Henri stellte die Maschine neben den Autos ab und schaltete dann den Motor aus. Die Männer waren bereits aufgesprungen und hatten sich mit Sturmgewehren und Pistolen aus den übergroßen Rucksäcken bewaffnet, die sie mit an Bord genommen hatten. Unter normalen Umständen würde das wahrscheinlich jeden Piloten in Angst und Schrecken versetzen, aber sie befanden sich hier in Afrika und Henri war ein sehr toleranter Mensch. Daher verzog er keine Miene, als der Jüngste der Männer mit einem Gewehr in der Hand die Tür aufstieß und dabei so aussah, als würde er in den Krieg ziehen.
Die Männer sprangen nun aus dem Flugzeug und winkten den drei Somalis zu, die neben den Fahrzeugen standen – zu ihrer landesüblichen Kleidung gehörten natürlich auch Kalaschnikows. Sie winkten zurück und bedeuteten den Söldnern, näherzukommen. Sol ging dem Begrüßungskomitee entgegen, während die anderen beiden den Laderaum öffneten und einen großen, grünen Seesack hervorholten, den sie vorsichtig auf dem Boden platzierten.
Nach einem kurzen Wortwechsel liefen zwei der spindeldürren Somalis zu dem Flugzeug, um den Neuankömmlingen mit dem Gepäck zu helfen, und zu viert hievten sie die Fracht schließlich in den Laderaum des Toyotas. Sol nickte leicht, dann kletterten die beiden Einheimischen auf die Ladefläche des Datsun, während der dritte Mann das Führerhaus bestieg. Sol und seine Kameraden quetschten sich in den Toyota, und wenige Augenblicke später jaulten beide Motoren auf. Kurz darauf verschwanden die beiden Fahrzeuge mit Kurs auf die Küste in einer Wolke aus Staub und Diesel.
Zehn Meilen später wurde der kleine Konvoi langsamer und Sol konsultierte sein tragbares GPS-Gerät. Er murmelte dem Fahrer etwas zu, woraufhin die beiden Fahrzeuge stehenblieben, denn sie hatten ihren Treffpunkt erreicht. Sol betrachtete aufmerksam das karge Terrain. In der Ferne konnte er gerade noch so eben den Ozean sehen, er musste etwa zwei Meilen entfernt sein. Zufrieden, dass keine Gefahren erkennbar waren, blickte er auf die Uhr und gab seinen Kollegen ein paar knappe Anweisungen. Nachdem die beiden sich ihre Gewehre geschnappt hatten, stiegen sie aus und gingen zum Heck des Wagens, wo ihre Fracht verstaut war. Schließlich stieg auch Sol aus und lief zum Pick-up, wobei ein glühend heißer Wind über den Wüstensand blies. Als er sich näherte, öffneten die Somalis eine alte Kühltasche und holten ein paar Flaschen Wasser hervor, während ihre Waffen locker zwischen ihren Beinen lehnten. Die Hitze schien den Männern offenbar nur wenig auszumachen.
Nachdem ein paar Minuten vergangen waren, kamen auch Sols Kameraden langsam anmarschiert, anscheinend hatten sie ihre Vorbereitungen beendet.
»Lasst uns von hier verschwinden«, sagte der Jüngere und schaute dabei am Horizont entlang, bevor er Blickkontakt mit Sol aufnahm. Die beiden Somalis, die hinten saßen, rückten enger zusammen, und dann stiegen alle ein und machten sich auf die holprige Rückfahrt zum Flugzeug.
Als der Wagen wieder bei der Cessna ankam, verließ Henri den Schatten der Tragflächen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er sah, dass Sol nun am Steuer saß, und seine beiden Männer hinter ihm.
»Wo sind die anderen Jungs?«, fragte er, als sie heraussprangen; alle mit einer Staubschicht bedeckt.
»Die wollten lieber laufen«, antwortete Sol mit einem nichtssagenden Gesichtsausdruck. »Machen wir uns auf den Weg.«
Henri verstand den Wink mit dem Zaunpfahl – es ging ihn ja auch nichts an. Die Männer stiegen ein, verstauten ihre Waffen im nun leeren Frachtraum und nahmen dann ihre Plätze im glutheißen Inneren der Maschine ein. Der Pilot startete den Motor und lenkte die Cessna wieder auf die Schotterpiste zurück, wo er Mühe hatte, sie während der Beschleunigung ruhig zu halten. Erst als er ein relativ glattes Stück Straße vor sich sah, gab er Vollgas. Die Männer wurden in ihre Sitze gepresst und schon bald stiegen sie in die Luft auf. Der große Motor schnurrte vor sich hin und die von Trockenheit geplagte somalische Landschaft verschwand langsam unter ihren Flügeln. Henri drehte eine weite Schleife über das Land und richtete die Maschine dann in Richtung Jemen aus.
