Ein Kinderspiel. Mila Roth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mila Roth
Издательство: Bookwire
Серия: Spionin wider Willen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783967110333
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Beetle, ganz zweifellos, und dahinter eine der schwarzen Limousinen. Sie war nahe genug, dass Janna das Kölner Kennzeichen erkennen konnte. Zufall?

      Das erschien ihr immer unwahrscheinlicher, als auch noch der Motorradfahrer hinter ihr auftauchte. Zumindest glaubte sie, dass es derselbe war wie auf dem Rastplatz. Den blauen Helm und die ebenfalls blaue Montur des Fahrers erkannte sie sofort wieder.

      Erschrocken biss sie sich auf die Unterlippe. Was sollte sie jetzt tun? Fahrig nahm sie ihr Handy und klemmte es mit leicht zitternden Fingern in die Halterung der Freisprecheinrichtung. Dann wählte sie die Nummer des Instituts.

      »Institut für Europäische Meinungsforschung, Birkner am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«

      Janna atmete auf. »Guten Tag, Frau Birkner, hier ist Janna Berg. Das Passwort ist, äh ...« Sie stockte kurz und hatte für einen Moment das Kennwort vergessen. »Brillenputztuch.« Sie atmete tief durch. »Ich muss dringend mit Herrn Bernstein sprechen.«

      »Einen Augenblick, Frau Berg, ich verbinde Sie.«

      Es erklang ein Knacken und dann Warteschleifenmusik. Eine jazzige Version von Fools Gardens Lemon Tree. Manchmal wunderte sich Janna, woher das Institut diese Musik wohl nahm. Sie wechselte ständig je nach Jahres- und manchmal auch Uhrzeit.

      Es dauert nur Sekunden, bis die Stimme des Abteilungsleiters sich meldete. »Janna? Gibt es ein Problem? Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«

      »Äh, ja, hallo Herr Bernstein. Ich weiß nicht, ob alles in Ordnung ist.« Sie warf immer wieder Blicke in den Rückspiegel. Das Motorrad klebte mittlerweile ganz dicht an ihr, Beetle und Limousine waren etwas zurückgefallen, aber nach wie vor in Sichtweite. »Ich habe die Papiertüte an mich genommen, so wie vereinbart, aber jetzt werde ich, glaube ich, verfolgt. Der Kurier hat mich schon so komisch angeschaut und Zeichen gemacht, dass etwas nicht stimmt, und ich glaube, er hat etwas von Gefahr gesagt. Also nicht laut, sondern mit den Lippen geformt, in meine Richtung. Wir haben ja nicht miteinander gesprochen, sondern ich saß im Auto und er war draußen und hat die Tüte abgestellt und ist dann zu seinem Lieferwagen zurückgegangen. Dann war er weg und es kamen mehrere Autos auf den Rastplatz. Ein älteres Ehepaar in einem grünen VW Beetle, die haben sich aber dauernd gestritten und dabei gegessen, und ich dachte nicht, dass sie gefährlich sein könnten. Aber dann kamen auch noch ein Motorrad und zwei schwarze Autos und ein grauer Van ...«

      »Janna, immer mit der Ruhe! Sprechen Sie bitte langsamer, sonst verstehe ich kein Wort.«

      »Oh, entschuldigen Sie bitte.« Mit einiger Mühe versuchte Janna, sich zu bremsen, und zupfte nervös an einer ihrer kupferroten Locken herum. »Ich rede wie ein Wasserfall. Das passiert mir, wenn ich nervös bin oder Angst habe. Tut mir wirklich leid. Markus habe ich damit schon oft beinahe um den Verstand gebracht.«

      »Schon gut, Janna. Jetzt noch einmal ganz in Ruhe. Wer verfolgt Sie und wo befinden Sie sich im Moment?«

      »Ich bin auf der A1 in Richtung Euskirchen und hinter mir ist das Motorrad vom Rastplatz, der VW Beetle und eine der schwarzen Limousinen. Sie hat ein Kölner Kennzeichen und das vom Beetle ist«, sie blickte erneut in den Rückspiegel, »aus Bonn. Das ist seltsam. Die beiden älteren Leute hatten jede Menge Proviant dabei, und es sah so aus, als wären sie auf den Rastplatz gefahren, um Pause auf einer längeren Fahrt zu machen. Aber wenn sie aus Bonn kommen, sind sie ja wohl noch nicht lange unterwegs. Außer sie kommen von irgendwo und sind auf dem Heimweg, aber dann müssten sie doch so kurz vor dem Ziel keine Rast mehr einlegen, oder?«

      »Gut beobachtet, Janna. Sie glauben also, dass das Motorrad und die beiden Autos sie verfolgen?«

      »Ja. Oder ... ich weiß nicht. Das Motorrad klebt ganz schön dicht an mir dran.«

      »Fahren Sie an der nächsten Abfahrt von der Autobahn herunter und warten Sie ab, ob ihnen tatsächlich jemand folgt.«

      »Okay.« Da die Abfahrt Euskirchen in diesem Moment in Sichtweite kam, setzte Janna den Blinker und verließ die Autobahn.

