Ethik. Baruch de Spinoza. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Baruch de Spinoza
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849636500
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Teile sich so verbinden müssen, daß es kein Leeres gibt, so folgt hieraus auch, daß sie nicht real unterschieden werden können, das heißt, daß die körperliche Substanz, insofern sie Substanz ist, nicht geteilt werden kann. Wenn nun aber jemand fragt, warum wir von Natur so geneigt sind, die Quantität zu teilen, so antworte ich ihm, daß die Quantität auf zwei Arten von uns begriffen wird, nämlich abstrakt oder oberflächlich, je nachdem wir uns nämlich sie selbst vorstellen, oder als Substanz, was allein durch den Verstand geschieht. Wenn wir also auf die Quantität achten, so wie sie in der sinnlichen Vorstellung, ist, was wir oft und ziemlich leicht tun, finden wir sie endlich, teilbar und aus Teilen zusammengesetzt; wenn wir sie aber, wie sie im Verstande ist, betrachten und sie als Substanz begreifen, was sehr schwer geschieht, dann finden wir sie, wie wir schon hinlänglich gezeigt, unendlich, einzig und unteilbar. Dies wird allen, welche zwischen bloßer Vorstellung und Erkenntnis zu unterscheiden wissen, hinlänglich deutlich sein; besonders wenn man auch darauf achtet, daß die Materie überall dieselbe ist und in ihr nur Teile unterschieden werden, insofern wir uns die Materie als auf verschiedene Art bestimmt vorstellen, weshalb ihre Teile nur modal, nicht aber real unterschieden werden. Wir begreifen z. B., daß das Wasser, insofern es Wasser ist, geteilt, und seine Teile voneinander getrennt werden können, nicht aber, insofern es körperliche Substanz ist, denn als solche wird es nicht getrennt noch geteilt. Ferner, Wasser als Wasser wird erzeugt und zerstört, aber als Substanz wird es weder erzeugt noch zerstört; und hiermit glaube ich auch auf den zweiten Beweis geantwortet zu haben, weil er sich ebenfalls darauf gründet, daß die Materie als Substanz teilbar und aus Teilen zusammengesetzt ist. Und wäre dieses auch nicht, so sehe ich nicht, warum sie der göttlichen Natur unwürdig wäre, da (nach Lehrsatz 14) es keine Substanz außer Gott geben kann, durch die sie leiden könnte. Alles, sage ich, ist in Gott, und alles was geschieht, geschieht bloß durch die Gesetze der unendlichen Natur Gottes, und erfolgt aus der Notwendigkeit seines Wesens (wie ich bald zeigen werde); weshalb man auf keine Art sagen kann, daß Gott durch ein anderes leide, oder daß die ausgedehnte Substanz der göttlichen Natur unwürdig wäre, wenn sie auch als teilbar angenommen wird, wofern nur zugestanden wird, daß sie ewig und unendlich ist. Doch für jetzt genug hiervon.

      Lehrsatz 16. Aus der Notwendigkeit der göttlichen Natur muß Unendliches auf unendliche Modi (d. h. alles, was der unendliche Verstand fassen kann) erfolgen.

      Beweis. Dieser Lehrsatz muß jedem deutlich sein, der nur erwägt, daß der Verstand aus der gegebenen Definition eines jeden Dinges auf mehrere Eigenschaften schließt, welche wirklich aus derselben (d. h. aus der Wesenheit des Dinges selbst) notwendig erfolgen, und auf desto mehrere, je mehr Realität die Definition des Dinges ausdrückt, das heißt, je mehr Realität die Wesenheit des definierten Dinges enthält. Da aber die göttliche Natur absolut unendliche Attribute hat (nach Def. 6), von denen jedes das unendliche Wesen in seiner Art ausdrückt, muß also aus ihrer Notwendigkeit Unendliches auf unendliche Modi (d. h. alles, was der unendliche Verstand fassen kann) notwendig erfolgen. W. z. b. w.

      Folgesatz 1. Hieraus folgt, daß Gott die wirkende Ursache aller Dinge ist, die der unendliche Verstand fassen kann.

      Folgesatz 2. Zweitens folgt, daß Gott durch sich, nicht aber durch ein Hinzukommendes ( accidens) die Ursache ist.

      Folgesatz 3. Drittens folgt, daß Gott absolut die erste Ursache ist.

      Lehrsatz 17. Gott handelt bloß gemäß den Gesetzen seiner Natur und von niemanden gezwungen.

      Beweis. Daß aus der bloßen Notwendigkeit der göttlichen Natur, oder (was dasselbe ist) aus den bloßen Gesetzen seiner Natur, absolut das Unendliche erfolgt, haben wir eben Lehrsatz 16 gezeigt, und in Lehrsatz 15 bewiesen, daß nichts ohne Gott sein noch begriffen werden kann, sondern daß alles in Gott ist. Deshalb kann nichts außer ihm sein, wodurch er zum Handeln bestimmt oder gezwungen würde, und folglich handelt Gott bloß gemäß den Gesetzen seiner Natur und von niemanden gezwungen. W. z. b. w.

      Folgesatz 1. Hieraus folgt erstens, daß es keine Ursache gibt, welche Gott von außen oder von innen zum Handeln bewegt, außer der Vollkommenheit seiner eigenen Natur.

