Das kommt nicht wieder. Georg Markus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Georg Markus
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783902998453
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hatte seine ersten Amouren gleich nach der Hochzeit. Die Witwe Catarina di Balbino gilt ebenso als seine Geliebte wie deren Tochter und auch eine Gräfin Marianne Pálffy. Französische Geheimagenten meldeten nach Paris, »daß der Kaiser während der Konferenzen bei Hof Liebesbriefe an seine Mätressen« verfaßte.

      Nach Josefs Tod übernahm in Wien dessen Bruder Karl VI. die Herrschaft. Seine Favoritin war die Italienerin Mariana Pignatelli, die Michael Graf Althann, des Kaisers bester Freund, »aufheiraten« mußte, wie es damals hieß, um sie gesellschaftsfähig zu machen.

      Auch Karls Tochter, Maria Theresia, hatte »Familienprobleme«. Ihrem Mann Franz Stephan, dem sie sechzehn Kinder schenkte, werden etliche Romanzen nachgesagt, wobei diese auch politische Konsequenzen hatten: Des Kaisers Liebesleben führte zur Gründung der »Keuschheitskommission«, mit deren Hilfe außereheliche Beziehungen verhindert werden sollten. Der Erfolg freilich hielt sich in Grenzen.

      Kein Kind von Traurigkeit war auch Maria Theresias ältester Sohn, Kaiser Josef II. In Biografien wird darauf hingewiesen, daß der Kaufmann Josef Pargfrieder – auf dessen Heldenberg der siegreiche Feldmarschall Radetzky beigesetzt wurde – ein unehelicher Sohn des Kaisers gewesen sei.

      Der lebenslustigste aller Habsburger war aber Josefs Bruder und Nachfolger, Kaiser Leopold II. Namentlich bekannt sind seine Geliebten Lady Anne Cowper, Comtesse Josepha von Erdödy und vor allem die schöne Tänzerin Livia Raimondi, die er noch in seiner Funktion als Großherzog von Toskana kennengelernt hatte: Studenten pfiffen sie während eines Ballettabends in Pisa aus, worüber sich die Künstlerin bei Leopold beschwerte. Nach der Audienz wurden zarte Bande geknüpft, denen ein Sohn namens Luigi entsprang. Im Jahr, in dem dieser zur Welt kam, gebar ihm auch seine Gemahlin Maria Luise ein Kind – das sechzehnte!

      Als Leopold im Jahre 1790 Kaiser wurde, ließ er Livia samt Sohn nach Wien übersiedeln. Obwohl er hier mittlerweile in der Gräfin Prichovsky eine neue Geliebte gefunden hatte.

      Soviel zur Situation im österreichischen Kaiserhaus, in dem Ehen selten echte Liebesbeziehungen waren, wurden sie doch sehr oft nur geschlossen, um – Tu felix Austria nube – Politik zu machen und »ebenbürtige Thronfolger« zu zeugen. Josef II. etwa hatte seine ihm von seiner Mutter aufgezwungene zweite Frau Maria Josepha in einem Brief als »kleine und dicke Gestalt ohne jugendlichen Reiz« beschrieben, »die Bläschen und rote Flecken im Gesicht und häßliche Zähne« hätte. Der Kaiser soll sie nie berührt haben.

      Am Rande sei noch erwähnt, daß sich auch Kurt Schuschnigg, der letzte Regierungschef der Ersten Republik – wenn schon nicht direkt in der Hofburg, so im gegenüberliegenden Kanzleramt am Ballhausplatz (in dem schon Metternichs außereheliche Eskapaden für Aufsehen gesorgt hatten) – in einer prekären Situation befand. Bei Schuschnigg war es die Beziehung zu einer geschiedenen Frau, die die Gemüter erregte: 1936, ein Jahr nachdem seine erste Frau Herma bei einem Autounfall tragisch ums Leben gekommen war, verliebte sich Schuschnigg in die 32jährige Gräfin Vera Fugger. Der streng katholische Kanzler dachte ernsthaft an einen Rückzug aus der Politik, faßte dann aber den Entschluß, Österreich angesichts der akuten Bedrohung durch Hitler-Deutschland nicht im Stich zu lassen. »Aus moralisch-politischen Gründen« verzichtete er auf eine Heirat, solange er in der Regierung saß. Veras erste Ehe mit dem Grafen Fugger wurde 1937 kirchlich annulliert, da sie angeblich »nicht vollzogen« worden war. Wenige Wochen nach seiner Verhaftung im März 1938 heiratete Schuschnigg die geliebte Frau in der Wiener Dominikanerkirche. Da er das Gestapo-Gefängnis nicht verlassen durfte, wurde er bei der Trauung durch seinen Bruder Artur »vertreten«.

      Schön sein wie »Sisi«

       Eine Kaiserin als Vorbild

      Sie zählt zu den schönsten Frauen der Weltgeschichte. Doch ihr Liebreiz war teuer erkauft. Kaiserin Elisabeth turnte, kasteite und frisierte sich fast bis zur Selbstaufgabe. Sie hungerte für ihre Wespentaille und widmete allein der Haarpflege mindestens zwei Stunden pro Tag.

