Mein geliebter Jäger. Anna Zabo. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anna Zabo
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238626
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kam. Nach so vielen Jahren spürte er den Sonnenuntergang in seinen Knochen.

      Rhys wäre dann in Gefahr, wenn Silas' Vermutung sich bewahrheitete. Wenn solch eine Sache wahr sein konnte.

      »Nimm den Scotch einfach mit.« Silas hob sein Glas an und schlug die Richtung des Restaurants ein, das er ausgesucht hatte. Rhys lief neben ihm her.

      Es war nur ein kurzer Weg von der Bar bis zu einem der kleineren und höherklassigen Restaurants an Bord. Gedämpftes Licht, goldene Akzente und strahlend weiße Wände verliehen dem Raum ein griechisch-römisches Ambiente, obwohl die meisten römischen Gaststätten nie derart polierten Marmor gesehen hatten.

      Silas nannte dem Oberkellner seinen Namen, woraufhin sie zu dem Tisch geleitet wurden, den er vor gerade einmal anderthalb Stunden reserviert hatte.

      Das war die erste Sache, um die er sich nach seiner Dusche gekümmert hatte. Direkt danach hatte er den Manager der Bar ausfindig gemacht, um ihn nach Rhys' Visitenkarte zu fragen. Sein dritter Halt war die Bibliothek des Schiffes gewesen, um ins Internet zu gehen. Der Amerikaner hatte eine sehr interessante persönliche Vergangenheit.

      Rhys glitt auf den Stuhl ihm gegenüber.

      Eine Kellnerin nahm ihre Bestellung auf. Meeresfrüchte-Feuillantine für ihn, Chateaubriand-Steak für Rhys.

      Nachdem sie gegangen war, schaute Rhys sich um. »Wow.«

      Silas riskierte einen Kommentar über Rhys' Vergangenheit. »Sicherlich bist du schon in eleganten Restaurants gewesen? Wenn deine Mutter auf Tour war?«

      Das erzeugte eine Reaktion. Muskeln verspannten sich. Die Stimme war anklagend. »Du wusstest, wer ich bin.«

      Er würde weglaufen.

      »Rhys, nicht.« Silas legte so viel Befehlskraft in seine Stimme, wie er sich traute, obwohl er bezweifelte, dass das bei Rhys funktionieren würde. Er fügte ein ehrliches »Bitte« hinzu.

      Letzteres, vermutete er, überzeugte Rhys zum Bleiben. Er zitterte noch immer, aber er blieb sitzen.

      »Nachdem ich geduscht habe, bin ich zurück in die Lounge und habe den Manager nach deiner Karte gefragt. Danach habe ich mich über dich informiert.«

      Ein Teil von Rhys' Anspannung löste sich. »Nachdem du geduscht hast?«

      »Als wir uns im Gang… unterhalten… haben, warst du mir vollkommen fremd.«

      Rhys rutschte auf seinem Stuhl herum. Mehr Wut verflog, aber nicht alle. »Ich bin seit zwei Wochen in den Nachrichten.«

      »Ich achte nicht sonderlich auf die Nachrichten. Schon seit Jahren nicht.«

      »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das glaube.« Rhys nippte am Scotch. »Und ich bin mir nicht sicher, ob ich das mit der Visitenkarte glaube. Der Kellner wollte mir deinen Namen nicht verraten.«

      »Sein Name ist Vasil.«

      Rhys starrte ihn an.

      »Namen sind wichtig, Rhys. Bemerke sie. Behalte sie.« Silas legte seine linke Hand mit der Handfläche nach oben auf den Tisch. Er war sich nicht sicher, ob Rhys die Geste, die Einladung verstehen würde. »Der Manager, Benjamin, hat mir deine Karte gegeben, weil er gesehen hat, wie du sie mir angeboten hast.«

      Das besänftigte Rhys nicht. »Das hat der Kellner auch.«

      Er war zu sehr mit seiner Entrüstung beschäftigt, um den Unterschied zu sehen. »Vasil hat gesehen, wie du mir deine Kontaktdaten angeboten hast. Umgekehrt hat er es nicht gesehen. Ich habe dir nichts hinterlassen.«

      Das musste zu Rhys durchgedrungen sein, denn er sank in seinen Stuhl zurück. »Oh.«

      Silas unterbrach die Stille zwischen ihnen nicht, zufrieden damit, abzuwarten. Einen Moment später nickte Rhys. »Ich hätte dir eine Nachricht hinterlassen sollen.«

      »Das wäre vielleicht klüger gewesen, als einen Bestechungsversuch zu starten.« Er hatte seinen Spaß daran zu beobachten, wie Rhys errötete.

