Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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sie mit Lena alleine verbringen. Bis zum Nachmittag war Michael mit Hochwürden unterwegs. Die junge Frau ahnte schon jetzt, daß es ihr schwerfallen würde, ihn solange nicht zu sehen.

      Wie es ihr erst gehen würde, wenn Michael und Lena wie-

      der abreisten, daran mochte

      sie überhaupt noch nicht denken!

      Ihre Mutter sah sie fragend an, als sie zur Tür hereinkam.

      »Na, wie war’s?«

      Andrea lächelte, breitete die Arme aus und umarmte die Mutter.

      »Schön war’s«, antwortete sie.

      Marianne Mahlinger sah ihre Tochter forschend an.

      »Sag’ mal, du hast dich doch wohl net in diesen Herrn Lindner verguckt?«

      Die junge Frau schüttelte den Kopf.

      »Nein, Mama, gewiß net«, erwiderte sie. »Ich hab’ mich net in ihn verguckt. Ich liebe ihn vielmehr. So sehr, wie ich noch nie einen Mann geliebt hab’!«

      Ihre Mutter riß die Augen auf.

      »Aber, Kind, hast’ es dir auch richtig überlegt? Was soll denn d’raus werden, wenn er wieder abreist?«

      Andrea zuckte die Schulter.

      »Ich weiß es net, Mama. Ich weiß nur, daß die schönsten Wochen vor mir liegen, die man sich denken kann.«

      »Und er«, forschte die ältere Frau nach, »liebt er dich auch?«

      Ihre Tochter lächelte.

      »Er weiß doch noch gar nix davon, Mama.«

      *

      »Herrlich, so eine Brotzeit in freier Natur!« schwärmte Michael Lindner und biß herzhaft in die mit Schinken belegte Brotschnitte.

      Vor ihrem Aufbruch hatten sie im Pfarrhaus lediglich einen Kaffee getrunken. Nach gut zwei Stunden, in denen es stetig berg-auf gegangen war, saßen Sebastian Trenker und sein Gast am Rande einer Almwiese und schauten ins Tal hinunter.

      Der junge Witwer sah in den Rucksack, den er getragen hatte. In ihm befand sich der Proviant.

      »Wer soll das bloß alles essen?« fragte er zweifelnd.

      Der Bergpfarrer schmunzelte.

      »Sie werden sich wundern«, antwortete er. »Spätestens nach der zweiten Rast ist nix mehr übrig.«

      Wie immer, hatte Sophie Tappert auch heute reichlich mitgegeben. Sie sah es ohnehin nicht gerne, daß Hochwürden soviel in den Bergen herumkletterte, und befürchtete schon seit langem, daß er sich da einmal verirren könne, oder gar abstürzen und noch Schlimmeres!

      Indes hatte sich das Entsetzen der Haushälterin vor gar nicht all zu langer Zeit noch gesteigert. Da war Sebastian nämlich nicht in die Berge hinaufgestiegen, sondern noch höher. Mit einem Privatflugzeug hatte er einen Rundflug über seine schöne Heimat gemacht. Als Sophie Tappert davon hörte, betete sie, daß Hochwürden bloß heil und unbeschadet wieder landen möge.

      Allerdings war der gute Hirte von St. Johann nicht selbst geflogen. Professor Bernhard, der anerkannte Mediziner und frühere Mentor Dr. Wiesingers, hatte ihn dazu eingeladen. Ulrich Bernhard, ein passionierter Amateurflieger, kam nicht oft dazu, seinem Hobby zu frönen. Dazu ließ ihm sein aufreibender Beruf kaum Zeit. Aber als Toni Wiesinger seinen väterlichen Freund in einer medizinischen Angelegenheit um Rat fragte, ließ der Arzt es sich nicht nehmen, persönlich in das Alpendorf zu kommen und benutzte dazu sein Flugzeug.

      Gerade, als sie ihre Rast machten, mußte Sebastian an dieses schöne Erlebnis denken. Zwar war es nicht das erste Mal, daß er geflogen war, aber es war schon ein Unterschied, ob man in einem geräumigen Passagierflugzeug saß, oder in so einer kleinen Privatmaschine. Jedenfalls war er dem Professor immer noch dankbar, daß er ihn zu dem Rundflug eingeladen hatte.

      »Wie’s scheint, versteht Ihre Tochter sich ja prächtig mit der Andrea«, meinte der Geistliche, als sie weitergingen.

