Anna-Elisabeth Wollstein-Lehmkuhl
Wärmeversorgungssysteme mit saisonalen Wärmespeichern
expert verlag
Der vorliegende Band wurde durch die Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden als Dissertationsschrift Ganzheitliche Bewertung eines nachhaltigen Wärmeversorgungssystems mit saisonalem Wärmespeicher angenommen und am 19.07.2019 in Dresden verteidigt.
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ISBN 978-3-8169-3514-8 (Print)
ISBN 978-3-8169-0016-0 (ePub)
Geleitwort
Der Club of Rome hat mit der Veröffentlichung der Studie „Die Grenzen des Wachstums“ im Jahr 1972 einen Denkprozess eröffnet, indem er auf die Begrenzung der Ressourcen in der Welt hingewiesen hat. Diese Erkenntnisse verbinden sich zunehmend mit dem Konsens, dass die Klimaerwärmung durch die vom Menschen erzeugten CO2-Emissionen maßgeblich bedingt ist. Die Reduktion der CO2-Emissionen ist daher Bestandteil von zahlreichen klimapolitischen Zielen.
Nach Angaben des Bundesumweltamtes entfiel im Jahr 2018 über 28 % des Endenergieverbrauchs in Deutschland auf Haushalte. Davon wird etwa 85 % für die Erwärmung der Räume und für Warmwasser verwendet. Leider stammt nur etwa 15 % der dafür benötigten Primärenergie aus erneuerbaren Quellen. Somit erscheint es unumgänglich, auf nachhaltige Weise die in Haushalten benötigte Wärme zu erzeugen.
Die Bundesregierung fördert mit zahlreichen Maßnahmen die Reduktion des Energieverbrauchs in Häusern, zum Beispiele zur Wärmedämmung über das KfW-Programm „Energieeffizienz Sanieren“. Außerdem gibt es verschiedene Fördertöpfe für die Erneuerung der Heizanlagen zum Beispiel für den Einsatz von Wärmepumpen. Diese Maßnahmen erscheinen aber nicht ausreichend, um die erforderlichen CO2-Reduktionen zu erreichen.
Erste Versuche, die zum Heizen und für die Warmwasserzubereitung benötigte Energie mittels Solarthermie zu gewinnen und in saisonalen Warmwasserbehältern zu speichern, können bis in die 1990er Jahren zurückverfolgt werden. Obwohl das Prinzip der saisonalen Wärmespeicherung relativ einfach erscheint, sind die konkreten technischen Herausforderungen bei der Umsetzung solcher Konzepte komplex und vielschichtig, so dass bisher nur relativ wenige Anlagen realisiert wurden. Besonders sensibel zeigen sich Konzepte der saisonalen Wärmespeicherung auch aus wirtschaftlicher Sicht, da Heizung und Warmwasser einen nicht unbeträchtlichen Anteil der Wohnnebenkosten ausmachen und somit die Erhöhung der Kosten für Heizung und Warmwasser vermieden werden sollte.
Mit der vorliegenden Arbeit widmet sich Frau Wollstein-Lehmkuhl einer nachhaltigen Wärmeversorgung mit saisonalen Warmwasserspeichern. Dabei betrachtet Frau Wollstein-Lehmkuhl solche Systeme aus ökologischer, ökonomischer und soziökonomischer Sicht.
Besonders interessant ist hierbei, dass Frau Wollstein-Lehmkuhl mit umfangreichen Berechnungen auf Grundlage von Vollständigen Finanzplänen nachweisen konnte, dass saisonale Warmwasserwärmespeicher auch wirtschaftlich darstellbar sind.
Es bleibt zu somit hoffen, dass insbesondere die Bundesregierung aber auch Wohnungsbaugesellschaften erkennen, dass sich solche Systeme für Heizung und Warmwasser als Alternative für konventionelle Systeme, die zu CO2-Emissionen führen, darstellen. Es wäre somit wünschenswert, dass umfangreiche Fördergelder bereitgestellt werden und konkrete Projekte realisiert werden, um zunehmend Erfahrungen bei solchen Systemen zu gewinnen.