KAPITEL 7
Korfa blickte durch ein Fernglas, als die Fremden sich in dem Pick-up entfernten und den Geländewagen wie besprochen unbewacht am etwa einen Kilometer entfernten Übergabepunkt stehen ließen. Er wartete ein paar Minuten und suchte die Straße dann nach etwaigen Gefahren ab. Danach senkte er den Feldstecher und wandte sich Nadif zu, der neben ihm mit dreien seiner verlässlichsten Schützen wartete.
»Alles klar, sie sind weg. Holen wir uns unser Geld«, beschloss Korfa, als er von seiner geschützten Position hinter einer Düne aufstand. Die kleine Gruppe lief auf den wartenden Geländewagen zu, und nach fünfzehn Minuten hatten sie ihn erreicht. Sie musterten das Gefährt zunächst misstrauisch, bis Korfa auf die Hintertür deutete, die Nadif mit einer ausholenden Bewegung öffnete.
Die Augen der drei Männer weiteten sich, als sie den Rucksack im Laderaum entdeckten. Nadif trat zur Seite, um Korfa Platz zu machen, der sich sofort auf die Tasche stürzte und den Reißverschluss öffnete. Für ein paar Minuten betrachtete er andächtig den Inhalt, dann riss er sich von dem Anblick los und schloss die Tasche wieder. Er streifte seinen eigenen Rucksack ab und wühlte darin herum, bis er ein Gerät zutage gefördert hatte, das erst am vorherigen Tag aus Mogadischu eingetroffen war, mit dabei war eine Bedienungsanleitung.
Er ließ sich Zeit, schaltete es an, und ließ es langsam über die Tasche gleiten, wobei er aufmerksam das Display betrachtete. Dann stand er auf und wiederholte den Vorgang mit dem gesamten Fahrzeug. Schließlich nickte er Nadif triumphierend zu.
»Alles sauber, soweit ich es beurteilen kann. Stecken die Schlüssel in der Zündung?«, fragte er. Nadif beeilte sich, zur Fahrertür zu laufen und nachzusehen. »Ja.«
»Dann mach den Motor an«, befahl ihm Korfa und trat zurück. Nadifs Brauen zogen sich zusammen, dann nickte er und zwängte sich hinter das Lenkrad. Korfa machte noch ein paar Schritte von dem Fahrzeug weg, sein Sturmgewehr hatte er locker über die Schulter gehängt.
Der Motor röhrte auf und alle entspannten sich sichtbar. Korfa eilte zur Beifahrertür, während die anderen Männer auf die Rückbank stiegen.
»Bring uns zurück zum Schiff. Hier draußen fühle ich mich nicht sicher. Wir zählen das Geld später, und wenn alles da ist, räumen wir bis zum Abend unser Lager«, verkündete Korfa. Er hob ein weiteres Mal das Fernglas an die Augen, während sie über eine Schotterpiste holperten. Er hörte nicht auf, den Horizont abzusuchen, weil er noch immer eine Falle witterte.
Ihr Kontakt in Mogadischu hatte ihnen das Gerät geschickt und ihm versichert, dass es jedwede Form von Spürsender erkannte, doch wenn er ehrlich war, verstand er nichts von diesen Dingen, auch, wenn er inzwischen wenigstens gelernt hatte, wie man das Gerät benutzte und die Messungen ablas. Immerhin war dies das größte Lösegeld, das er je eingetrieben hatte, und das Leben hatte ihn gelehrt, dass man wertvolle Dinge nicht einfach so ausgehändigt bekam.
Der schwere Geländewagen durchkreuzte jetzt im Schneckentempo die Einöde aus lockerem Sand und brauchte eine halbe Stunde, um das Schiff zu erreichen, das im Schutz der Bucht vor Anker lag. Die Hälfte der Männer warteten an Land, und als sie den Toyota sahen, begannen sie laut zu jubeln. Endlich fiel die Anspannung der lang gezogenen Verhandlungen von ihnen ab.
Das Gefährt hielt an und Korfa stieg aus, dicht gefolgt von Nadif und seinen Männern. Während sich die restlichen Piraten um sie versammelten, gingen Korfa und Nadif zur Heckklappe und sahen aufmerksam zu, wie zwei der Männer sich die schwere Tasche schnappten.
»Kommt, lasst uns die Beute zum Schiff bringen. Dann zählen wir das Geld und funken die anderen an, damit sie die LKWs herbringen«, sagte Korfa. Sein Plan sah vor, dass sie die Bucht mit Transportern aus dem Dorf Eyl verließen, während sie die Gefangenen sich selbst überließen.
Die Piraten johlten erneut auf, als ihre Kameraden die schwere Tasche über ihre Köpfe hoben und sie wie ein Heiligtum zum Strand trugen, wo die