Ausgangspunkt der interdisziplinären Untersuchung ist die Wirtschaftlichkeitsberechnung des Modells in Kapitel 4. Die Ergebnisse aus Kapitel 3 bilden hierfür die Basis. Innerhalb dieses Kapitels erfolgt eine ausführliche Erläuterung der Untersuchungsmethode, der Ergebnisse und der Untersuchungsvarianten. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung werden alle am Modell beteiligten Stakeholder einbezogen. Für diese müssen die unterschiedlichen Ziele und Rahmenbedingungen in der Berechnung kalkuliert und kombiniert werden. Da Investitionsentscheidungen mit Risiken verbunden sind, werden diese abschließend untersucht.
Als zweite Säule der Untersuchung wird in Kapitel 5 die soziale Akzeptanz fokussiert. Nach einer Beschreibung des methodischen Vorgehens sollen in diesem Abschnitt die Ergebnisse einer qualitativen empirischen Untersuchung dargestellt und entsprechende Schlussfolgerungen für das Gesamtsystem gezogen werden. Die Akzeptanzuntersuchung wird auf Grund des Umfangs der Arbeit und auf Basis der geringen Datenlage auf eine qualitative Expertenbefragung beschränkt. Dafür wurden Interviews mit Personen aus der Führungsebene von Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften geführt. Es wurden Gebäudeeigentümer von Mehrfamilienhäusern in unterschiedlichen geografischen Siedlungsstrukturen befragt.
In Kapitel 6 wird die ganzheitliche Untersuchung durch den Ausblick auf eine Ökobilanz des saisonalen Wärmespeichers ergänzt. Hierfür wird das methodische Vorgehen von anerkannten Verfahren hinsichtlich der Kompatibilität auf das System überprüft und weiterentwickelt. Anhand der CO2-Bilanz eines Wärmespeichers wird die Wirkung der Ökobilanz beispielhaft aufgezeigt. Darüber hinaus lassen sich Synergien zwischen der Wirtschaftlichkeits- und der Akzeptanzuntersuchung aufzeigen.
Abschließend werden die Ergebnisse in Kapitel 7 zusammengeführt und bewertet. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick für das Untersuchungsfeld.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Politische Rahmenbedingungen der Energiewende
Für die Durchführung der Energiewende1 sind verschiedene politische Instrumentarien wie Richtlinien, Verordnungen, Gesetze sowie Förder- und Marktanreizprogramme vereinbart worden. Diese Regelungen finden sich auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene. Sie sind weiter in regionale und kommunale Ziele aufgeteilt.2 Diese stehen im Spannungsfeld verschiedener Interessen, so dass deren Festsetzung und Umsetzung schwierig sind.3
Aus der historischen Betrachtung der energiepolitischen Entwicklungen bestimmen drei Faktoren die Aktivitäten im energiepolitischen Umfeld Europas: „erstens auf externen Schocks wie der Suezkanalkrise 1956 oder dem Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine im Dezember 2005 und im Winter 2008/09, die die Union zum Handeln zwingen; zweitens auf dem Willen der Mitgliedstaaten, für transparente Preisgestaltung und Wettbewerb im Energiebereich durch Deregulierung und Liberalisierung zu sorgen; und drittens auf der Geschicklichkeit der Europäischen Kommission, Initiativen zum richtigen Zeitpunkt zu lancieren.“4
2.1.1 Internationale politische Instrumente
Eine einheitliche Energiepolitik1 bedarf internationaler und europäischer Regelungen zum Schutz des Klimas. Die Entwicklung dieser gestaltet sich auf Grund der unterschiedlichen Ziel- und Interessenlagen schwierig.
Der Grundgedanke der internationalen Energiepolitik war zunächst die Schaffung eines europäischen Energiebinnenmarkts. Die große Importabhängigkeit war durch die stark steigenden Ölpreise bedingt durch die Ölkrise in den 1970er Jahren in den Fokus der EU-Kommission gerückt.2 Die Umsetzung eines solchen einheitlichen europäischen Energiemarktes wurde durch die unterschiedlichen Interessen der europäischen Mitgliedstaaten verzögert.3 Letztendlich gaben die politischen Rahmenbedingungen der Jahre um 1990, wie die deutsche Wiedervereinigung, der Zusammenbruch der Sowjetunion und der Beginn des ersten Irankriegs,4 den Ausschlag für die Energiecharta, welche 1990 in Dublin ausgearbeitet und 1991 von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), den EFTA-Staaten, Japan und den USA unterzeichnet wurde.5
Die nukleare Katastrophe im Jahr 1986 im Kernkraftwerk in Tschernobyl trug zu einer verstärkten Diskussion bei, welche neben der Energiepolitik auch den Klimaschutz in den Fokus rückte.6 Die erste Klimarahmenkonvention im Jahr 1992 in Rio de Janeiro thematisierte dies. Damit wurde ein gemeinsamer internationaler Rahmen für klimapolitische Standards, wie zum Beispiel die Stabilisierung von Treibhausgasemissionen,7 geschaffen.