      Folgesatz 2. Es folgt zweitens, daß Gott allein Ursache ist. Denn Gott allein ist nach der bloßen Notwendigkeit seiner Natur da (nach Lehrsatz 11 und Folgesatz zu Lehrsatz 14) und handelt gemäß der bloßen Notwendigkeit seiner Natur (nach dem vorigen Lehrsatze), und deshalb ist er allein (nach Def. 7) freie Ursache. W. z. b. w.

      Anmerkung. Andere meinen, Gott sei darum freie Ursache, weil er, wie sie meinen, bewirken kann, daß das, was wir als aus seiner Natur erfolgend angegeben haben, d. h. das, was in seiner Macht steht, nicht geschehe, oder von ihm nicht hervorgebracht werde. Dies ist aber gerade, als wenn sie sagten, daß Gott bewirken könne, daß aus der Natur des Dreieckes nicht folge, daß seine drei Winkel zweien rechten gleich wären, oder daß aus einer gegebenen Ursache nicht eine Wirkung erfolge, was widersinnig ist. Ferner werde ich unten ohne Hilfe dieses Lehrsatzes zeigen, daß zu Gottes Natur weder Verstand noch Wille gehört. Ich weiß allerdings, daß viele meinen, sie könnten beweisen, daß zu Gottes Natur der höchste Verstand und freier Wille gehören; denn sie sagen, sie wüßten nichts Vollkommeneres, das sie Gott zuschreiben könnten, als dasjenige, was bei uns die höchste Vollkommenheit ist. Ferner, obgleich sie Gott als den tatsächlich höchst Einsichtsvollen fassen, glauben sie doch nicht, daß er alles, was er tatsächlich erkennt, zum Dasein hervorbringen könne, denn auf diese Art meinen sie Gottes Macht zu zerstören. Wenn er alles, sagen sie, was in seinem Verstande ist, geschaffen hätte, dann könnte er ja nichts mehr erschaffen. Dies halten sie für einen Widerspruch gegen die Allmacht Gottes, darum nehmen sie lieber an, daß Gott gegen alles indifferent sei und nichts weiter schaffe, als was er nach einem gewissen absoluten Willen zu schaffen beschlossen. Ich glaube aber deutlich genug gezeigt zu haben (siehe Lehrsatz 16), daß aus der höchsten Macht Gottes, oder aus seiner unendlichen Natur Unendliches auf unendliche Modi, das heißt, alles notwendig geflossen ist, oder immer nach derselben Notwendigkeit erfolgt, auf dieselbe Art, wie aus der Natur des Dreieckes von Ewigkeit und in Ewigkeit folgt, daß seine drei Winkel gleich zwei rechten sind. Darum ist Gottes Allmacht von Ewigkeit her wirksam gewesen und wird in Ewigkeit in derselben Wirksamkeit beharren. Und auf diese Art wird Gottes Allmacht, wenigstens meinem Urteile nach, weit vollkommener gesetzt. Ja, die Gegner scheinen Gottes Allmacht (man erlaube mir offen zu sprechen) zu leugnen, denn sie werden gezwungen zu gestehen, daß Gott unendliches Erschaffbares erkennt, was er doch nie wird schaffen können. Denn sonst, wenn er nämlich alles, was er erkennt, erschüfe, würde er, nach ihnen, seine Allmacht erschöpfen und sich selbst unvollkommen machen. Um also Gott vollkommen zu setzen, kommen sie dahin, daß sie zugleich annehmen müssen, er könne nicht alles, worauf sich seine Macht erstreckt, bewirken; Widersinnigeres aber oder Gottes Allmacht mehr Widersprechendes als dies, kann wohl nicht erdichtet werden. Ferner, um auch von Verstand und Willen, welche man Gott gewöhnlich zuschreibt, hier etwas zu sagen, so muß, wenn Verstand und Wille zu Gottes ewiger Wesenheit gehören, unter beiden Eigenschaften gewiß etwas anderes verstanden werden, als was man gewöhnlich darunter versteht; denn der Verstand und Wille, welche das Wesen Gottes ausmachten, müßten von unserem Verstande und Willen himmelweit verschieden sein, und könnten nur dem Namen nach sich gleich sein, nicht anders nämlich, als der Hund, das himmlische Sternbild, und der Hund, das bellende Tier, sich gleich sind. Dies will ich so beweisen. Wenn der Verstand zur göttlichen Natur gehört, wird er nicht, wie unser Verstand, später als die begriffenen Dinge (wie die meisten annehmen), oder auch von Natur mit ihnen zugleich sein, da ja Gott seiner Kausalität nach früher ist als alle Dinge (nach Folgesatz I zu Lehrsatz 16); sondern umgekehrt die Wahrheit und die formale Wesenheit der Dinge sind deshalb so wie sie sind, weil sie als solche in Gottes Verstand objektiv da sind. Deshalb ist der Verstand Gottes, insofern er als das Wesen Gottes ausmachend begriffen wird, in der Tat die Ursache der Dinge, sowohl ihrer Wesenheit als ihres Daseins. Dies scheinen auch die bemerkt zu haben, welche behauptet haben, daß Gottes Verstand, Wille und Macht ein und dasselbe sei. Da also Gottes Verstand die einzige Ursache der Dinge ist, nämlich (wie wir gezeigt haben) sowohl ihrer Wesenheit als ihres Daseins, so muß er selbst sich notwendig, sowohl in Rücksicht der Wesenheit, als in Rücksicht