Guten Tag, ich bin das Hausgespenst. Marie Louise Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Louise Fischer
Издательство: Bookwire
Серия: Hausgespenst
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788711719633
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Ich habe bestimmt über hundert Minuspunkte!“

      Die anderen lachten mitleidlos. „Pech gehabt!“

      Monika ließ nicht locker. „Jetzt könntest du doch eigentlich anrufen, Vati!“

      Herr Schmidt, der sah, wieviel seiner Tochter an dieser Sache gelegen war, gab nach. „Zwanzig Punkte!“ sagte er, warf seine Karten zu den anderen und stand auf. „Also dann … weil du es bist, Moni!“

      „Sollen wir die nächste Runde ohne dich spielen?“ fragte Liane.

      „Ach wo. Ehe du gemischt und ausgegeben hast, sitze ich schon wieder an meinem Platz.“ Der Vater trat zum Telefon, das auf einem kleinen Tisch neben der Bücherwand stand. „Dann sag mir mal die Nummer!“

      „Der Mann heißt Graunke und die Nummer ist … fünfneunfünf … dreisiebeneins …“

      Herr Schmidt wählte, während Monika sprach. Sie trat nahe heran, um mitzuhören.

      „Graunke“, meldete sich eine männliche Stimme.

      „Wie schön, daß Sie am Samstagnachmittag im Büro sind, Herr Graunke, ich hatte schon gefürchtet …“, begann Herr Schmidt.

      „Na, eigentlich bin ich jetzt zu Hause, aber ein Mann in meinem Beruf muß jederzeit greifbar sein. Was kann ich denn für Sie tun, Herr …“

      „Schmidt, Max Schmidt! In der Ausgabe der heutigen,Süddeutschen‘ steht ein Inserat von Ihnen …“

      „Schnönes altes Haus mit acht zimmern an einem Teich“, flüsterte Monika ihm zu.

      Der Vater wiederholte ihre Worte laut.

      „Ach das!“ sagte der Makler. „Ich weiß schon Bescheid. Das ist eine sehr günstige Gelegenheit …“

      „Wieviel?“

      „Zweihundertfünfzig im Monat!“

      „Nur?“ rief Herr Schmidt erstaunt.

      Herr Graunke lachte, aber es klang nicht sehr behaglich. „Sie sind der erste Kunde, der sich beklagt, weil ihm der Preis zu niedrig ist.“

      „Bei einem so großen Haus! Na, erlauben Sie mal! Da muß man doch den Eindruck gewinnen, daß irgendwo ein Haken ist.“

      „Ist auch, wenn Sie es so nennen wollen. Der Besitzer möchte, daß der Mieter die anfallenden Reparaturen selber übernimmt.“

      „Also ist es ein alter Rappelkasten!“

      „Keinesfalls. Es ist ein sehr schönes altes Haus und in bestem Zustand. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: schauen Sie es sich doch mal an!“

      „Bitte! Bitte! Bitte!“ flüsterte Monika.

      Zu ihrer Erleichterung sagte der Vater: „Einverstanden! Wann?“

      „Morgen früh … oder von mir aus auch schon heute.“

      „Heute. Damit ich es hinter mir habe.“

      „Geben Sie mir, bitte, Ihre Adresse. In einer halben Stunde hole ich Sie ab!“

      „Oh, Vati, Vati!“ Monika gab ihrem Vater, als er aufgelegt hatte, einen dicken Kuß. „Ich darf doch mit, ja? Ich bin so froh … so riesig froh!“

      „Hoffentlich wird’s nicht wieder eine Enttäuschung!“ meinte die Mutter.

      „Diesmal nicht!“ jubelte Monika. „Ich spür es … diesmal nicht!“

      Herr Schmidt ging an den großen Tisch zurück. „Noch eine Runde … dann müßt ihr allein weiterspielen.“

      „Wäre es unverschämt, wenn ich Herrn Graunke bitte, mich auch mitzunehmen?“ fragte seine Frau.

