Die Göttliche Komödie. Dante Alighieri. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dante Alighieri
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783736428577
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ihr Verdienst, da sie der Tauf entbehrten,

       Die Pfort und Eingang deines Glaubens ist.

       Und lebten sie vor Christo auch, so ehrten

       Sie doch den Höchsten nicht, wie sichs gebührt;

       Und diese Geister nenn ich selbst Gefährten.

       Nur dies, nichts andres hat uns hergeführt.

       Daß wir in Sehnsucht ohne Hoffnung leben,

       Ward uns Verlornen nur als Straf erkürt."

       Groß war mein Schmerz, als er dies kundgegeben,

       Denn Leute großen Wertes zeigten sich,

       Die unentschieden hier im Vorhof schweben.

       Und ich begann: Mein Herr und Meister, sprich

       (Ich wollte mich in jenem Glauben stärken,

       Vor dessen Licht des Irrtums Nacht entwich),

       Kam keiner je durch Kraft von eignen Werken,

       Durch fremd Verdienst von hier zur Seligkeit?—

       Er schien des Worts versteckten Sinn zu merken

       Und sprach: "Ich war noch neu in diesem Leid,

       Da ist ein Mächtiger hereingedrungen.

       Bekrönt mit Siegesglanz und Herrlichkeit.

       Der hat des Urahns Geist der Höll" entrungen,

       Auch Abels, Noahs; und auch Moses hat,

       Der Gott gehorcht, mit ihm sich aufgeschwungen.

       Abram und David folgten seinem Pfad,

       Jakob, sein Vater, seine Söhne schieden,

       Und Rahel auch, für die so viel er tat.

       Sie und viel andre führt er ein zum Frieden,

       Und wissen sollst du nun: Vor diesen war

       Erlösung keinem Menschengeist beschieden."

       Obwohl er sprach, gings vorwärts immerdar,

       So daß wir unterdes den Wald durchdrangen,

       Den Wald, mein ich, der dichten Geisterschar.

       Nicht weit von oben waren wir gegangen,

       Als ich ein Feur in lichten Flammen sah,

       Die rings im halben Kreis die Nacht bezwangen.

       Zwar waren wir dem Ort nicht völlig nah,

       Doch einen Kreis von ehrenhaften Leuten,

       Die diesen Platz besetzt, erkannt ich da.

       "Du, des sich Wissenschaft und Kunst erfreuten,

       Beliebe, wer sie sind, und was sie ehrt

       Und von den andern trennt, mir auszudeuten."

       Ich sprachs, und er: "Für hochgepriesnen Wert,

       Der oben widerklingt in deinem Leben,

       Ward ihnen hier vom Himmel Huld gewährt."

       Da hört ich eine Stimme sich erheben:

       Der hohe Dichter, auf jetzt zum Empfang!

       Sein Schatten kehrt, der jüngst sich fortbegeben.

       Sobald die Stimme, die dies sprach, verklang,

       Sah ich heran vier große Geister schreiten,

       Im Angesicht nicht fröhlich und nicht bang.

       Da sprach der gute Meister mir zur Seiten:

       "Sieh diesen, in der Hand das Schwert, voran

       Den andern gehn, um sie als Fürst zu leiten.

       Du siehst Homer, den Dichterkönig, nahn;

       Ihm folgt Horaz, berühmt durch Spott dort oben

       Ovid der Dritt, als letzter kommt Lukan.

       Im Namen, den die eine Stimm erhoben,

       Kommt mit mir selber jeder überein,

       Drum ehren sie mich, und dies ist zu loben."

       So war die schöne Schul hier im Verein

       Des hohen Herrn der höchsten Sangesweise,

       Der ob den andern fliegt, ein Aar, allein.

       Ein Weilchen sprachen sie im trauten Greise,

       Doch als sie grüßend sich zu mir gekehrt,

       Da lächelte Virgtl zu solchem Preise.

       Allein noch höher ward ich dort geehrt,

       Indem sie mich in ihrer Schar empfingen

       Als Sechsten unter solchem Geist und Wert,

       Wobei wir hin bis zu dem Lichte gingen,

       Sprechend, wovon ich schicklich schweigen muß,

       Wie man dort schicklich sprach von solchen Dingen.

       Bald kamen wir an eines Schlosses Fuß,

       Von siebenfacher hoher Maur umfangen,

       Und rings beschützt von einem schönen Fluß.

       Als wir mit trocknem Fuße durchgegangen,

       Gings weiter dann durch sieben Tore fort,

       Und eine Wiese sah ich grünend prangen.

       Wir fanden Leute strengen Blickes dort,

       Mit großer Würd in Ansehn, Gang und Mienen

       Und wenig sprechend, doch mit sanftem Wort.

       Und wir ersahn dort seitwärts nah bei ihnen

       Frei eine Höh hellem Lichte glühn,

       Vor welcher alle klar vor uns erschienen.

       Dort gegenüber auf dem samtnen Grün

       Sah ich die Großen, ewig Denkenswerten,

       Die heut mir noch in solzer Seele blühn.

       Elektren sah ich dort mit viel Gefährten,

       Äneas, Hektorn hatt ich bald erkannt,

       Cäsarn, den mit dem Adlerblick bewehrten.

       Penthesilea war auf grünem Land;

       Zur andern Seite sah ich auch Latinen,

       Der bei Lavinien, seiner Tochter, stand.

       Ich sah den Brutus, der verjagt Tarquinen,

       Lucrezien, Julien, Marzien, und, allein

       Beiseite sitzend, sah ich Saladinen.

       Dann, höher blickend, sah im hellen Schein

       Ich auch den Meister derer, welche wissen,

       Der von den Seinen schien umringt zu sein,

       Sie all ihn hochzuehren sehr beflissen;

       Den Plato ihm zunächst und Sokrates,

       Die dort den Sitz vor andern an sich rissen.

       Den Anaxagoras, Diogenes,

       Den Demokrit, des Welt der Zufall machte,

       Den Zeno, Heraklit, Empedokles.

       Ihn, der ans Licht der Pflanzen Kräfte brachte,

       Den Dioskorides, den Orpheus dann,

       Den Seneka, der Schmerz und Luft verlachte.

       Auch Ptolemäus kam, Euklid heran,

       So auch Averroes, der, seinen Weisen

       Erklärend, selbst der Weisheit Ruhm gewann.

       Doch nicht vermag ich jeden hier zu greifen,

       Denn also drängt des Stoffes Größe mich,

       Daß ihren Dienst mir kaum die Wort erweisen.

       Hier teilten nun die sechs Gefährten sich.

       Mich führt auf anderm Weg mein weiser Leiter

       Dahin, wo Stille lautem Tosen wich,