Ich küsste ihn, damit er den Mund hielt. »Charlie, es war ein tolles Jahr und ich würde nichts anders machen wollen.«
Er sah mich lange an. »Ich denke, wir sollten es deiner Familie sagen. Zumindest, dass du mir einen Antrag gemacht hast und ich Ja gesagt habe, das bis jetzt aber alles ist. Es gibt keine wirklichen Hochzeitspläne oder so was. Weil, na ja, wir müssen darauf warten, dass sich die Gesetze ändern und selbst dann weiß ich nicht, ob wir wirklich heiraten. Ich meine, verlobt sein ist in Ordnung, aber eine Ehe ist etwas ganz anderes.«
Ich lachte über ihn und sein nervöses Geplapper und brachte ihn erneut lächelnd mit einem Kuss zum Schweigen. Ich stupste ihn mit der Nase an, sodass ihm wieder der Atem stockte. »Es zu wissen, reicht schon, Charlie. Einfach zu wissen, dass du Ja gesagt hast, wird immer genug sein.«
Er drehte uns um, sodass er auf mir lag, und starrte mich einfach wieder an. »Einfach zu wissen, dass du mich gefragt hast, ist auch genug.«
Kapitel 2
Charlies zwei Seiten
Den nächsten Vormittag verbrachten wir mit Sightseeing und landeten nachmittags zwangsläufig am Hotelpool, um der Hitze zu entkommen.
»Müssen wir heute Abend wirklich zu diesem langweiligen Essen?«, fragte ich.
»Jap.«
»Aber wir gehen danach immer noch mit Sam und Ainsley was trinken?«
»Nur weil du mich nicht nicht gehen lässt.«
Ich schnaubte. »Da hast du recht. Es ist ja nicht so, als hätten wir oft die Gelegenheit«, sagte ich. »Außerdem hab ich dich noch nie sternhagelvoll erlebt und habe vor, das zu ändern.«
Charlie schnaubte. »Ich war lange nicht mehr betrunken, also wird es dich wahrscheinlich nur zwei Bier kosten.«
»Du darfst dann auch Schindluder mit mir treiben«, antwortete ich. »Oder ich mit dir. Du weißt, dass ich sehr flexibel bin.«
Dieses Mal lachte Charlie, hielt aber trotzdem die Augen geschlossen. »Ja, das bist du.«
»Und talentiert.«
»Das auch«, stimmte er zu. Er öffnete ein Auge und sah mich noch immer lächelnd an. »Du hast bescheiden vergessen.« Er schloss sein Auge wieder.
»Ich wollte gerade zugeben, dass ich eingebildet bin, aber bescheiden tut's auch.«
Er schüttelte den Kopf, die Augen noch immer geschlossen, offensichtlich liebte er die Wärme der Sonne auf seiner Haut. »Kann nicht zu viel trinken«, sagte er. »Ich will während der Heimreise nicht verkatert sein.«
»Wann fängt das Essen an?«, fragte ich erneut.
»Um sechs.«
Ich setzte mich auf der Liege auf und stellte die Füße auf den Boden. »Dann fangen wir besser früh an.«
»Du kannst nicht einfach hier liegen und es genießen, nichts zu tun?«, fragte er, ohne Anstalten zu machen, sich zu bewegen. »Ich hätte dich auf ADHS oder so was testen lassen sollen. Du musst immer in Bewegung sein.«
»Na ja, ich könnte dich einfach hier liegen lassen, aber wenn man bedenkt, dass wir in etwa einer halben Stunde beim Essen sein müssen, sollten wir besser…«
Charlie setzte sich auf. »Was? Wie spät ist es?« Er suchte nicht mal nach einer Uhr. Er sah hinauf in den Himmel. Ich werde mich nie an die Art gewöhnen, wie im Outback die Zeit bestimmt wird.
»Und meine Mom hat das schon getan«, antwortete ich. »Ich meine, sie hat mich auf ADHS testen lassen, weil ich etwas aufgedreht bin, aber ich bin einfach ich. Ich mag es, Sachen zu machen.«
Charlie sah mich an und blinzelte. »Das war ein Witz«, sagte er leise. Dann fragte er erneut: »Wie spät ist es?«
Ich warf einen Blick auf meine Uhr, wie es die meisten Leute taten, um die Zeit abzulesen. »Es ist siebzehn Uhr siebenundzwanzig.«
»Scheiße«, sagte er und stand auf. »Wir kommen zu spät.«
Sechsundzwanzig Minuten später betraten wir geduscht und fürs Abendessen angezogen das Restaurant.