      »Jaa.« Rhys' Blick fokussierte sich, wanderte nach oben, dann den Tisch entlang, bis zu der Stelle, wo Silas' Hand lag. Er legte selbst eine Hand auf den Tisch und ließ sie in Silas' gleiten. Warme Haut auf Haut, ein kleiner Strom Elementarenergie.

      Rhys' Herz hämmerte noch immer wild, doch die Anspannung war verschwunden. Silas drückte seine Hand sanft.

      Rhys räusperte sich. »Silas? Was machst du nur mit mir?«

      Er antwortete wahrheitsgemäß. »Nichts.«

      »Was machst du dann mit allen anderen?«

      Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Ich zeige ihnen lediglich das, was sie sehen wollen.«

      Rhys lachte. »Was bist du dann? Irgendeine Art Magier?«

      »Nein, kein Magier.« Er hob sein Glas und trank den letzten Rest seines Scotchs. Dann stellte er es wieder ab. »Ich gehöre zu den Fae.«

      Wieder einmal verspannte sich Rhys vor Schock. »Fae. Du meinst, so wie eine Fee?«

      »Na ja, ich habe keine Flügel. Und ich fliege auch nicht herum und ziehe eine Spur aus Feenstaub hinter mir her.« Silas streichelte mit seinem Daumen über Rhys' Handrücken. »Und ich bin nicht nur zwölf Zentimeter groß.«

      Rhys wurde blass. »Du meinst das ernst.«

      »Sehr.«

      Rhys öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Der Unglaube war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Zum Glück wurde ihnen das Essen gebracht, was Silas eine Pause von den ganzen Fragen bescherte.

      Er musste Rhys' Hand loslassen, um essen zu können. Das war eine Schande. Er vermisste den Hautkontakt. Allerdings war es besser, Rhys etwas Zeit zu lassen. Von Rhys' Verhalten, das er in der letzten Stunde beobachtet hatte, wusste er, dass Rhys solche Informationen erst einmal gedanklich verarbeiten musste.

      Sie unterhielten sich während des Essens nicht, bis Rhys wieder das Wort erhob. »Ähm, ich bin nicht irgendwie dein Diener für die nächsten sieben Jahre, oder?« Da war ein Stocken in seiner Stimme, das schwer zu deuten war. Vielleicht Sarkasmus.

      »Thomas the Rhymer. Du kennst also die klassischen Sagen.« Beeindruckend, auch wenn Silas ein Schaudern unterdrücken musste. Sieben Jahre an den Willen eines anderen gebunden zu sein? Das wünschte er niemandem. Er hatte es selbst erlebt, bei Weitem mehr als sieben Jahre lang.

      Silas spielte mit einer Garnele auf seinem Teller herum.

      Rhys hatte wieder Farbe im Gesicht und rote Flecken zierten seinen Hals.

      »Nein, ich kann dich meinem Willen nicht unterwerfen. Es gibt kein Feenreich, das jenseits eines Flusses aus Blut liegt, in das ich dich bringen kann. Ich gehöre genauso sehr zu dieser Welt wie du.«

      »Ich schätze, das ist gut. Ich bin nicht bereit, an magische Welten zu glauben, die neben dieser existieren.« Er schaute zu Silas auf. »Wie siehst du wirklich aus?«

      Da war wieder dieser Tonfall. Silas legte seine Gabel beiseite. »Du siehst mich so, wie ich wirklich bin. Du hast mich gefragt, warum sonst niemand auf mich reagiert? Für alle anderen sehe ich nicht so fesselnd aus.«

      Er verarbeitete das. »Also funktioniert das, was auch immer du tust, bei mir nicht.«

      »Es scheint so.«

      »Warum nicht?«

      Silas begutachtete Rhys. Oh, da war Misstrauen, vielleicht auch Wut. Und warum auch nicht? Gleichzeitig war da das schleichende Bewusstsein der Wahrheit, das tief in Rhys' Innerem schlummerte. »Das ist das, was ich herauszufinden versuche.«

      ***

      Er musste lügen. Rhys wiederholte diesen Satz wieder und wieder in seinem Kopf. Silas musste lügen, denn die Wahrheit war unmöglich. Fae? Glaubte Silas, dass er ein Idiot war? Spielte er mit dem Verstand des naiven, reichen Jungen, weil er daraus irgendein perverses Vergnügen zog? Damit war er zu weit gegangen.