Das Orchester, das niemals schläft. Christoph Wagner-Trenkwitz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christoph Wagner-Trenkwitz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783903083691
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Höhepunkte des Buches stellt das Kapitel Klang und Tradition dar, in dem sich der Autor dem Mythos »Wiener Klang« widmet. Das Geheimnis dieses Klangerlebnisses beruht auf vielen Komponenten, den besonderen Instrumenten, dem speziellen Ansatz der Tongebung, der besonderen Art des Vibrato, die durch den täglichen Operndienst erforderliche Orientierung an der menschlichen Stimme in Klang und Phrasierung und vielem mehr. Was aber in besonderer Weise zum Gelingen der Aufführungen beiträgt, ist das Vertrauen der Musikerinnen und Musiker untereinander und der familiäre Geist, die letztlich Garanten für das von vielen bescheinigte besondere Klangerlebnis und die darauf gründenden großen Erfolge des Orchesters sind.

      Es liegt anlässlich eines so besonderen Geburtstages nahe, sich der Anfänge zu erinnern. Wer die Prinzipien unserer Gründerväter kennt, die einst den höchsten künstlerischen Qualitätsanspruch des Orchesters, seine demokratische Struktur und seine humanitäre Kompetenz einforderten, versteht, warum wir uns dieser Tradition verpflichtet wissen. Tradition jedoch bleibt nur durch Innovation lebendig, sowohl was die gesellschaftliche Verantwortung als auch die künstlerische Ausrichtung betrifft. So weist das Buch auf die konsequente Aufarbeitung der jüngeren Orchestergeschichte hin, auf die soziale Verantwortung von Künstlerinnen und Künstlern angesichts der drängenden Probleme unserer Zeit, auf lokale und globale Initiativen für Frieden und Völkerverständigung, auf die Gleichstellung von Mann und Frau im Künstlerkollektiv, auf eine verantwortliche Programmgestaltung auch im Hinblick auf zeitgenössisches Musikschaffen sowie auf die internationale Nachwuchsarbeit und Kulturvermittlungsprojekte. Zahlreiche Aktivitäten in diese Richtung zeigen, dass die Wiener Philharmoniker auch im 21. Jahrhundert ein Orchester sind, »das niemals schläft«.

       Andreas Großbauer

      Initiator des Buches und Vorstand

      der Wiener Philharmoniker im Jubiläumsjahr 2017

      Grußwort

      Die Wiener Philharmoniker wurden im Jahr 1842 gegründet. Ohne jede Koordination oder Absprache wurden im gleichen Jahr jenseits des Atlantiks die New Yorker Philharmoniker gegründet.

      Beide Orchester feiern also in diesem Jahr (2017) ihren 175. Geburtstag und stehen auch seit langer Zeit – aber eben nicht seit ihrer Gründung – in engem und freundschaftlichem Kontakt.

      Am 28. März 2017 fand im Haus der Musik in Wien eine stimmungsvolle Geburtstagsfeier für die Wiener Philharmoniker (in Anwesenheit von Vertretern aus New York) unter dem Motto »Musik kennt keine Grenzen« statt.

      Das ist wahrlich ein kluges Motto. Denn Musik, die nicht an Sprache gebunden ist und die jene Gefühle, Emotionen und Gedanken ausdrückt, die allen Menschen gemeinsam sind, kennt tatsächlich keine Grenzen.

      In einer Rede bei diesem Geburtstagsfest habe ich gemeint, dass die Musik von Mozart oder Beethoven und vielen, vielen anderen Komponisten sowie deren Interpretation die Grenze zu den fast 200 Staaten dieser Welt mühelos überwindet. Und gar nicht so wenige dieser »musikalischen Grenzübertritte« haben von Wien, von Österreich und von den Wiener Philharmonikern ihren Ausgang genommen.

      Nun ist ein Geburtstagsfest ein wunderschönes Ereignis; aber es ist eine »Momentaufnahme«. Denn der Geburtstagstermin nähert sich langsam, man freut sich darauf, er ist eines Tages da, aber in kürzester Zeit liegt er schon wieder hinter uns und ist Vergangenheit.

      Demgegenüber ist ein Buch etwas Dauerhaftes, etwas, das man immer wieder zur Hand nehmen kann, das man weiterschenken kann und das seinen fixen Platz im Bücherregal hat.

      Zwar sind über die Wiener Philharmoniker in den letzten Jahren ausgezeichnete und auf neuesten Forschungen beruhende Bücher erschienen. Ich denke insbesondere an die Standardwerke von Clemens Hellsberg (1992) und Christian Merlin (2017).

