Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: Feuerjäger
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691506
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ist.«

      Sie wollte die Tür wieder schließen, aber Krona hatte schon ihren Fuß in den Spalt gestellt.

      »Und wie Ihr geöffnet habt. Zumindest für mich.«

      Unsicherheit malte sich auf den Zügen der Bäckerin. Krona ergriff die Gelegenheit, legte ihre Schulter an die Tür und schob sie mit einem Ruck auf. An der eingeschüchterten Bäckersfrau vorbei betrat sie den Verkaufsraum, der ihr in diesem Augenblick erschien wie das Paradies: angefüllt von goldenem Licht und der Wärme eines Feuers, die Luft voller verführerischer Düfte.

      »Wunderbar«, sagte sie zufrieden. »Rieche ich da nicht Schwarztee? Ihr könnt mir gerne etwas davon abgeben. Und spart nicht mit dem Zucker.« Sie befreite sich von ihrem schweren Rucksack und stellte ihn mitten im Durchgang ab.

      »Aber ...« Die Bäckerin stand wie festgewachsen, die Klinke in der Hand.

      »Macht Euch keine Umstände wegen mir«, sagte Krona, umrundete den Verkaufstisch und betrachtete die ausgebreiteten Leckereien. »Ich werde mich inzwischen selbst bedienen.«

      »Das ist Diebstahl«, brachte die Bäckersfrau hervor.

      »Quatsch. Es ist ein Frühstück. Diebstahl ist es erst, wenn ich gehe, ohne zu bezahlen – dann könnt Ihr Euch aufregen. Was soll das sein?« Sie fasste mit zwei Fingern ein mit Honig übergossenes Gebäckstück und hielt es hoch. »Ein Apfelkrapfen? Und schließt endlich die Tür, oder wollt Ihr die Straße heizen?«

      »Ich werde die Stadtwache rufen«, drohte die Bäckersfrau, die sich offenbar vom ersten Schreck erholt hatte. »Ihr habt mich überfallen und bedroht. Sie werden Euch einsperren! Hier herrschen Recht und Ordnung, wenn Ihr das noch nicht gemerkt habt!«

      »Aha! Und warum wohl?« Krona ließ den Apfelkrapfen achtlos auf den Boden fallen, wo er unter den Verkaufstisch rollte und im dort ausgebreiteten Stroh, das augenblicklich an dem Gebäckstück festklebte, liegen blieb. »Warum herrschen wohl Recht und Ordnung in dieser fabelhaften Stadt und nicht, sagen wir, das Faustrecht eines dicken, stinkenden, mit Knochen behängten Clanführers? Der Euch einfach mal so Eure speckige Hand abhackt, wenn Eure Brötchen ihm nicht schmecken? Warum dürft Ihr alle Euch frei bewegen und Euer Gold horten, anstatt in den Steinbrüchen zu schuften? Soll ich Euch das mal erklären?«

      Das Kinn der Bäckerin zitterte. Krona nahm das als Zustimmung.

      »Weil wir sie nicht in die Ebenen gelassen haben, Schätzchen. All die Schrate und Trolle und Riesen, die nicht länger auf ihren Felsen hocken wollten, sondern scharf auf Euer fruchtbares Land waren. Wir – eine ganze Armee von tapferen Soldaten, wir haben uns die Ärsche aufgerissen, um die Kreaturen in ihren Löchern zu halten, ganz oben im Gebirge, wo sie Euch nicht stören!«

      Sie kam hinter dem Verkaufstisch hervor und näherte sich mit hartem Schritt der Bäckerin, die sich erschreckt gegen die Wand drückte.

      »Könnt Ihr Euch vorstellen, was es heißt, im Winter Krieg zu führen? Bis zum Knie im Dreck? Sich die Finger abzufrieren, und nicht zu wissen, wird der nächste Schrat dich erledigen oder der nächste Schneesturm? Ich war dort, Teuerste, bis zum bitteren Ende, ich habe mein Blut dort gelassen und habe Freunde sterben sehen, was sage ich, verrecken sehen, in den Schneelöchern, die wir unseren Stützpunkt nannten! Und jetzt kommt Ihr daher mit Eurem fetten Arsch und wollt mir vorschreiben, wann ich mein Brötchen essen soll? Wir wär’s? Lassen wir sie beim nächsten Mal doch einfach runter in die Ebenen, und dann gute Nacht, Halmesholm!«

      Sie holte tief Luft. Sie merkte, sie hatte sich in Eifer geredet, mehr als ursprünglich beabsichtigt, doch es tat gut. Sie wollte gerade aufs Neue ansetzen, als ein unerwartetes Geräusch sie herumfahren ließ.

