Dr. Laurin Staffel 17 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Laurin Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740971649
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ersten Mal gesehen?«, fragte Uwe.

      »So weit ich mich erinnere. Ich sagte Dr. Brink schon, dass ich ein schlechtes Personengedächtnis habe. Zu wenig Interesse vielleicht an der Umgebung. Es tut mir leid. Aber ich kann mich erinnern, dass mir Ihre Schwester irgendwo auffiel, weil sie nicht in den Rahmen passte.«

      »Vielleicht doch auf der Party bei Perlaus?«, fragte Uwe.

      Patrick wich seinem Blick nicht aus. »Auch auf die Gefahr hin, Ihr erneutes Misstrauen zu wecken, Herr Heltcamp, muss ich mit ja antworten, nachdem ich alles gründlich überlegt habe. Ich war an dem Abend schon ziemlich benebelt, als ich dorthin kam. Und es war tatsächlich Carlo Thieß, der mich dazu überredete. Ich habe ihn dann später gar nicht mehr gesehen.«

      »Aber meine Schwester haben Sie gesehen?«

      »Das Mädchen stand an der Bar«, sagte Patrick gedankenverloren. »Sie zitterte. Sie ließ ihre Tasche fallen, ich hob sie auf.« Er machte eine Pause. »Hoffentlich schildere ich den Ablauf richtig. Ich war nicht mehr nüchtern, Herr Heltcamp.«

      »Sagen Sie nur alles so, wie es Ihnen jetzt in den Sinn kommt.«

      »Ich habe schon lange darüber nachgegrübelt. Ich kann mich an das Gesicht erinnern. An das Oval, an das dunkle Haar, das bläulich schimmerte, an die hellen Augen, die so zornig funkelten.«

      »Zornig?«, fragte Uwe.

      »Ja, zornig. Vielleicht habe ich läppisch gefragt, ob wir uns nicht schon mal irgendwo begegnet wären, aber ich wusste, dass ich dieses Gesicht schon mal gesehen hatte.«

      »Und was sagte sie?«

      »›Die dumme Tour‹, oder so etwas Ähnliches. Dann fügte sie hinzu, das sei die Tour, die man von Patrick Heym erwarte. Sie kenne aber meinen Ruf und wolle mit mir genauso wenig zu tun haben wie mit einem anderen Mann. Ja, so was Ähnliches hat sie gesagt. Und dann kam der andere und griff nach ihrem Arm. ›Ich bringe dich jetzt heim, Anja‹, sagte er.«

      Patrick schlug sich an die Stirn. »Zum Teufel, ja, so war es.«

      »Mein Gott, erinnern Sie sich doch, was dann geschah«, stieß Uwe hervor.

      »Sie wollte ihn erst abwehren. Wieso kann ich mich plötzlich daran erinnern?«

      »Weil ich Ihnen ein Stichwort gegeben habe«, erwiderte Uwe ruhig. »Es ist ungeheuer wichtig, dass Sie sich erinnern, Herr Heym. Für uns, für Sie – und vor allem für Anja.«

      »Sie war nicht eines von den Mädchen, das man einfach am Arm packen darf. Ich fragte sie, ob der Mann Rechte bei ihr hätte. Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt, vielleicht andere Worte gebraucht, die sie gekränkt haben könnten. Sie sagte, er wäre ihr Verlobter – nein, sie sagte es anders: ›Das war einmal mein Verlobter, aber es ist besser, wenn wir uns jetzt allein darüber auseinandersetzen.‹«

      »Oh, mein Gott«, stöhnte Uwe. »War das wirklich so?«

      »Ja, so ähnlich war der Dialog. Ich mische mich nie in Privatangelegenheiten anderer Leute ein. Vielleicht bin ich tatsächlich an allem schuld, weil ich es nicht tat.« Dann sprang er auf. »Aber er kann es doch nicht gewesen sein, Herr Heltcamp. Nicht der Mann, der mit ihr verlobt war.«

      »Wollen Sie seine Partei ergreifen?«, fragte Uwe ruhig. »Bisher ist ihm ja nichts nachzuweisen. Vielleicht war es Carlo Thieß?«

      »Niemals. Er hat es nicht mit Mädchen, überhaupt nicht. Glauben Sie nur, ich könnte den Kerl erwürgen, der Ihrer Schwester das angetan hat. Ich habe ihr doch gesagt, dass sie nicht in diesen Rahmen passt.«

      »Das haben Sie gesagt?«

      »Vielleicht glauben Sie es mir nicht, aber ich habe es gesagt. Ich erinnere mich jetzt genau. Ich wollte ihr sagen, dass ich sie wegbringen will aus dieser widerlichen Umgebung. Ja, widerlich war alles. Aber dann ging sie ja mit ihm.«

      »Mit ihrem Verlobten?«

      »Sie sagte, dass er das wäre. Und ich dachte …«

      »Was dachten Sie?«

      »Dass es ihr genauso geht wie mir. Dass sie an den falschen Mann geraten war, wie ich immer an diese falschen Weiber geraten bin, die nur nach meinem Geld lechzten.«

      »Es kann ja sein, dass er auch nur ihr Geld wollte.«

      »Hat sie Geld?«, fragte Patrick.

