Im Internat gibt's keine Ruhe. Marie Louise Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Louise Fischer
Издательство: Bookwire
Серия: Internat
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788711719565
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von einer runden hölzernen Bank umgeben, bei der sie sich schon in den ersten Jahren ihrer Internatszeit zu treffen pflegten, als das Heimweh sie noch geplagt hatte und sie Pläne schmiedeten, wie sie am besten ausreißen könnten. Die Vorliebe für diesen Platz war ihnen seitdem geblieben.

      Heute stand die Ulme entlaubt, die Bank war feucht, und der Wind pfiff um den Stamm, so daß die Mädchen sich unwillkürlich zusammenduckten, denn sie froren in ihren Jacken und Anoraks.

      Yvonne sah von einer zur anderen. ”Puh, wie seht ihr aus! Nun macht gefälligst mal andere Gesichter.”

      ”Wir sind alt geworden, Yvonne”, erklärte Helga, und sie empfand es wirklich so; sie fühlte sich wie eine uralte, vom Leben enttäuschte Frau.

      ”Wahnsinn!” rief Babsy. ”Nun zieht bloß kein Drama ab. Es ist bloß lausig kalt hier, das ist alles.”

      ”Dann laßt uns doch ins Gewächshaus flüchten”, schlug Kicki vor.

      Damit waren alle einverstanden, und sie trabten mit eingezogenen Köpfen, hochgeschlagenen Jackenkragen und. Kapuzen, die Hände tief in die Taschen gebohrt, zur Gärtnerei.

      Das Treibhaus war so niedrig, daß die größeren der Mädchen nur gebückt stehen konnten. Dafür aber war es hier drinnen mollig warm, und es roch angenehm nach schwarzer feuchter Erde und nach blühenden Blumen. Sie schoben sich ein paar leere Kisten zurecht und hockten sich in den engen Gang.

      Wieder war es Yvonne, die als erste das Wort ergriff. ”Meine Damen”, rief sie, ”wir sind uns, wie wir heute früh durch Abstimmung festgestellt haben, alle darin einig, daß Dr. Herbert Jung, genannt Tweedy, schändlich und verräterisch an uns gehandelt hat und deshalb Strafe verdient hat. Die Frage ist jetzt nur noch: Was wollen wir ihm antun?”

      ”Vielleicht”, sagte Kicki und hob eifrig ihren schlanken gelben Finger, als säße sie in der Klasse, ”vielleicht könnten wir ihm die Ärmel und Hosenbeine seines Schlafanzuges zusammennähen oder … oder ihm einen nassen Schwamm ins Bett legen!” Sie war ganz erstaunt, als die anderen sie auslachten.

      ”Was gefällt euch denn daran nicht?” fragte sie. ”Das wäre doch eine gute Idee!”

      ”Nein, Kicki”, sagte Yvonne energisch, ”das wäre einfach kindisch.”

      ”Wir wollen ihn ja demütigen”, erklärte Babsy. ”Und mit so einem dummen Streich würden wir höchstens erreichen, daß er uns für alberne Gänse hält.”

      ”Das hat er wahrscheinlich von Anfang an getan”, sagte Helga bitter.

      ”Dich vielleicht!” platzte Yvonne heraus. ”Aber mich bestimmt nicht!”

      ”Nein, dich nicht!” bestätigte Babsy mit gespielter Bewunderung. ”Für dich hat er sich ehrlich interessiert, schöne Yvonne, in dich war er sogar wie verrückt verliebt… deshalb hat er sich dann ja auch mit Trudchen verlobt.”

      Alle lachten. Yvonne bekam einen roten Kopf.

      ”Kinder, Kinder, seid friedlich”, mahnte Ellen, ”wenn wir uns jetzt untereinander streiten, können wir unseren Racheplan gleich aufgeben.”

      ”Ellen hat recht”, stimmte Margot zu, ”überlegt euch, was ihr wollt: euch gegenseitig bekriegen oder gemeinsam auf Tweedy losgehen. Nur Einigkeit macht stark.”

      ”Na schön”, sagte Yvonne. ”Ich nehme hiermit feierlich zurück, was ich gesagt habe, und behaupte das Gegenteil: Tweedy hat es mit mir genauso wenig ernst gemeint wie mit jeder anderen.” Sie warf einen Seitenblick auf Helga. ”Jetzt zufrieden?”

      Helga war mehr als zufrieden. Sie gestand sich, daß sie selber kaum in der Lage gewesen wäre, ihre Niederlage so rückhaltslos zuzugeben. Aber ehe sie noch etwas sagen konnte, kam Babsy ihr zuvor.

      ”Na klar!” rief sie. ”So genau nehmen wir es ja gar nicht. Aber wenn ich jetzt mal einen Vorschlag machen darf: Wie wäre es, wenn wir seinem Pferd Pfeffer unter den Schwanz streuen würden, so daß es mit ihm durchgeht? Ich meine natürlich, wenn er darauf sitzt.”

