Die Nordflanke des Platzes säumt ein großes klassizistisches Gebäude, das Wismarer Rathaus. Es wurde 1819 fertiggestellt, nachdem das alte Rathaus an gleicher Stelle teilweise eingestürzt war. Erhalten blieb der Keller mit dem gelb-rot verzierten gotischen Kreuzrippengewölbe, in dem sich heute die Dauerausstellung Wismar - Bilder einer Stadt befindet. Zu sehen sind Darstellungen zur Stadtentwicklung seit frühester Zeit, darunter auch ein altes Stadtmodell, dazu archäologische Funde, historische Dokumente, alte Schiffsmodelle und andere Exponate aus der Blütezeit der Hanse, außerdem Filme zur Stadtentwicklung. Besonders sehenswert sind Reste der Wandmalereien, die illustrieren, dass der Ratskeller einst auch als Weinkeller diente: hier wird mächtig gezecht.
♦ Die Ausstellung Wismar - Bilder einer Stadt im historischen Ratskeller ist Di-Sa 10-16 Uhr geöffnet, Eintritt frei. Etwas versteckter Eingang rechts neben dem Rathaus die Treppe hinunter. Am Markt 1.
Gotisches Viertel
Das Gasthaus namens „Alter Schwede“ am Markt
Westlich des Marktplatzes liegt das gotische Viertel, dessen historische Gebäude durch die alliierten Luftangriffe in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs zwar starken Schaden nahmen, teilweise aber erhalten werden konnten, so z. B. das Archidiakonat am Kirchhof. Das ehemalige Wohnhaus des Archidiakons, erbaut um 1450 im Stil der Norddeutschen Backsteingotik, war bereits im 19. Jh. saniert und neugotisch umgestaltet worden und wurde nach seiner Zerstörung unter großem Aufwand Anfang der 1960er Jahre wieder aufgebaut.
Nur der Turm steht noch von St. Marien
Die Kirche St. Marien wurde, gegen alle Widerstände der Bevölkerung, im August 1960 gesprengt. Nur der mächtige, 81 Meter hohe Turm blieb erhalten, er wurde in den 1990er Jahren mit nicht geringem Aufwand restauriert. In den noch erhaltenen Vorhallen des Turms erinnern Ausstellungen und ein 3-D-Film an die ehrwürdige Kirche und veranschaulichen ihre Entstehung. Von den interessanten Turmführungen (samt grandioser Aussicht) zeigten sich auch Leser beeindruckt. Hinter dem Turm vermitteln die Fundamentreste einen Eindruck von den Ausmaßen des Gotteshauses.
♦ Der St.-Marien-Turm ist April bis Sept. tägl. 9-18 Uhr, in den Wintermonaten 10-16 Uhr geöffnet. Turmführungen (3 €, erm. 2 €) April bis Sept. tägl. 10-16 Uhr jeweils zur vollen Std., im Winter auf Anfrage (Tourist-Information). 3D-Film ebenfalls 3 €, erm. 2 €, die Ausstellungen dürfen umsonst besucht werden, eine Spende ist jedoch erwünscht.
Auch die Kirche St. Georgen wurde in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs erheblich beschädigt. Doch statt in die Luft gesprengt zu werden, verfiel sie. Wo Gottesdienste stattfinden sollten, wuchs eine wilde Wiese. Die Versuche Wismarer Bürger, St. Georgen zu retten, scheiterten an Material- und Geldmangel. Nach 1990 wurde die verwahrloste Ruine unter enormem Aufwand Stück für Stück saniert und konnte 2010 wiedereröffnet werden.
