Kommst du hingegen in einen Raum, der leer und großzügig ist, verschönt durch ein paar ausgewählte Möbel, der schwebende Klang einer Flöte in der Luft, die nach Sinnlichkeit duftet … Solch eine Umgebung wird Frieden und Ruhe ausstrahlen. Statt erdrückender Enge vermittelt ein solcher Raum das Gefühl von Platz und innerer Ausdehnung, ein Gefühl von „Nachhausekommen“. Die wohltuende Atmosphäre, in der kein äußerlicher Druck herrscht, und diese großzügige Offenheit lassen dich innerlich entspannen. Während Harmonie und Gelassenheit sich in dir ausbreiten, wirst du vielleicht einen tiefen Atemzug nehmen und damit ganz in deinem Körper angekommen sein.
Nun stelle dir den Moment der Penetration vor, wenn der Mann in den weiblichen Körper eindringt. Genauso wie die Atmosphäre eines Raumes eine tief gehende Wirkung auf die menschliche Psyche hat, vermag auch die Atmosphäre innerhalb des weiblichen Körpers eine transformierende Wirkung auf den Mann zu haben, die äußerst machtvoll ist. Der Mann wird von der Frau sehr beeinflusst – in einem Maße, das ihm selbst nicht einmal bewusst ist. Die Frau hat es in der Hand, durch bewusstes Schaffen einer gelassenen, empfänglichen Atmosphäre die Dauer des Liebesaktes zu verlängern. Sie kann den Mann darin unterstützen, die Ejakulation zu verzögern oder gar zu vermeiden.
Das Traurige ist aber, dass die Frau sich ihrer wahren Fähigkeiten ebenso wenig bewusst ist wie der Mann. Da sie nicht weiß, wie sie Zugang zu ihrer wirklichen Kraft erlangt, kann sie nie die natürliche Macht erfahren, die ihr mitgegeben ist, und darum bleiben ihr die tiefsten Bereiche ihrer weiblichen Sexualität unerschlossen.
Sobald die Frau jedoch das wahre Wesen der weiblichen Sexualität begreift, kann sie sich wieder mit der ihr verliehenen göttlichen Kraft verbinden. Wenn die Frau bei der sexuellen Vereinigung ganz in ihre weibliche Seite hineingeht, sind sexuelle Erfüllung und Liebe die natürliche Folge. Jede Frau besitzt diese natürliche Fähigkeit, das Liebemachen in eine vollkommen befriedigende, spirituell transzendierende Erfahrung zu verwandeln. Und alles, was die Frau dazu braucht, sind entsprechende Informationen, wie sie das angehen kann.
TANTRISCHE INSPIRATION
Orgasmus ist ein Zustand, in dem sich dein Körper nicht mehr wie Materie anfühlt; er vibriert wie Energie, wie Elektrizität. Er pulsiert aus unermesslichen Tiefen heraus, aus der Wurzel des Seins, und man vergisst vollkommen, dass er stofflich ist. Der Körper wird ein elektrisches Phänomen – und er ist tatsächlich ein elektrisches Phänomen.
Die moderne Physik sagt, dass es keine Materie gibt, dass alle Materie nur Schein ist; dass im Grunde, an der Wurzel der Existenz, nichts als Elektrizität existiert, also keine Materie. Im Orgasmus dringst du zu diesem tiefsten Kern deines Körpers vor, wo alle Materie aufhört und nur noch Wellen von Energie übrig bleiben; du wirst zu einer tanzenden, vibrierenden Energie. Plötzlich verlierst du alle Grenzen – es ist einfach ein Pulsieren, ein substanzloses Pulsieren. Und dein Partner pulsiert mit dir. Und nach und nach, je mehr ihr euch liebt und euch gegenseitig hingebt, desto mehr gebt ihr euch diesem Augenblick des Pulsierens, des Vibrierens, der Auflösung in reine Energie hin, verliert ihr alle Furcht davor – obwohl es wie ein Tod ist.
Wenn der Körper seine Grenzen verliert, wenn der Körper sich wie in Dunst auflöst, wenn der Körper seine Substanz verliert, wenn nur Energie zurückbleibt, ein kaum spürbarer Rhythmus, dann siehst du, dass es dich nicht gibt.
Nur in tiefer Liebe kommst du an diesen Punkt. Liebe ist wie der Tod: Was stirbt, ist dein materielles Bild von dir, du stirbst als das, was du für deinen Körper hältst. Du stirbst als Körper und erfährst dich als Energie, reine Lebensenergie. Und wenn Mann und Frau oder die Liebenden oder die Partner anfangen, im selben Rhythmus zu schwingen, dann vereinigen sich die Pulsschläge ihrer Herzen und ihrer Körper, dann werden sie zu einer einzigen Harmonie. Dann kommt es zum Orgasmus und sie sind nicht mehr zwei. Das ist die Bedeutung des Symbols von Yin und Yang: Das Yin dringt in das Yang ein und das Yang in das Yin; der Mann dringt in die Frau ein und die Frau in den Mann, jetzt bilden sie einen Kreis und pulsieren gemeinsam, werden zu einem gemeinsamen Rhythmus. Ihre Herzen sind nicht mehr getrennt, ihre Herzschläge fallen zusammen; sie sind zu einer einzigen Melodie, zu einer Harmonie geworden. Das ist die großartigste Musik, die es gibt. Alle anderen Formen der Musik sind nur schwache Echos, sind Schatten im Vergleich dazu.