      »Ja, ich bin auch ganz glücklich darüber«, nickte Michael. »So bleibt mir doch auch ein bissel Zeit, etwas im Urlaub zu unternehmen, wozu Lena noch zu klein ist.«

      Allerdings gab es da noch etwas anderes, über das der junge Mann glücklich war. Auch wenn er es erst nicht wahr haben wollte, so mußte er sich doch eingestehen, daß er sich in die attraktive Andrea Mahlinger verliebt hatte. Die halbe Nacht hatte er darüber nachgegrübelt und war zu dem Schluß gekommen, daß es keinen Zweck hatte, sich gegen seine Gefühle zu wehren. Schon jetzt freute er sich darauf, wenigstens am Abend ein paar Stunden mit ihr zu verbringen.

      Die Tour führte die beiden Männer auf die Jenneralm. Maria Hornhauser begrüßte sie und tischte ein deftiges Mittagessen auf. Die Sennerin, die mit Tochter, Schwiegersohn und Enkelkind hier oben lebte, erzählte, daß ihre Kinder für eine Woche nach Ungarn gefahren waren. Ihr Ziel war der Plattensee, wo sie den kleinen Urlaub verbrachten, den Maria ihnen geschenkt hatte.

      Auf dem Rückweg war der Proviantrucksack nicht weniger schwer, als beim Aufstieg. Zwar hatten die beiden Männer tatsächlich alle Brote aufgegessen, dafür steckte jetzt ein riesiges Stück Bergkäse darin, den die Sennerin eingepackt hatte.

      Rechtzeitig zum Abendessen waren sie wieder zurück. Lena lief ihrem Papa strahlend in die Arme, und Michael nahm sie hoch und wirbelte sie herum.

      »Hast’ einen schönen Tag gehabt?« erkundigte er sich.

      Seine Tochter nickte und erzählte, was sie und Andrea alles unternommen hatten. Der junge Mann erfuhr, daß sie am Nachmittag bei Andreas Eltern im Haus gewesen waren und dort bis eben im Garten gespielt hatten.

      »Meine Mutter ist ganz vernarrt in Lena«, schmunzelte die Kindergärtnerin. »Aber das ist ja auch kein Wunder.«

      An diesem Abend brachten Michael und Andrea das Kind gemeinsam ins Bett. Lena hielt sie beide an den Händen, und die Liebe war zum Greifen nahe, als Andrea und Michael in dem stillen Zimmer am Bett saßen und die Hände der Drei miteinander verbunden waren.

      *

      Laute Musik dröhnte über den Platz, Menschen drängten sich, und überall priesen die Schausteller ihre Fahrgeschäfte, Gewinnlose und andere Attraktionen an.

      Kirmes in Engelsbach.

      Als Lena davon hörte, wollte sie natürlich dorthin.

      »Warum net?« hatte Michael gemeint. »Machen wir uns einen schönen Tag dort.«

      Das Kinder-Karussell war überhaupt die Sensation. Auch wenn es nicht gerade billig war, so ließ der stolze Vater seiner Tochter doch ihren Willen, Lena durfte gleich dreimal hintereinander fahren.

      Anschließend bummelten sie über den Festplatz. In der Woche wurde die Kirmes von den Touristen beherrscht, die von überall herkamen, wie man an den unterschiedlichen Dialekten unschwer hören konnte.

      Andrea ging neben Michael, die Kleine an der Hand, damit sie im Gedränge nicht verlo-

      ren ging. Immer noch mußte die junge Frau an das verblüffte Gesicht denken, das ihre Mutter gemacht hatte, als die Tochter ihr eröffnete, sie liebe diesen Mann, den sie erst vor zwei Tagen kennengelernt hatte. Nach ei-

      ner Weile hatte Marianne Mahlinger sich dann aber damit ab-

      gefunden. Sie wußte genau,

      daß Andrea ihren eigenen Kopf hatte und sich durch nichts von dieser Liebe abbringen lassen würde.

      »Ich glaub’, eine Erfrischung würd’ uns jetzt allen guttun«, sagte Michael Lindner.

      Sie waren an dem Festzelt angekommen, in dem, zur Freude der Besucher, eine Blaskapelle spielte. Sie fanden einen freien Tisch, der nicht zu nahe bei der Musik stand, so daß eine Unterhaltung noch möglich war. Lena und Andrea bekamen eine Apfelschorle, Michael trank einen Kaffee.

      »Wer möchte denn ein Stück-chen Kuchen?« fragte er.