht sag ich welchen, denn du kannsts gewahren.

       Sieh hier, mein Sohn, welch eitles Ding es ist

       Um jenes Gut Fortunens, das die Leute

       Zum Kampfe reizt und zu Gewalt und List.

       Gib diesen Müden alles Gold zur Beute,

       Das sie gehabt, ja alles Gold der Welt,

       Und keine Stunde Ruh gibts ihnen heute."

       Und ich: "Mein Meister, sprich, wenn dirs gefällt,

       Wer ist Fortuna doch, die, wie ich hörte,

       In ihren Klaun der Erde Güter hält?"

       Und er zu mir: "O Arme, Trugbetörte!

       Unwissende, zum Schlimmsten stets geneigt!

       O daß mein Spruch jetzt aller Wahn zerstörte!

       Er, dessen Weisheit alles übersteigt,

       Erschuf die Himmel und gab ihnen Leitung,

       Daß jedem Teil sich jeder leuchtend zeigt,

       Durch seines Lichts gleichmäßige Verbreitung.

       So gab er schaffend auch die Dienerin

       Dem Erdenglanz zur Führung und Begleitung.

       Von Volk zu Volk, von Blut zu Blute hin,

       Bringt sie das eitle Gut, das nirgends dauert,

       Und kümmert nicht sich um der Menschen Sinn.

       Dies Volk befiehlt, ein andres dient und trauert,

       Wie jene Führerin das Urteil spricht,

       Die, wie die Schlang im Gras, verborgen lauert.

       Nichts gegen sie hilft eurer Weisheit Licht,