Osho, Tantra – Die höchste Einsicht
TRAINING FÜR BEWUSSTHEIT UND SENSIBILITÄT
Den weichen Blick lernen
Um deine Energie, die sich natürlicherweise nach außen bewegt, nach innen in dein Herz fallen zu lassen, ist es hilfreich, den weichen Blick zu lernen. Beim weichen Blick musst du den üblichen visuellen Vorgang umkehren und dir vorstellen, dass du alles durch die Augen aufnimmst, nach innen, statt durch sie nach außen zu blicken. Gehe in eine stehende, sitzende oder liegende Position (siehe 1. Kapitel). Schließe zunächst die Augen und richte deine Aufmerksamkeit in deinen Körper. Finde eine Stelle – zum Beispiel Bauch, Herz oder Sonnengeflecht –, die sich für dich wie „Zuhause“ anfühlt. Es sollte eine Stelle sein, die dich innerlich gut mit dir in Kontakt bringt und als Anker dienen kann, um deine Aufmerksamkeit im Körper zu halten. Es sollte ein Punkt zum Ausruhen sein, eine Art innerer Quelle, wo du dich sammeln kannst und von wo aus du den gegenwärtigen Augenblick erlebst und erschaffst. Falls sich dein ganzer Körper wie „Zuhause“ anfühlt und kein spezieller Bereich deine Aufmerksamkeit auf sich zieht, kannst du sie auch ganz allgemein in den Körper richten. Sobald du das Gefühl hast, im Körper verankert und gut mit dir im Kontakt zu sein, öffne ganz langsam, Millimeter für Millimeter, die Augen und lasse alles, was in dein Gesichtsfeld tritt, durch die Augen in dich. Das kann eine Blume sein, eine Kerze, eine Pflanze, ein Bild, ein Ausblick im Zimmer, eine Wand, die Decke: Stelle dir einfach vor, dass alles, was vor dir erscheint – die Oberflächen, das Licht, die Farben – in dich hineinkommt. Es tritt durch die Augen in dein Inneres. Dein Schauen wird passiv, als ob der Blick sich umgedreht hätte. Die Augen empfangen nun die Energie und geben sie nicht mehr nach außen ab, wie es sonst beim normalen Sehen der Fall ist. Während du diese Art des Sehens praktizierst, besteht der Trick darin, gleichzeitig auf deinen Körper zu achten und in ihm verankert zu bleiben. Die Absicht dabei ist, die Verbindung mit dir selbst nicht zu verlieren, sobald die Augen sich öffnen. Bei den ersten Versuchen wirst du immer wieder erleben, wie die Verbindung zum Körper verloren geht, sobald die Augen aufgehen.
Wenn du merkst, dass du den Körper vergessen hast und mehr darauf achtest, nach außen zu schauen, statt das Bewusstsein auf deine Innenwelt gerichtet zu lassen, schließe sofort die Augen und verbinde dich wieder für ein paar Sekunden mit deinem Inneren. Wenn du innerlich angekommen und wieder verankert bist, kannst du die Augen wieder ganz langsam öffnen. Mache auf diese Weise weiter, indem du die Augen geöffnet hältst, solange du die Verbindung zum Körper spürst, und sie schließt, sobald du den Kontakt verlierst – bis du ein gutes Gefühl dafür entwickelst. Am Anfang braucht es ein bisschen Übung, aber nach einiger Zeit geht es ganz leicht. Du kannst mit diesem weichen Blick auch in der Natur experimentieren – lenke ihn auf einen Wasserfall, einen Baum, einen Sonnenuntergang, den Mond. Du wirst erstaunliche Erfahrungen machen – von Frieden und Liebe.
TANTRISCHE MEDITATION
Auf Licht meditieren
Wenn dir der weiche Blick bereits vertraut ist, kannst du ihn bei einer speziellen Meditation anwenden, indem du die Kraft des Lichtes nutzt. Auf Licht zu meditieren ist eine der ältesten Meditationen überhaupt. Man wählte das Licht, weil beim Meditieren auf Licht etwas in dir aufblühen kann, was bisher schlummerte.
Nimm dir für diese Übung eine halbe Stunde oder länger Zeit. Schaffe dir eine harmonische Umgebung und setze dich vor eine Kerze. Wende nun den weichen Blick an und lass die Kerzenflamme in dich hineinkommen. Wenn