Diese Verpflichtungen wurden weiterführend im Kyoto-Protokoll im Jahr 1997 ausgearbeitet. Die Mitgliedsstaaten der EU und weitere Staaten verpflichteten sich dabei, die Treibhausgasemissionen zwischen 2008 bis 2012 im Vergleich zum Jahr 1990 um 8 % zu reduzieren.8 Hinzu kamen weitere Ziele für die Erhöhung der Anteile an erneuerbaren Energien und der Steigerung der Energieeffizienz.9 Das Kyoto-Protokoll wird auf Grundlage seiner internationalen Anerkennung und der vereinbarten Ziele als Meilenstein der internationalen Klimaschutzpolitik gesehen.10
In den folgenden Jahren wuchsen die Schwierigkeiten in der Europäischen Union, sich auf eine gemeinsame Klimapolitik zu einigen. Davon zeugt auch der Vertrag von Nizza aus dem Jahr 2003, welcher keine neuen Impulse setzte.11 Ab dem Jahr 2005 gab es Ansätze für die Einführung des Emissionshandels in der EU.12 Zwei Jahre später konnten diese gemeinschaftlichen Bestrebungen für einen gemeinsamen Energiemarkt in der EU durch den Vertrag von Lissabon bestätigt und ausgebaut werden. Die Verknüpfung der Energienetze und der Energiepolitik bedeutete einen entscheidenden Fortschritt.13 Fortführend muss auf den Beschluss des EU-Rates vom März 2007 hingewiesen werden, welcher das sogenannte „20-20-20-Ziel“14 beinhaltet.15 „Das inhaltliche Hauptziel besteht darin, zum Jahr 2020 die Treibhausgasemissionen um 20 Prozent gegenüber dem Bezugsjahr 1990 zu senken, den Anteil der erneuerbaren Energien am Energieendverbrauch auf 20 Prozent zu erhöhen und die Energieeffizienz um 20 Prozent zu steigern.“16 Dieser Beschluss kann als Fortführung des Kyoto-Protokolls auf EU-Ebene gesehen werden.17
Auf der Weltklimakonferenz 2011 in Cancún wurde eine Begrenzung des weltweiten Temperaturanstieges auf 2 °C politisch angestrebt, um die Auswirkungen des Klimawandels auf einen verträglichen Rahmen zu begrenzen. Dies würde eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 80 % bis 90 % pro Kopf im Vergleich zum Jahr 1990 bedeuten. Für Industrie- und Schwellenländer können sich durch die ambitionierten Ziele Schwierigkeiten hinsichtlich des wirtschaftlichen Wachstums ergeben. Vor diesem Hintergrund wird das „2 °C – Ziel“ immer wieder kritisch beurteilt.18
Die Weltklimakonferenzen finden jährlich statt, um wie auf der Klimarahmenkonvention vereinbart gemeinsam die Ziele voranzutreiben und dessen Erreichung zu überprüfen.19 Im Rahmen dessen konnte auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris ein neues Klimaschutzabkommen erarbeitet werden. Dieses sieht eine völkerrechtliche Verpflichtung aller Staaten zu nationalem Klimaschutz vor. Die Reduktion der Erderwärmung auf mindestens 2 °C wurde bestätigt und auf 1,5 °C verschärft. Gleichzeitig sollen Maßnahmen für die Dekarbonisierung der Wirtschaft ergriffen werden. Im Sinne dessen muss der Klimaschutz flexibilisiert werden.20
2.1.2 Nationale politische Instrumente
Auf nationaler Ebene begann die Energiepolitik in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) bedeutend früher als im internationalen Raum. Ab den 1970er Jahren rückten die Themen der Energie- und Umweltpolitik verstärkt in den Vordergrund.1 1971 wurde das erste Umweltprogramm beschlossen, welches drei Kernpunkte beinhaltet:2
1 Das Verursacherprinzip: Dem Verursacher werden die Kosten von Umweltbelastungen zugeschrieben.
2 Das Vorsorgeprinzip: Es wird eine vorausschauende Umweltplanung angestrebt, welche die zukünftige Entwicklung einbeziehen muss.
3 Das