      „Im Gegenteil, gerade du als Hausfrau hast den richtigen Blick und ein Recht, dir das Haus zuerst anzusehen.“

      „Ich habe zwar sicher nichts von beidem“, bekannte Liane, „aber ich möchte auch mit.“

      „Mal sehen, wie groß Graunkes Auto ist!“ Herr Schmidt legte seinen beiden Töchtern die Hände auf die Schultern. „Hoffentlich können wir uns hinten zusammenquetschen.“

      Nur Peter wollte nicht mit. Er hatte eine Verabredung, und die anderen waren froh darüber, denn sonst hätte es doch recht eng werden können. Aus dem weiteren Romméspiel wurde nichts, denn Liane und die Mutter standen auf, um sich fertig zu machen.

      Monika nahm die Gelegenheit wahr, ihre Gummibänder aus dem roten Haar zu nehmen, damit es sich zu einer hübschen Innenrolle legte.

      „Jetzt kann’s losgehen!“ rief sie ungeduldig. „Seid ihr immer noch nicht soweit!?“

      Obwohl sie sich ausrechnen mußte, daß sie dadurch keine Minute früher fortkam, konnte sie es nicht lassen, schon die Treppen hinunterzustürmen, um auf der Straße auf Herrn Graunke zu warten.

      So kam es, daß sie ganz allein vor der Haustür auf und ab hüpfte, als ein großes grünes amerikanisches Auto vorfuhr, ein „Pontiac“, wie sie entzifferte. Heraus stieg ein kleiner dicker Herr, der sich das spärliche Haar über dem Ohr gescheitelt und in einer Strähne quer über die hohe Stirn gelegt hatte. Er blickte auf die Hausnummer und zum Haus hinauf und begann dann, die Namen auf den Türschildern zu studieren.

      Monika beschloß, ihm zu helfen. „Sind Sie der Makler?“ fragte sie.

      „Stimmt!“ Herr Graunke lächelte. „Und du gehörst sicher zur Familie Schmidt!“

      Als er lächelte, war er Monika sofort sympathischer geworden. „Stimmt auch“, bestätigte sie und reichte ihm die Hand, „und ich heiße Monika … Die anderen kommen gleich runter.“

      „Du kannst es wohl gar nicht abwarten, aufs Land zu ziehen?“

      „Ich möchte so schrecklich gern ein Pferd haben, wissen Sie.“

      „Ein Pferd, ja, das könntest du dort halten, wenn … na ja …“ Herr Graunke sprach den Satz nicht zu Ende und vergewisserte sich mit einer Handbewegung, ob die kunstvolle Drapierung seiner Glatze noch hielt. „Jedenfalls … es gibt dort einen großen Stall.“

      „Einen Stall!?“ Monika machte einen regelrechten Luftsprung. „Das ist ja spitze!“

      „Und Weideland auch.“

      „Herr Graunke, das Haus ist schon gemietet!“

      Der Makler lachte. „Wir würden gleich ins Geschäft kommen, wie? Schade, daß da noch ein paar andere Herrschaften mitzureden haben!“

      „Ich bin jedenfalls dafür!“ versicherte Monika. „Auch wenn es eine Bruchbude ersten Ranges sein sollte! Hauptsache ein Stall ist dran.“

      „Eine Bruchbude ist es ganz und gar nicht.“

      „Um so besser. Dann kriegen wir das schon hin, Herr Graunke.“

      Die Haustür öffnete sich, und nacheinander kamen Herr Schmidt, Frau Schmidt und Liane heraus. Herr Schmidt entschuldigte sich, daß er den Makler hatte warten lassen.

      „Macht gar nichts“, wehrte Herr Graunke ab, „ich hatte mich ja verfrüht, aber das war ganz angenehm. Ich konnte schon in Vorverhandlungen mit Ihrem Fräulein Tochter steigen.“

      Alle lachten.

      Aber Monika nahm das gar nicht krumm. „Stellt euch nur vor, was ich erfahren habe!“ rief sie. „Bei dem Haus ist ein Stall, und Weideland gehört auch dazu!“

      „Himmlisch!“ jubelte Liane.

      „Klingt umwerfend“, sagte der Vater ein bißchen ironisch.

      „Und was ist mit dem Teich?“ fragte die Mutter.

      „Gehört auch dazu“, versicherte Herr Graunke und machte ein zufriedenes Gesicht.

      Sie legte ihre Hand auf den Arm ihres Mannes.