St. Georgen erinnert in ihrer Wuchtigkeit an die Marienkirche in Rostock, wirkt aber aufgrund des Fehlens eines hoch aufragenden Turms gleichsam gedrungen. Die komplizierte Baugeschichte des Gotteshauses begann in der Mitte des 13. Jh. Gerade eine Generation später wurde bereits der erste Um- bzw. Ausbau in Angriff genommen, mit derart ambitionierten Plänen, dass sich die Arbeiten gut 200 Jahre hinziehen sollten und dennoch nicht fertig wurden. Letztlich entstanden ist eine bis zu 42 Meter hohe, ebenso breite und 76 Meter lange Kirche mit gewaltigen Querschiffen und einem ungewöhnlichen Chor. Denn anstelle des üblichen halbrunden Chorumgangs wurde der alte, flache Chor beibehalten (hier befindet sich auch der Eingang). Das Fehlen jeglicher Innenausstattung verstärkt den imposanten Raumeindruck der Georgenkirche. Was von der Inneneinrichtung (Triumphkreuz, Tafelaltar) erhalten ist, befindet sich in der Nikolaikirche - und wird dort auch bleiben, denn St. Georgen dient als Konzertkirche (die zu diesem Zweck installierte Fußbodenheizung könnte Temperaturschwankungen auslösen, die den gotischen Kunstwerken schaden). Vielleicht finden in der Kirche zukünftig auch wieder Orgelkonzerte statt, ein Förderkreis (www.georgenkirche.de) sammelt Spenden für eine Orgel.
Auf dem Stumpf des Turmes (er wurde nie vollendet) befindet sich in 35 Metern Höhe eine Aussichtsplattform. Ein Aufzug bringt Sie hinauf, der Blick von oben auf den Ziegeldachteppich Wismars und die Häfen ist beeindruckend.
♦ St. Georgen: April bis Sept. tägl. 10-18 Uhr, Okt. bis März 10-16 Uhr. Eintritt für den Aufzug und die Plattform 3 €, erm. 2 €, www.kirchen-in-wismar.de. Infos über die in St. Georgen veranstalteten Konzerte (u. a. gastieren hier regelmäßig das Kammerorchester, die Radiophilharmonie und das Sinfonieorchester des NDR) erhält man in der Touristinformation oder unter www.wismar.de.
Das prachtvolle Portal des Fürstenhofs
Zwischen der Marienkirche und der Georgenkirche wurde Mitte des 16. Jh. der Fürstenhof neu errichtet. Anlässlich seiner Hochzeit ließ Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg (1525-1576) an das bestehende ältere Gebäude im spätgotischen Stil (Altes Haus) diesen Stadt-Palazzo (Neues Haus) anbauen und brachte damit ein Stück italienische Renaissance an die Ostsee. Das dreistöckige Gebäude ist durch detailfreudige Friese aus Kalkstein und Terrakotta gegliedert. An der Straßenseite dominieren Szenen aus dem Trojanischen Krieg, zum Hof hin ist das Gleichnis vom verlorenen Sohn dargestellt. Aufwändig gestaltet zeigen sich auch die Portale der Hofdurchfahrt. Heute befindet sich das Amtsgericht im Fürstenhof.
Richtung Hafen kann man an der Lübschen Straße 31 ein Stück mittelalterlicher Sozialgeschichte besichtigen. Mitte des 13. Jh. wurde in Wismar ein Armen- und Krankenhaus, das Heiligen-Geist-Hospital, eingerichtet. Dazu entstand später eine schlichte gotische Saalkirche, die Heiligen-Geist-Kirche, an die kurze Zeit später das „Lange Haus“ angeschlossen wurde. Dieses auch „Siechenhaus“ genannte Gebäude war zur Kirche hin offen, sodass die Bettlägerigen den Gottesdienst verfolgen konnten. Ein bemerkenswertes Ausstattungsdetail erhielt die Kirche, nachdem 1699 die gotische Gewölbedecke infolge der Explosion nahe gelegener Pulvertürme eingestürzt war. Anstatt das Kreuzrippengewölbe wieder aufzubauen, wurde eine einfache Holzdecke eingezogen, farbenprächtig mit Ornamenten und Bibelszenen aus dem Ersten Buch Moses verziert. Sehenswert ist auch das gotische Glasfenster, das zwölf Szenen aus den Evangelien und verschiedene Heilige zeigt. Ein bemerkenswertes Fresko befindet sich im Altarraum rechter Hand: das Buchstabenfeld Deo Gracias (Gott sei’s gedankt) aus dem frühen 14. Jh. Ausgehend vom zentralen (und einzigen!) D lassen sich die Worte Deo Gracias - rauf und runter, rechts und links herum und beliebig abknickend