      Jemand klatschte Beifall. In der offenen Tür stand ein Mann, hochgewachsen, schlank und in die Farben des Waldes gekleidet. Glattes schwarzes Haar fiel ihm über die Schultern. Ein leichter Stoppelbart legte einen Schatten auf sein Kinn. An der Seite trug er ein schmuckloses Schwert und über dem Rücken einen langen Bogen.

      »Welch flammende Rede«, sagte er und lächelte, Krona konnte auf den ersten Blick nicht entscheiden, ob freundlich oder spöttisch. »Was ist denn der Grund für diesen frühmorgendlichen Aufruhr?«

      »Und wer seid Ihr, dass es Euch etwas angeht?«, fauchte Krona, die so schnell ihre Ruhe nicht wiederfand.

      »Nur ein Wanderer auf der Suche nach einem warmen, trockenen Ort für ein Frühstück.«

      »Wir reden hier gerade über Frühstück«, erklärte Krona etwas besänftigt. »Unter anderem.«

      Die Bäckersfrau sah zwischen den beiden düsteren Eindringlingen hin und her.

      »Ich ... ich werde dann Euren Tee holen ... das heißt, wenn Ihr noch welchen möchtet ...«, schlug sie mit schwacher Stimme vor. Krona, die sie immer noch zwischen sich und der Wand quasi eingeklemmt hatte, trat einen Schritt zurück.

      »Es macht Euch doch sicher keine Umstände, eine zweite Tasse zu bringen, oder?«, fragte der Fremde höflich. »Eine gute, starke Tasse Tee ist genau das Richtige nach einer so regnerischen Nacht.«

      Die Bäckerin sah gehetzt zu Krona hinauf.

      »Ihr habt es gehört«, sagte die. »Tee für mich und meinen Freund hier.«

      Fluchtartig verschwand die Bäckersfrau nach hinten in einem Nebenraum.

      Hochzufrieden setzte Krona sich auf den Verkaufstisch, nahm sich einen Apfelkrapfen aus dem Korb und begann, mit den Beinen baumelnd, zu essen.

      Der Fremde ließ seinen Rucksack von den Schultern gleiten und zog sich einen Hocker heran, der zu niedrig für seine langen Beine war. Von unten herauf musterte er Krona eingehend. Das Lampenlicht legte einen gelblichen Schein auf seine Augen, was ihm ein irritierendes Aussehen verlieh.

      »So, so – Ihr habt also im Winterkrieg gekämpft.«

      »Ich war Offizier im Rang eines Hauptmanns«, sagte Krona mit vollem Mund. »Ich kommandierte eine Kompanie von hundertfünfzig Mann.«

      Der Fremde nickte anerkennend. »Er muss hart gewesen sein ... der Winterkrieg.«

      »Jeder Krieg war hart. Das liegt in der Natur der Sache.«

      »Aber nun habt Ihr dem Kriegshandwerk den Rücken gekehrt?«

      »Wollt Ihr reden oder frühstücken?« Krona griff sich ein noch warmes Brötchen und warf es ihm zu. Er fing es geschickt und roch daran, bevor er hineinbiss.

      »Und wer seid Ihr?«, fragte sie nach einer Weile, in der sie beide einträchtig frühstückten. »Habt Ihr einen Namen?«

      »Ihr mögt mich Fenrir nennen«, sagte der Fremde. Krona lachte. »So, na dann mögt Ihr mich Krona Karagin nennen, denn einen anderen Namen habe ich nicht. Und woher kommt Ihr? Ich nehme an, Ihr seid in dieser Stadt so fremd wie ich.«

      »Ich bin fremd in jeder Stadt. Ich halte mich fern von Städten, wann immer es geht. Ich bin nur hier, um meine Ausrüstung zu ergänzen.«

      »Menschenscheu?«

      »Gelegentlich.«

      »Wo bleibt der verfluchte Tee? Meridias nackter Arsch, sie wird es bereuen, wenn ich ihn mir selber holen muss!«

      Nur Augenblicke später erschien die völlig eingeschüchterte Bäckerin mit zwei Tonbechern und einer Kanne, aus der es dampfte.

      »Danke schön«, sagte Krona liebenswürdig. »Stellt es hier ab. Sehr aufmerksam von Euch.«

      Sie klopfte neben sich auf den Tisch, und die Bäckerin tat, wie ihr geheißen, und flüchtete in die hinteren Räume.

      »Ich sehe, Ihr habt Euren Spaß«, sagte Fenrir mit einem Lächeln, das sein bisher so ernstes Gesicht auf eine überraschend gewinnende Art aufhellte.

      »Ja.« Krona erwiderte das Lächeln sehr vergnügt. »Macht mir wirklich gute Laune, so etwas.«

      Sie tranken Tee, aßen von dem noch warmen Gebäck und lächelten sich hin und wieder über