Osterläuten. Friederike Schmöe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friederike Schmöe
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783839267783
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führte ihn ins Schlafzimmer. »An die linke Wand .«

      »Räum doch zuerst mal die Kartons beiseite.« Er machte sich an seinem Werkzeugkasten zu schaffen.

      Ich muss ihm mehr bezahlen, dachte Mia, während sie die Umzugskisten an die andere Wand schob. Er ist jetzt schon eine Stunde lang mit mir zugange. Und mit dem Schrank natürlich. Sie musste unwillkürlich grinsen. Es tat gut, eine Weile nicht an den Schädel zu denken. Aber gerade jetzt drängte sich das ganze Elend wieder in ihre Gedanken. Ob André noch bei der Polizei war? Jetzt rief sie ihn lieber nicht an, für den Fall, dass Eyrich noch nicht mit ihm fertig war.

      »Willst du was trinken?«, fragte Mia.

      »Ehrlich gesagt schon: Hast du ein Bier?«

      »Habe ich.« Sie ging in die Küche. Nur eine winzige Nische, in der kaum zwei Personen nebeneinander stehen konnten. Aber ihre Küche. Mit zwei Flaschen kam sie zurück.

      »Danke.« Er nahm einen tiefen Zug. »Schön kalt. Seit wann wohnst du hier?«

      Die Hinterwand des Schranks stand bereits.

      »Ein paar Monate.«

      »Wo hast du denn studiert?«

      »In München und Florenz.«

      »Nein, echt?«

      »Wirklich!« Mia lachte. »Wo sonst sollte man Kunstgeschichte studieren? Wenigstens zwei Semester Italien mussten sein.«

      Lars betrachtete ihr Gesicht einen Moment. Es kam ihr vor, als gefiele ihm, was er sah. Er lächelte. »Nee, da hast du echt recht.« Er stellte die Flasche ab. »Ich mache mal weiter.«

      Im Nu hatte er das Möbelstück montiert. Mia reichte ihm die Einlegeböden zu. Fast tat es ihr leid, dass sie so schnell fertig waren.

      »Warum bist du nicht in Italien geblieben? Da gibt es bestimmt eine Menge Arbeit für Kunsthistoriker.«

      »Dort ist auch nicht alles Gold, was glänzt.« Mia würde ihm nicht sagen, dass sie im Hinblick auf einen Job nie richtig in die Gänge gekommen war. Sie hätte mehr tun können: Kontakte ausnutzen, sich breiter bewerben.

      Hätte, hätte, Fahrradkette.

      »Kann ich mir vorstellen.« Er griff wieder zum Bier.

      Mias Handy klingelte. André.

      »Entschuldige, da muss ich ran.«

      »Klar.«

      »Hallo, André? Wie geht’s dir, ist alles in Ordnung?«

      Sie verließ das Schlafzimmer, wo Lars nun mit einem Lappen über die Einlegeböden fuhr und die Türen auf Leichtgängigkeit testete.

      »Verdammt, Mia, ich halte das nicht aus.«

      »Hat er dich in die Mangel genommen?«

      »Ich gelte denen nach wie vor als Verdächtiger Nummer eins.«

      Mia konnte Andrés Verzweiflung deutlich hören.

      »Das ist Unsinn. André, du hast ein bombensicheres Alibi.«

      »Vielleicht habe ich einen Killer angeheuert.«

      »Das ist doch nicht dein Ernst.«

      »Meiner nicht.«

      Mia ging ins Wohnzimmer, setzte sich an ihren Schreibtisch. Dort lag die zweite Zeichnung von Monika. Die mit Haaren, die ganz eindeutig Monika war.

      »Sie haben nicht den geringsten Hinweis dafür«, versuchte sie, André zu beruhigen.

      »Bisher nicht. Sie haben auch sonst nichts. Wo, bitte, soll Eyrich neue Zeugen hernehmen? Neue Beweise? Da ist nichts zu holen. Bloß: Irgendjemand hat Monika ermordet. Elf Jahre sind ins Land gegangen. Ich muss mich damit abfinden, dass ich nie erfahren werde, was wirklich passiert ist.« Er holte tief Luft. »Das werde ich nicht mehr los, Mia. Ich komme nicht klar. Alles bricht wieder auf.«

      Mir geht es genauso, dachte Mia müde. Mit dem Zeigefinger fuhr sie über die feinen Linien von Monikas Gesicht. Die Stupsnase, das spitzbübische Lächeln, die Ohrhänger.

