BAT Boy. C. A. Raaven. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: C. A. Raaven
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783982064529
Скачать книгу
durch den Foresta Umbra die Biege wieder hochwärts machen?«

      Er wies auf einen Punkt auf der Karte.

      »Mit ein bisschen Glück finden wir wenigstens auf dem ‘Teutonengrill’ noch irgendwo ein Zimmer für den Rest des Urlaubs.«

      Lucas und Betty blickten missmutig drein, denn ein Urlaub auf den fein parzellierten Stränden der Touristenhochburgen rund um Rimini war nicht unbedingt das, was sie bevorzugten. Nach einigen anderen Überlegungen sahen sie aber ein, dass dies wohl die einzige Möglichkeit sein würde, überhaupt noch etwas vom Urlaub zu haben. Es war bereits Nachmittag, als sie weiter die Küstenstraße entlang fuhren, auf der Suche nach dem Abzweig in Richtung Norditalien.

      Die Landschaft, die an den Fenstern des Wagens vorbeizog, konnte man nur als traumhaft bezeichnen. Als sie aus Vieste gestartet waren, hatten sie sich noch auf Meereshöhe befunden. Jetzt hatte sich die Straße jedoch erhoben und führte an einem Steilhang entlang, sodass man hinter dem üppigen Grün der Wälder das Meer sehen konnte. Lucas blickte traumverloren auf die schier endlose blaue Fläche, die sich in weiter Ferne am Horizont mit dem Himmel vereinigte. Plötzlich stellte sich jedoch ein Gefühl ein, das zu den sanften Bildern gar nicht passen wollte. Lucas vermutete, dass ihm durch das ständige Gekurve um die Serpentinen mehr und mehr übel wurde.

      Was denn noch alles?, fragte er sich in Gedanken. Reicht es nicht, dass ich mit Helligkeit und Lautstärke nicht mehr so gut klarkomme? Muss Jetzt auch noch mein Gleichgewichtssinn verrückt spielen?

      »Paps, kannst du mal bitte irgendwo anhalten?«, presste er mühsam zwischen den Zähnen hervor, denn er fürchtete nun, sich jeden Moment übergeben zu müssen.

      »Huch, du bist ja ganz grün im Gesicht!«, stellte Betty fest, die sich zu ihm herumgedreht hatte. »Ja Paul, fahr doch bitte mal rechts ran. Ich müsste nämlich auch mal.«

      »Was denn, schon wieder? Dass ihr Frauen immer ständig auf die Toilette gehen müsst ... Wir sind doch gerade erst losgefahren«, entgegnete Paul amüsiert. Als Fahrer machte ihm die Kurverei vermutlich nichts aus.

      »Falls es dich interessiert, wir sind schon über eine Stunde unterwegs. Und wenn du schon nicht für mich anhalten willst, dann tu es doch für unser Kind – oder wenigstens für deinen Wagen, damit er nicht mit unserem Mittagessen dekoriert wird!«, schnappte Betty zurück.

      »Mann, war doch bloß‘n Scherz«, sagte Paul. »Da vorn ist eine Haltebucht.«

      Als der Wagen zum Stehen gekommen war, sprangen Lucas und Betty aus dem Wagen und gingen in verschiedene Richtungen. Lucas stellte spontan fest, dass die Übelkeit – nun da er nicht mehr in dem schlingernden Wagen saß – merklich nachließ. Er wählte den Weg über die Straße hin zu einer hüfthohen Mauer, die die Grenze zum Abhang darstellte. Er lehnte sich dagegen und atmete tief durch. Dabei ließ er seinen Blick über den Wald und die Küste schweifen. Mit einem Mal entdeckte er etwas, das ihn dazu veranlasste, sich unvermittelt weit über die Steinwand zu beugen, um es genauer sehen zu können.

      Mit einem Aufschrei sprang Paul aus dem Wagen und erreichte zusammen mit seiner Mutter die Stelle, wo Lucas sich eben wieder aufrichtete.

      »Sag mal, bist du noch ganz richtig im Kopf? Was sollte denn die Aktion?!«, herrschte ihn Paul an.

      Aber Lucas drehte sich nur freudestrahlend um und sagte: »Das isses!«

      »Was ist was?«, wollte Betty wissen.

      »Unser Urlaub!«, jauchzte Lucas. Er wies mit der Hand auf eine schmale Straße, die zwischen den Pinien verschwand und zu einem weiter hinten gelegenen Bauwerk führte, das stark nach einem Hotel aussah.

       Ein Hotel am Meer

      aul neigte sich ebenfalls über die Mauer und murmelte: »Hmmm, sieht aus, als könntest du recht haben. Wahrscheinlich führt die Straße da hin. Aber vielleicht auch nicht. Meint ihr wirklich, dass wir uns auf den Umweg einlassen sollten? Es ist doch schon ganz schön spät, und wir müssen zusehen, dass ...«

      Weiter kam er nicht, denn er hatte sich beim Sprechen wieder aufgerichtet. So erblickte er Lucas und Betty, die beide wie zwei Wackeldackel nickend und grinsend nebeneinander standen.