Ich war in den letzten zwölf Monaten mit Charlie auf genug Beef Farmers-Treffen gewesen, um zu wissen, was ich zu erwarten hatte. Ich dachte nicht, dass das Treffen mit Supermarkteinkäufern anders sein würde.
Es war eher ein zwangloses, jährliches Abendessen, bei dem die Sponsoren ihre Produkte anpriesen und ich vermute, dass alle Farmer, die es sich finanziell und zeitlich leisten konnten, daran teilnahmen. Es war eine Art Networking und für Charlie war es gut, es zusätzlich zur Beef Farmers Association zu tun.
Die richtig hohen Tiere waren anwesend und es war lustig, Charlie in einer Umgebung zu sehen, in der er nur die drittgrößte Farm besaß. Und trotzdem, obwohl er gut vierzig Jahre jünger war als sie, war es ziemlich offensichtlich, dass ihn die beiden Männer respektierten, die die größeren Farmen leiteten.
Sutton war ein Name, den man in der Branche kannte, und Charlie hatte die Verkaufs- und Produktivitätsrekorde seines Vaters gebrochen. Selbst bei durchschnittlichen Viehpreisen machte Charlie ein gutes Geschäft. Seine Empfehlungen von der Beef Farmers Association schadeten auch nicht.
Er unterhielt sich mit allen, auch mit Blake, dem Mann, den wir letztes Jahr im Flugzeug kennengelernt hatten und der Charlie einen Vertrag auf der Einkäuferliste der Supermärkte verschafft hatte.
Fünf Minuten vor Beginn des formellen Teils fragte Blake Charlie, ob er vor den Leuten sprechen würde. Er hatte nicht wirklich viel Zeit, um zu diskutieren oder vorzubereiten, was er sagen sollte.
Aber er ging einfach nach vorn und stand hinter dem Pult, als würde es ihm gehören. Nun, ich wusste, dass er klug war und wir hatten häufig über die verschiedenen Lehren gesprochen, die wir in unserem Agrarwissenschaftsstudium studiert hatten, und ich hatte gehört, wie er mit allen möglichen Leuten telefoniert hatte. Aber er stand da oben und sprach über Zahlen, Prozentwerte, Steuerveränderungen, Kilo pro Dollar und Bestandsverhältnisse.
Er sprach über das Klima und die geplanten Saisons und Verkäufe, die wachsenden Fixkosten und den Wertverlust der Bestände und dass die Redensart Arbeite klüger, nicht härter mit jedem Tag mehr Gewicht bekam.
Ich wusste, dass er Geschäftsmann war. Ich meine, natürlich war er das. Ich kam mir etwas dämlich vor, weil ich so überrascht war, aber er haute mich irgendwie um. Ich verlor den Überblick, worüber er sprach, und war nur darauf konzentriert, ihn beim Reden zu beobachten. Er sah nur einmal zu mir, wandte aber schnell den Blick ab, weil er lächeln musste. Wenn er sich Sorgen machte, dass ihn die Menschen in diesem Raum – seine Kollegen – nicht respektieren würden, lag er falsch. Als sein Vortrag zu Ende war, bekam er von allen Rednern den lautesten Applaus.
Er hatte sie vom Hocker gerissen, als er in seiner guten Jeans, seinem besten Hemd und den glänzenden Stiefeln und mit gekämmten Haaren da oben gestanden, über das Geschäft geredet und aufgezeigt hatte, wie man die Kosten niedrig und die Preise hoch hielt. Mit Sicherheit hatte er nie so verdammt sexy ausgesehen.
Charlie kam zurück und setzte sich neben mich. Es war nicht so, dass ich ihm mehr als ein Er-ist-nur-mein-Boss-Lächeln schenken konnte, aber nach einer Weile, während ein anderer Redner an der Reihe war, stieß ich leicht sein Knie mit meinem an. Sein Mundwinkel zuckte, als würde er ein Lächeln unterdrücken und anstatt mich ganz nah zu ihm zu lehnen und ihm zu sagen, dass ich seinetwegen einen Ständer hatte, rutschte ich auf meinem Stuhl herum, überkreuzte die Beine an den Knöcheln und rieb mir ganz geschmeidig über den Schwanz, sodass nur Charlie es bemerkte.
Er überspielte sein Lachen mit einem Husten und während er weiter weltmännisch und sexy dasaß, verbrachte ich die nächsten vierzig Minuten damit, an widerliche Dinge wie tote Tiere am Straßenrand und Fische ausnehmen zu denken.
***
Nachdem die geschäftlichen Verpflichtungen