      Mit unendlicher Erleichterung beobachtete sie im Rückspiegel, wie der Motorradfahrer Gas gab und mit Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn davonschoss. »Das Motorrad ist weg, Herr Bernstein.«

      »Gut. Ist eines der anderen verdächtigen Fahrzeuge noch hinter Ihnen?«

      »Ich weiß noch nicht, hier ist viel Verkehr.« Sie fuhr am Lidl vorbei in Richtung Stadtmitte und musste schließlich an einer großen Kreuzung halten. Ein Stück weit hinter sich erkannte sie die schwarze Limousine, den Beetle und ... war das etwa auch der graue Van? »Ich glaube, es sind drei Autos. Das schwarze mit der Kölner Nummer, der Beetle und noch ein grauer Van. Den hatte ich aber auf der Autobahn nicht gesehen. Vielleicht ist es also auch ein anderer als der vom Rastplatz.« Sie versuchte sich durch tiefes Ein- und Ausatmen zu beruhigen. »Was soll ich denn jetzt machen?« Sie runzelte die Stirn. »Herr Bernstein? Hallo? Sind Sie noch dran?«

      Es knackte und rauschte in der Leitung, dann piepste es und schließlich erklang das Besetztzeichen.

      »Mist.« Mit zitternden Fingern wählte sie erneut die Nummer des Instituts. Diesmal dauerte es deutlich länger, bis der Anruf entgegengenommen wurde.

      »Guten Tag. Sie sind mit dem Institut für Europäische Meinungsforschung verbunden. Leider sind im Augenblick alle Leitungen besetzt. Bitte haben Sie einen Moment Geduld oder versuchen Sie es in ein paar Minuten erneut. Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten.« Auf die Ansage der Computerstimme folgte die Warteschleifenmusik von zuvor.

      »Was soll das denn jetzt?« Leicht verzweifelt unterbrach Janna das Gespräch und wählte noch einmal, jedoch kam die gleiche Ansage erneut.

      »Bitte gehen Sie dran, Frau Birkner!« Sie hatte noch nie erlebt, dass die Leitung zum Institut besetzt war.

      Inzwischen war sie nach links auf die B266 in Richtung Rheinbach abgebogen, ebenso wie der Beetle, die schwarze Limousine und der Van. Letzterer bog jedoch gleich darauf in eine Seitenstraße ab. Sie atmete auf. Es waren also nur noch zwei Verfolger.

      Zwei Verfolger! Und sie bekam im Institut niemanden an den Apparat. Leider besaß sie auch nicht die Handynummer von Walter Bernstein oder einem der anderen Agenten. Und Markus war noch in Russland. Ihn anzurufen verbot sich selbstverständlich. Außerdem hätte er ihr auf die Entfernung ja doch nicht helfen können.

      Sie ließ die Warteschleifenmusik über sich ergehen und hoffte, dass die Leitung irgendwann wieder frei sein würde. Während sie durch Euskirchen fuhr, überlegte sie fieberhaft, was sie jetzt tun sollte. Am besten fand sie wohl erst einmal heraus, ob die beiden Autos sie tatsächlich verfolgten oder doch nur zufällig den gleichen Weg eingeschlagen hatten. Also bog sie bei nächster Gelegenheit rechts ab, dann wieder rechts und fuhr kreuz und quer durch Euskirchen.

      Nach kurzer Zeit verlor sie die Limousine aus den Augen, den Beetle jedoch nicht. Er hatte sich zurückfallen lassen, doch er folgte ihr ganz eindeutig.

      Ob sie es schaffen würde, das Paar abzuhängen? Warum folgten die beiden ihr überhaupt? Waren das etwa auch Agenten, und falls ja, für wen arbeiteten sie? Sie hatte keinen Schimmer, was für Informationen sich in der Papiertüte befanden. Es war ihr auch nicht erlaubt, sie näher anzusehen. Sie hatte lediglich den Auftrag, sie heil ins Institut zu bringen.

      Bei ihrem nächsten Blick in den Rückspiegel stellte sie fest, dass der Beetle wieder nähergekommen war. Also bog sie entschlossen wieder auf die B266 ab und gab etwas mehr Gas. Der Wagen blieb hinter ihr und sie erschrak, als wenige Augenblicke später die schwarze Limousine aus einer Seitenstraße hinter ihr einscherte. Offenbar hatte der Fahrer nur auf sie gewartet. Nein, es waren sogar zwei Männer, wie sie jetzt, da das Auto so dicht hinter ihr fuhr, erkennen konnte. Zwei Männer mit dunklen Sonnenbrillen, was bei dem eher diesigen Wetter heute extrem auffällig wirkte.

      Ihr Herzschlag wollte sich gar nicht mehr beruhigen, doch sie zwang sich, den Blick auf den Verkehr vor ihr zu richten. Sie musste die Verfolger irgendwie loswerden. Wer wusste schon, was die vorhatten? Womöglich waren sie sogar bewaffnet und würden sie zum Anhalten zwingen oder auf ihr Auto schießen. Nicht hier in der Stadt, das glaubte sie weniger, aber auf der Landstraße?