      Aber die Wiener Philharmoniker sind ein nahezu unerschöpfliches Thema und so begrüße ich es sehr, dass Christoph Wagner-Trenkwitz als hervorragender Kenner der Musikszene im Allgemeinen und der Wiener Philharmoniker im Besonderen zur Feder beziehungsweise zum Computer gegriffen hat, um aus Anlass des 175-Jahr-Jubiläums der Wiener Philharmoniker über »das Orchester, das niemals schläft« zu schreiben.

      Kaiser Karl V. hat bekanntlich ein Reich regiert, in dem die Sonne niemals untergegangen ist. Wenn man bedenkt, dass die Wiener Philharmoniker allein in der Spielzeit 2015/16 49 Auslandskonzerte gegeben haben und bei solchen Auslandskonzerten von Japan bis in die USA und von Schweden bis Australien unterwegs sind, dann kann man ruhig sagen, dass die Philharmoniker wohl zu allen Stunden des Tages (mitteleuropäischer Zeit) aktiv sind und daher »niemals schlafen«.

      Das Schönste ist, dass die Wiener Philharmoniker im vorstehend genannten Zeitraum zwar 49 Konzerte im Ausland gegeben haben, aber 89 (!) Konzerte in Österreich und jedes einzelne davon auf höchstem Niveau.

      Ich bin stolz auf die Wiener Philharmoniker und wünsche diesem Buch, das zum 175-Jahr-Jubiläum dieses großartigen Orchesters erscheint, den besten Erfolg.

       Dr. Heinz Fischer

      Bundespräsident a. D. und Patron der Wiener Philharmoniker

      Noch ein Buch …

      … über die Wiener Philharmoniker? Es gibt nicht wenige. Die von Clemens Hellsberg (1992) und Christian Merlin (2017) können als unübertroffene Standardwerke gelten, die akribisch und sehr umfangreich die Geschichte des Orchesters und seiner Mitglieder darstellen. Das vorliegende Büchlein hingegen sollte ein knapper, pointierter Führer zum 175-Jahr-Jubiläum für »Einsteiger« werden. Manchmal wurde ein anekdotischer Zugang gewählt, weil humorvolle – aber nicht immer quellenkritisch nachprüfbare – Geschichtchen die Wahrheit bündig auf den Punkt bringen.

      Doch die Vergangenheit des Weltklasseorchesters ist nicht nur von lockeren Anekdoten und positiven Momenten geprägt. Auch wenn von geliebten Traditionen wie dem Neujahrskonzert die Rede ist, dürfen wir die Schattenseiten nicht ausblenden.

      Licht und Schatten liegen nahe beieinander. Philharmoniker-Urgestein Otto Strasser wählte den Ausspruch des Klarinettisten Leopold Wlach nach einem Furtwängler-Konzert als Titel seiner Lebenserinnerungen: »Und dafür wird man noch bezahlt.« Demselben Musiker wird auch ein wesentlich weniger erfreulicher Satz zugeschrieben, der auf Seite 110 nachgelesen werden kann …

      Der offene Umgang auch mit den dunklen Seiten ihrer Geschichte ist für die Wiener Philharmoniker mittlerweile ebenso selbstverständlich wie die Aufnahme von Frauen. Wesentliche Kennmarken des modernen Orchesters – soziale Verantwortung, internationale Nachwuchsarbeit, lokale und globale Initiativen für Frieden und Völkerverständigung – wurzeln bereits in den Prinzipien und Visionen der Gründer.

      Der österreichische Nationalstolz ruht auf nicht sehr vielen Säulen; die Wiener Philharmoniker sind eine davon. Hans Weigel meinte pointiert: »Nach Ausrufung der Republik wurde der Adel in Österreich abgeschafft. An seine Stelle ist der Besitz eines philharmonischen Abonnements getreten.«

      Vielen gilt mein Dank für wertvolle Initiative und Hilfe; auf knappem Raum erwähnen kann ich nur Marifé Hernández, die Vorsitzende der Vienna Philharmonic Society New York, und ihren Mann Joel Bell, den Philharmonikervorstand Andreas Großbauer und seinen Nachfolger Daniel Froschauer, weiters Silvia Kargl vom Historischen Archiv der Philharmoniker sowie meine Lektorin Madeleine Pichler.

       Christoph Wagner-Trenkwitz

      Wien, im Oktober 2017

      P. S.: Immer wieder wird das Orchester von menschlichen Tragödien erschüttert. Als Clemens Hellsberg im Sommer 1992 an seiner Demokratie der Könige arbeitete, verstarb überraschend der Konzertmeister Gerhart Hetzel. Ein Vierteljahrhundert später, die Arbeiten zum Orchester, das niemals schläft waren in vollem Gange, erreichte uns die Todesnachricht eines weiteren prominenten Philharmonikers: Soloklarinettist Ernst Ottensamer ist am 22. Juli 2017, 61-jährig, einem Herzinfarkt erlegen. Ich widme dieses Buch dem Andenken an diesen außerordentlichen Musiker und Menschen.

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