      Bei einer Größe von 1,72 Metern, einer Taille von 50 und einem Hüftumfang von 65 Zentimetern wog die Kaiserin nur fünfzig Kilogramm. Ihre Maße waren auf glückliche Erbanlagen und eiserne Disziplin zurückzuführen: wie viele Wittelsbacher mit edlem Wuchs gesegnet, verbrachte Elisabeth täglich mehrere Stunden vor dem Spiegel. Sie unternahm lange Gewaltmärsche, um Muskeln und Gewebe vor Schlaffheit zu bewahren, ließ Lotionen, Haarwässer und Pomaden extra für sich anfertigen und hoffte auf diese Weise, dem natürlichen Alterungsprozeß zu entgehen. In alten Hofapotheken finden sich freilich noch Rezepte, die »Sisi« und anderen Mitgliedern des Kaiserhauses zur Erhaltung ihrer Schönheit dienten.

      Im Gegensatz zu Frisur und Kleidung trieb Elisabeth in der Kosmetik relativ wenig Aufwand. Sie blieb meist ungeschminkt, verzichtete auf Puder, Lippenstift und Lidstrich. Die Reinigungsmilch für Gesicht und Dekolleté war eine Mischung aus Gelatine, Glycerin, Rosenöl und destilliertem Wasser. Elisabeths Kleider – egal, ob Ballrobe oder Reitkostüm – sollten in erster Linie ihre schlanke Figur betonen. »Sie verbrachte viele Stunden bei ihrem Schneider«, hinterließ ihre Nichte Marie Gräfin Larisch, die auch detaillierte Angaben über kaiserliche Dessous machte: »Elisabeth liebte kleine, anschmiegsame Hemdchen, ihre Beinkleider waren im Sommer aus Seidentrikot, im Winter aus Leder.« Die Korsette (deren Schnürung täglich eine gute Stunde dauerte) stammten aus Paris, die Strümpfe aus London.

      Ihr Schönheitskult war ansteckend. Weit über Österreich-Ungarns Grenzen hinaus wollten die Frauen schön sein wie »Sisi«. Doch kaum jemand konnte dafür so viel Zeit aufwenden wie sie: ihr bodenlanges, äußerst kompliziert geflochtenes Haar war in Wirklichkeit etwas heller (aber nie ergraut) und mußte zweimal im Monat »mit Cognac, verquirlt mit sechs rohen Eidottern«, gewaschen werden. Eine Prozedur, die jeweils einen ganzen Tag in Anspruch nahm.

      Wie Elisabeth überhaupt den Großteil ihrer Zeit der Schönheit und der Fitneß widmete: Die Anprobe ihrer Kleider, ihre Ölbäder, die Übungen an der Sprossenwand, auf Matten, mit Ringen und Sprungseilen, die Wanderungen, Massagen und Ausritte füllten den Tag aus.

      »Sisi« wollte nicht nur schön sein, sie zog es auch vor, sich mit Schönheit zu umgeben. Fast alle Hofdamen und auch die Herren des Hofstaates mußten ihren hohen Ansprüchen gerecht werden, eine Ausnahme bildete nur ihr buckliger Griechischlehrer Konstantin Christomanos.

      So sehr sie um perfektes Aussehen bemüht war, so sehr haßte die Kaiserin paradoxerweise nichts mehr, als dafür bewundert zu werden. Ihre Scheu war mit ein Grund dafür, daß sie so oft auf Reisen ging; sie mied die Wiener Gesellschaft auch deshalb, weil man sie hier ständig begaffte.

      »Sisi« liebte Schönheit, deren Mangel bereitete ihr geradezu Ärger. So bezeichnete sie Katharina Schratt als »dickes Butterfaß« und ihre Schwiegertochter, die Kronprinzessin Stephanie, nicht minder uncharmant als »Trampeltier«.

      Dabei hatte auch Elisabeths Schönheit einen »wunden Punkt«: ihre Zähne waren schon in jungen Jahren gelblich verfärbt (weshalb sie von Schwiegermama Sophie immer wieder ermahnt wurde, sich öfter die Zähne zu putzen). Das Gebiß der Kaiserin mußte früh durch Teilprothesen ersetzt werden.

      Neben durchaus sinnvoller Schönheitspflege, die sie ihr Leben lang anwandte, neigte Sisi auch hier zu krankhafter Übertreibung. Sie verwendete Mittelchen wie Pottasche, Gelatine, Quittenschleim und Gummi arabicum, die nach modernen kosmetischen Erkenntnissen keinerlei Effekt hatten.

      Gegen Ende ihres Lebens wog die großgewachsene Frau infolge der übertriebenen Hungerkuren nur noch 46 Kilogramm. Die einseitige Kost – oft nahm sie tagelang nur Orangen, dann wieder nur Schafmilch oder Suppen zu sich – führte zu Hungerödemen, zu Kopfschmerzen, Depressionen und zu hochgradiger Nervosität. Hofarzt Dr. Josef Kerzl verfluchte ihre Waage, »die eine vernünftige Ernährung fast nicht zuläßt«. Dabei hätte Elisabeth all die Diäten vermutlich gar nicht nötig gehabt, waren doch sowohl ihre Eltern als auch acht ihrer Geschwister ohne derartige Maßnahmen zeitlebens schlank geblieben.

      »Sisis« Befürchtung, »nach und nach zur Mumie zu werden und nicht Abschied nehmen zu können vom Jungsein«, sollte aufgrund ihres tragischen Schicksals nicht eintreten: »Sobald ich mich altern fühle«, schrieb