      »Sollen wir uns treffen? Ich komme zu dir.«

      »Sei mir nicht böse, Mia. Ich muss eine Runde schlafen. Habe die halbe Nacht wach gelegen. Ich bin hundemüde.«

      »Wo bist du jetzt? Bist du inzwischen zu Hause?« Sie merkte selbst, wie kontrollierend sie sich ihm gegenüber verhielt.

      »Ich stehe vor der Polizeidirektion.«

      »Wir könnten uns in der Nähe treffen. Auf eine Pizza?«

      »Nicht jetzt.«

      »Du wirst doch nicht trinken, André?«

      Er legte auf.

      »Shit.« Mia ließ das Smartphone sinken.

      »Dein Freund?« Lars lehnte in der Tür, die Bierflasche lässig in der Hand.

      Wütend starrte sie ihn an. Was ging ihn das an?

      »Entschuldige. Ich wollte nur sagen, ich bin fertig.«

      »Danke. Was bin ich dir schuldig?« Die Frage fühlte sich falsch an. Eben noch hatte Mia seine Gesellschaft genossen, nun war sie sie leid.

      »Gib mir 25 für den Schrank. Er steht wie eine Eins. Ich habe ein bisschen was untergelegt. Der Boden ist nicht ganz gerade.«

      Mia nahm wortlos ihren Geldbeutel aus der Tasche.

      »Das war nicht mein Freund«, sagte sie leise.

      »Schon okay, es geht mich nichts an. Du hast keinen Freund.«

      Sie sah auf, drei Zehner in der Hand. »Wie kommst du …«

      »Du lebst allein, und es ist niemand da, der dir mit einem Schrank helfen könnte. Außerdem wirkst du einsam.«

      Mia stieß ein ärgerliches Lachen aus.

      Er hob die Hände in einer defensiven Geste. »Sorry. Ich …«

      »Kennst du diese Frau?« Mia hielt ihm die Zeichnung von Monika hin.

      Neugierig griff er danach. »Nie gesehen. Wer ist sie?«

      »Monika Böhme. Sie ist vor elf Jahren spurlos verschwunden. Vor Kurzem haben Waldarbeiter ihren Schädel in der Nähe des Ellertals gefunden.«

      »Du nimmst mich auf den Arm.«

      »Leider nicht.« Mia legte die Hand auf ihren Magen. Der Krampf ebbte ab, bevor er richtig begonnen hatte. »Sie ist ermordet worden.«

      Lars schluckte. »Wer ist sie? Deine Schwester?« Er legte das Blatt auf den Schreibtisch.

      »Wieso denkst du das?«

      »Also, nicht, dass ihr euch ähnlich seht …«

      »Aber?«

      »Da ist so ein Ausdruck. In deinem Gesicht. Und in ihrem hier auch. Was Hintergründiges. Schwer zu greifen. Ich kenne dich ja erst seit ein paar Stunden.«

      »Monika war meine Freundin. Die beste, die ich je hatte. Als sie starb, war sie 34. Verflucht jung, oder?« Mia blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten. »André, der eben angerufen hat … er ist ihr Mann. War ihr Mann. Die beiden haben sich wirklich geliebt. Ein Traumpaar. Die Polizei sagt, es sei nicht mehr nachzuvollziehen, ob der Schädel nach ihrem Tod vom Körper getrennt oder ob sie sozusagen geköpft wurde.«

      »Ach du Scheiße!« Lars setzte sich aufs Sofa.

      »Kann man wohl sagen.«

      »André ist damals zusammengebrochen. Er hat zu trinken angefangen, sein Restaurant aufgegeben.«

      Ihr Handy gab Laut. Sie ignorierte die Nachricht.

      »Zum Glück kam er weg vom Alkohol. Ich habe Angst, dass er rückfällig wird. Die Polizei hat keine neue Spur. Die haben mich heute wieder befragt. Sie