Dresden, im März 2020 Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Rainer Schach
Vorwort der Verfasserin
Der Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmesektor gewinnt im Zuge der Energiewende zunehmend an Bedeutung. Jedoch erschwert die starke Volatilität nachhaltiger Energieträger eine versorgungssichere Wärmebereitstellung. Der Einsatz von saisonalen Wärmespeichern kann Schwankungen teilweise ausgleichen. Die Entkopplung von Wärmeerzeugung und Wärmeverbrauch ermöglicht eine dezentrale und nachhaltige Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien.
Die wärmetechnische Versorgung durch solarthermisch betriebene saisonale Wärmespeicher steht dabei in direkter Konkurrenz zu anderen Wärmeversorgungssystemen. Durch die dezentrale Struktur des Wärmemarktes ist die optimale Anpassung an die Anforderungen der Stakeholder essentiell. In einer zukunftsfähigen Beurteilung müssen nach heutigen Standards die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Projekte müssen ganzheitlich und langfristig unter den Aspekten Ökologie, Ökonomie und sozialer Verträglichkeit initiiert werden.
Die vorliegende Arbeit wählte daher einen interdisziplinären Ansatz zur Bewertung eines dezentralen solarthermisch betriebenen saisonalen Wärmespeichers zur Wärmeversorgung von Wohngebäuden. Die Einflüsse von ökonomischen, sozialen und ökologischen Parametern auf die Marktfähigkeit saisonaler Behälterwärmespeicher wurden untersucht.
Die Arbeit entstand im Rahmen meines Promotionsstipendiums am Boysen-TU Dresden-Graduiertenkolleg. Ein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater und erstem Gutachter Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Rainer Schach, der mich während dieser Zeit bei der Umsetzung meiner Promotion immer unterstützt hat und mir in vielen Gesprächen konstruktiv zur Seite stand.
Weiterhin möchte ich Herrn Professor Dr. Lutz M. Hagen vom Institut für Kommunikationswissenschaften der TU Dresden und Herrn Professor Dr.-Ing. Jörn Krimmling von der HTW Dresden für die Bereitschaft zur Begutachtung meiner Arbeit danken. Darüber hinaus möchte ich mich bei allen Angehörigen und Mitarbeitern des Boysen-TU Dresden-Graduiertenkollegs und der Friedrich und Elisabeth Boysen-Stiftung für die Förderung meines Promotionsvorhabens bedanken. Insbesondere danke ich auch den Kolleginnen und Kollegen am Institut für Baubetriebswesen für die kollegiale Zusammenarbeit und fachliche Unterstützung. Schließlich danke ich meiner Mutter, die mich stets ermutigt hat, Sachverhalte kritisch zu hinterfragen und mich in allen Lebenslagen unterstützt hat.
Mein besonderer Dank gilt meinem Ehemann Andreas für die Freiheit, Motivation und Rückendeckung bei diesem besonderen Vorhaben.
Dresden, im März 2020 Anna-Elisabeth Wollstein-Lehmkuhl
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz der Arbeit
Der Einsatz von erneuerbaren Energien im Wärmesektor gewinnt im Zuge der Energiewende und einer Fokussierung auf den Klimaschutz zunehmend an Bedeutung. Die Relevanz dessen und eine mögliche Umsetzung einer nachhaltigen Wärmeversorgung mit saisonalen Wärmespeichern sollen im Rahmen dieser interdisziplinären Arbeit untersucht werden.
Die Treibhausgase in der Atmosphäre sind seit Beginn der Industrialisierung angestiegen. Seitdem wurden verstärkt fossile Energieträger genutzt, welche zu dem derzeitigen Klimawandel beitragen. Dieser zeigt sich unter anderem in Extremwettererscheinungen und der globalen Erderwärmung.1
Durch internationale und nationale Bestrebungen, zum Beispiel durch das Pariser Klimaschutzabkommen oder den Klimaschutzplan 2050 in Deutschland, soll der Klimawandel retardiert werden. Ziel ist es unter anderem, die Treibhausgasemissionen zu senken und die Erderwärmung auf 2 °C zu begrenzen.2