      ”Wie willst du denn das bewerkstelligen?” fragte Yvonne.

      ”So weit habe ich noch gar nicht gedacht”, mußte Babsy zugeben.

      ”Das mit dem Pferd ist jedenfalls gar nicht schlecht”, erklärte Uschi. ”Man müßte es irgendwie erschrecken, so daß es in die Luft geht und er es kaum noch bändigen kann.”

      ”Wäre das nicht zu gefährlich?” warf Helga ein. ”Wenn er sich nun das Genick bricht?”

      ”Quatsch”, sagte Yvonne. ”Denk mal nach: Wie oft bist du schon vom Pferd gefallen und hast dir niemals was gebrochen!”

      ”Ist mein Vorschlag also angenommen?” fragte Babsy hoffnungsvoll.

      ”Nein, abgelehnt”, erklärte Ellen, ”wegen völliger Undurchführbarkeit. Tweedy ist nie allein in der Reitbahn sondern immer mit Herrn Künzel, dem Reitlehrer, Trudchen, dem Direx und meist noch Doktor Meyr, unserem Physikus, zusammen. Wenn wir also einen Knallfrosch losließen oder so etwas, würden alle Pferde scheuen, nicht nur das arme Viech, auf dem er sitzt. Wenn wir dem Pferd Pfeffer in den Potsch streuten, würde es unruhig, noch bevor er aufsteigt. Und da er sich, wie wir wissen, sein Pferd immer selber sattelt und aufzäumt, ist es ausgeschlossen, irgend etwas Stechendes unter den Sattel zu praktizieren. Auch wenn es ginge, wäre ich dagegen, denn was kann der gute ’Sultan’ dafür, daß wir’ne Wut auf den Tweedy haben?”

      Es wurden noch verschiedene Vorschläge gemacht. Einige waren sehr harmlos und nichts anderes als ganz gewöhnliche Schulstreiche: Tinte auf dem Lehrerstuhl ausschütten oder den Sitz mit Uhu bestreichen, Heftzwecken ausstreuen, einen Wecker aufziehen und im Klassenschrank verstecken und was dergleichen Witze mehr sind. Andere aber wurden schon gefährlicher: Die Luft aus den Reifen seines Autos lassen, die Bremsleitung beschädigen, ihm Steine durch die Scheiben ins Zimmer werfen. Aber die Mädchen konnten sich auf nichts einigen.

      ”Ich glaube, ich glaube”, sagte Yvonne endlich und strich sich nachdenklich mit dem Finger über den Rücken ihres hübschen Näschens, ”Babsy war vorhin doch auf dem richtigen Wege. Es müßte ihm etwas beim Sport passieren, das wäre das beste. Nur eben mit Pferden geht es nicht.”

      ”Dann eben beim Schwimmen!” rief Babsy.

      ”Das ist das Ei des Columbus!” Uschi hopste so aufgeregt hoch, daß sie fast mit ihrem Kopf die Scheibe des Treibhauses durchstoßen hätte. ”Tweedy schwimmt manchmal abends mutterseelenallein einige Runden, ich habe das schon ein paarmal zufällig beobachtet …”

      ”Wirklich zufällig?” fragte Yvonne sofort. ”Oder wolltest du dich nicht vielmehr an seinem behaarten Männerkörper erfreuen?”

      “Keine persönlichen Spitzen, Yvonne”, mahnte Kicki. Babsy meinte arglos: ”Aber er ist doch gar nicht behaart!”

      Alle lachten.

      “Schwimmbad ist gut”, sagte Ellen, “soviel steht fest. Aber was können wir im Bad mit ihm anstellen? Ihn runterschubsen, wenn er auf das Sprungbrett tritt?”

      ”Nein, nein, zu kompliziert”, sagte Yvonne. ”Ich weiß etwas viel Einfacheres. Wir müssen ihm auflauern. Wenn er mal wieder einsam seine Runden zieht, stürzen wir uns alle gleichzeitig auf ihn und tunken ihn unter.”

      ”Aber nicht zu lange”, mahnte Helga.

      ”Natürlich nicht, du Dummchen”, sagte Yvonne, ”wir wollen ihn ja nicht umbringen. Er soll es nur mit der Angst zu tun bekommen und merken, daß er mit uns nicht so umspringen kann.”

      “Ausgezeichnet”, stimmte Ellen zu, ”laßt uns darüber abstimmen!”

      ”Moment mal”, wandte Helga ein, ”ich weiß nicht, ob das wirklich ganz das Richtige ist! Wäre es nicht besser, wir würden einfach in eine Art … Sprechstreik ihm gegenüber treten? Uns in seinen Stunden überhaupt nicht mehr melden? Und wenn er uns aufruft, ihn bloß angucken und schweigen?”

      Diese