      »Sagt Ihnen der Name Heltcamp nichts? Ich meine geschäftlich.«

      »Ich habe mich nie darum gekümmert, wer und was hinter einem Namen steht. Ich wollte nicht reich sein, Herr Heltcamp. Ich wollte einmal einen ehrlichen Freund haben, aber in meiner Situation findet man keinen.«

      Uwe streckte ihm die Hand entgegen. »Jetzt haben Sie einen, Patrick«, sagte er heiser. »Mich.«

      »Sie? Anja Heltcamps Bruder?«

      »Ja, denn ich glaube Ihnen.«

      »Ich habe doch Zeit genug gehabt, mir eine hübsche Geschichte auszudenken«, warnte ihn Patrick.

      »Aber nicht eine, die ganz logisch die Bruchstücke ergänzt, die wir kennen.«

      »Sie glauben jetzt tatsächlich, dass es Malten war?«

      »Wenn er es nicht selber war, hat er dafür einen anderen gekauft. So viel ist mir klar, Patrick.«

      »Aber warum?«

      »Um sicher zu gehen, dass er Anja heiraten darf.«

      »Darf?«

      »Die Heltcamps sind schließlich eine ehrbare Familie, und wenn die Tochter schon Opfer einer solchen Affäre wird, muss man ja schließlich froh sein, wenn sich noch ein Mann findet, der sie heiraten will. Welch ein Beweis der Liebe«, spottete Uwe. »Dafür kann man ja allerhand Gegenleistung verlangen.«

      »Das kann nicht wahr sein«, stöhnte Patrick. »Nein, dazu kann er doch nicht fähig sein. Verstehen Sie mich bitte, Uwe. Ich sitze selbst in der Klemme und weiß jetzt, wie schnell man da hineingeraten kann. Ich möchte nicht Grund dazu liefern, einen anderen in die gleiche Situation zu bringen.«

      »Ich ziehe nur logische Schlussfolgerungen. Ich bin jetzt fast fertiger Jurist, und ich nehme meinen selbsterwählten Beruf sehr ernst. Es fehlen uns einige Glieder in einer Kette. Ich bin Dr. Brink sehr dankbar, dass er mich so weit eingeweiht hat, dass ich nun klar sehe. Anja hat nur wenige Worte gesagt. Einmal ›André‹, und das wurde sicher falsch gedeutet. Dann ›Nein, ich will nicht!‹ Da wussten wir auch noch nicht, was sie sagen wollte. Dann sprach sie von einem Mann, der zu ihr gesagt hätte, sie passe nicht dorthin oder dahin, aber sie sagte nicht seinen Namen. Sie erzählten vorhin, dass Sie so etwas Ähnliches zu ihr gesagt hätten. Langsam schließt sich ein Teilchen ans andere. Und dann kam der Verlobte, der Anja am Arm packte und sagte, er wolle sie heimbringen. Wann verließen Sie die Party, Patrick?«

      »Gleich danach. Ich rief ein Taxi, weil … Nein, das stimmt nicht, zuerst fuhr ich noch selbst zum Spielclub. Mit meinem Wagen. Wenn man mich geschnappt hätte, wäre ich meinen Führerschein los gewesen. Aber vom Spielclub aus fuhr ich mit einem Taxi. Man muss den Mann finden.«

      »Sie werden auch ohne ihn freikommen. Morgen sind Sie hier raus. Ich verspreche es Ihnen.«

      »Ich muss mich hier noch um einen Jungen kümmern, der seinen Vater erstochen hat. Er ist siebzehn, und er wollte seine Mutter schützen. Aber wenn ich so leicht aus dieser Geschichte herauskomme, kann ja Dr. Brink seine Verteidigung übernehmen.« Patrick lächelte flüchtig. »Aber wichtig ist ja auch noch, dass Ihre Schwester den Schock überwindet.«

      »Wir können ja zusammenarbeiten. Ich helfe, dass Sie bald frei sind, und Sie helfen mir dann, dass Anja nicht alle Männer in einen Topf wirft.«

      »Ausgerechnet ich mit meinem Image?«

      »Sie braucht einen Freund, nicht nur ihren Bruder. Einfach einen Mann, der ihr beweist, dass nicht alle Männer nur das Eine wollen. Sie haben zu ihr gesagt, dass sie nicht in diese Gesellschaft passt, das ist ihr im Gedächtnis