      »Na ja, dann schau mer mal. Wenn’s erst mal für diese Nacht was wird, dann brauchen wir uns wenigstens darum keine Gedanken mehr zu machen.«

      Sie stiegen wieder in den Wagen und bogen an der einige hundert Meter weiter einmündenden Straße ab. Der Begriff Straße schien in diesem Fall allerdings tatsächlich etwas übertrieben zu sein, denn es war eher eine Schotterpiste, die sich hinein in den Pinienwald wand. Als sie langsam anfingen, sich Gedanken darüber zu machen, ob das Abbiegen wirklich so eine gute Idee gewesen war, kamen sie an eine Schranke, die ihnen den Weg versperrte. Dahinter standen zwei Männer, die sie neugierig musterten.

      Paul stieg aus und redete auf die beiden ein. Im Versuch, entweder durchgelassen zu werden oder wenigstens eine Information zu bekommen, ob sie auf dem richtigen Weg wären, benutzte er außerdem beide Hände. Die beiden lächelten und kauderwelschten in ihrem Süditalienisch zurück, wobei sie mindestens ebenso stark mit den Armen in alle möglichen Richtungen wedelten. Lucas und Betty waren inzwischen ebenfalls ausgestiegen und gesellten sich dazu.

      Lucas lauschte eine Weile. Dann fragte er einen der Männer auf Italienisch: »Ist das der Weg zu dem Hotel am Meer, das wir von der Küstenstraße aus sehen konnten?«

      Der Angesprochene strahlte Lucas an und nickte eifrig. Er bedeutete seinem Kollegen wortreich, dass er die Schranke öffnen und die Urlauber durchlassen solle. Währenddessen hatten sich Lucas‘ Eltern zu ihm umgedreht. Beide starrten ihn an.

      »Du kannst Italienisch?«, sagte Paul.

      Lucas fragte sich das in diesem Moment ebenfalls. Natürlich hatte er nirgendwo Italienisch gelernt. Warum auch? Aber wieso hatte er eben offensichtlich das Richtige gesagt? Ein Blick auf die beiden Italiener, die inzwischen neben der offenen Schranke standen und sie erwartungsvoll anblickten, bestätigte ihm dies. Also sagte er das Erste, was ihm in den Sinn kam.

      »Hab ich mal irgendwo im Fernsehen gehört. Scheint ja auch geklappt zu haben«, sagte er achselzuckend und setzte sich wieder ins Auto. Innerlich empfand er die gleiche Fassungslosigkeit, wie seine Eltern sie demonstrierten. Nach einer kurzen Wegstrecke kamen sie zu einem Parkplatz, wo sie ihren Wagen stehen ließen und zur Rezeption gingen. Dort stellte sich zu Lucas‘ Erleichterung heraus, dass der Pförtner durchaus Deutsch verstand und auch sprach. So musste er nicht noch einmal ausprobieren, ob er sich wirklich auf Italienisch unterhalten konnte.

      Das Hotel hätten sie sich schöner nicht wünschen können: Mehrere zweistöckige, weiß gekalkte Gebäude waren in unregelmäßigen Abständen in einen Nadelwald an der Steilküste drapiert worden. Das Haupthaus mit Rezeption, Bar, Innenhof und Restaurant befand sich direkt am Rand einer etwa 25 m hohen Klippe. Davor ragten in einiger Entfernung weitere hohe Felsen mitten aus dem azurblauen und kristallklaren Meer. Sie mussten vor langer Zeit einmal davon abgebrochen sein. Einer dieser Felsen sah tatsächlich aus wie ein Tor, durch das man in die grenzenlose Weite der Adria blicken konnte. Die Luft war erfüllt vom salzigen Aroma des Meeres und dem würzigen Duft des Waldes. Von überall her drang das Rauschen des Meeres und das Zirpen von Grillen an ihre Ohren. In Lucas‘ Kopf verbanden sich die Eindrücke zu einer Sinfonie aus Farben, Formen, Düften und Klängen, die ihm unfreiwillig Tränen der Rührung in die Augen trieben. Jedoch verströmte die Umgebung eine Ruhe, die nicht danach zu trachten schien, ihn zu überwältigen, sodass er es einfach nur genießen konnte.

      Im Restaurant wurde ihnen ein herrliches Abendessen aus Antipasti, verschiedenen Nudelgerichten und frischem Salat serviert. Sie merkten erst jetzt, wie hungrig sie waren, und schlugen sich die Bäuche voll. Lucas war mittlerweile so an die Geschmacksexplosionen beim Essen gewöhnt, dass es ihm immer leichter fiel, die verzückten Laute, die ihm entweichen wollten,