Es musste doch irgendwo etwas zu finden sein … – Das konnte nicht sein – nur eine kurze Notiz im Lokalteil?!
Kutter fast gesunken … Schaden erheblich … Sabotage oder Unfall … Wasserschutzpolizei ermittelt noch …
Was, das war alles?
Er hatte diesmal viel riskiert. Es war zum Verrücktwerden. Komisch, das war genau das Wort: »verrückt« hatte seine Frau ihn genannt und ihren Koffer gepackt.
Warte nur, mein Schatz, dachte er, auch du wirst mich wieder lieben, sobald alle begreifen, was ich vollbracht habe.
Sein Blick war starr auf einen Punkt im Wohnzimmer gerichtet. So saß er noch, als die Sonne bereits aufgegangen war.
8.
An Bord des Polizeibootes
»Onno, Maschinen klar!«
Mit einem satten Dröhnen starteten die Dieselmotoren.
»Leinen los.« Elzinga legte mit dem Dienstboot vom Anleger der Dienststelle ab und nahm Kurs auf die Schleuse.
Das Ruderhaus wurde vom grünen Licht des Radars schwach beleuchtet. Alle anderen Lichtquellen waren heruntergedreht worden. Die Aufgaben der Bootsbesatzung waren klar verteilt: Hans Schulz war Ausguck an Deck, Ferdinand Diekmann Radarbeobachter und Onno Elzinga steuerte das Boot.
Der Blick durch die Fenster war sinnlos und in der Binnenschifffahrt bei Nebelfahrt zudem verboten. Die Schleuseneinfahrt war auf dem Radarbild klar zu erkennen.
Der Nebel drang durch die halb geöffnete Ruderhaustür. Schulz hatte sich schon öfter über die Zugluft beschwert. Elzinga hatte ihm erklärt, dass die Tür absichtlich nicht geschlossen wurde. »Stell dir, vor wir kollidieren im Nebel mit einem anderen Fahrzeug. Die Türen verziehen sich und können nicht geöffnet werden. Die Fenster und Bullaugen kannst du auch nicht einschlagen: seeschlagsicher und zwei Zentimeter dick. Das nennt man dann wohl Mausefalle, also lass die Tür auf.«
»Du kannst einem ja das Gruseln beibringen«, hatte Schulz gemurrt.
»Leer Lock«, meldete sich Elzinga bei der Schleuse, »wir liegen fest. Ihr könnt zumachen.« Er legte den Hörer des Funkgerätes in die Halterung zurück.
»Okay, Onno wir müssen einiges ausgleichen. Es dauert einen Moment«, kam es von der Schleuse zurück.
Hans Schulz stand an Deck und achtete darauf, dass sich der Festmacher zwischen Schleusenwand und dem Boot nicht beklemmte.
»Was liegt eigentlich genau an?«, fragte Elzinga den Kollegen Diekmann.
»Ich weiß nur, dass sich im Nebel ein Schiff auf einer Buhne festgefahren hat. Die Meldung haben wir von der Verkehrszentrale. Ein holländisches Binnenschiff. Es soll keine akute Gefahr für die Besatzung bestehen. Der Unfallort liegt unterhalb des Sperrwerkes.«
»Siebzehn Kilometer bis zur Unfallstelle bei Sichtweite von fünfzig Meter und darunter. Mahlzeit. Außerdem fahren wir mit dem Strom. Das Boot wird schlecht zu manövrieren sein.«
»Dafür sind wir schneller da!«
*
Landseite Sperrwerk
Die Sprühdose mit der Signalfarbe, Bolzenschneider und die Eisensäge alles zusammen in den Rucksack … Die nächste Aktion sollte eindeutig werden und das Zeichen, das er diesmal hinterlassen wollte, würde diese Ignoranten endlich erkennen lassen, wer diese Taten vollbrachte. Die Voraussetzungen waren ideal: Nebel und Dunkelheit. Die hydraulischen Leitungen der Sperrwerksmechanik waren diesmal sein Ziel.
9.
An Bord des Polizeibootes
Die Stille an Bord wurde greifbar. Das Radarbild zeigte, dass die Sperrwerksöffnung jetzt genau vor ihnen lag. Hans hatte den Navigationsscheinwerfer eingeschaltet und suchte mit dem starken Lichtkegel die Öffnung oder wenigstens die davor ausgebrachten Tonnen im Fahrwasser.
Das Boot geriet in die starke Strömung vor den Pfeilern des Sperrwerks. Jetzt war wichtig, dass der Kurs nicht von der Vorauslinie des Radargerätes abwich. Das erforderte schnelle Ruderbewegungen, die allein mit dem Handruder nicht zu schaffen waren. Onno bediente das Ruder mit Hilfe des zusätzlichen elektrischen Schalthebels.
*
Landseite Sperrwerk
Er hörte das Motorengeräusch und sah einen Lichtkegel, der durch den Nebel nach ihm tastete. Das konnte doch nicht sein – sie hatten ihn entdeckt?! In Panik ließ er alles liegen und rannte zurück zum Sicherungszaun.
*
An Bord des Polizeibootes
»Hans, mach doch endlich den Scheinwerfer aus, der hilft auch nicht und stört uns nur.«
Das Boot passierte sicher die Öffnung des Sperrwerkes und nahm Kurs auf den Unfallort, der auf dem 1,6-sm-Bereich des Radargerätes bereits erkennbar war.
»Mist«, schimpfte Elzinga. »Ausgerechnet ein Tanker!«
Dessen rotes Rundumlicht leuchtete schwach durch den Nebel. Der Schiffsführer hatte offensichtlich eine erforderliche Kursänderung an einer Tonne versäumt und war mit dem Vorschiff auf einer Sandbank festgekommen.
Elzinga nahm über Seefunk Kontakt auf. Die Schiffsführung teilte ihm mit, dass das Achterschiff noch auf Maschinenmanöver reagieren würde, aber das Vorschiff bekamen sie nicht frei.
»Das Wasser fällt. Schlepper haben zu viel Tiefgang und können den Tanker nicht erreichen«, sagte Elzinga nachdenklich. Er informierte die Verkehrszentrale und überlegte zusammen mit seinen Kollegen, was zu tun sei.
»Wieso haben sie nicht gleich einen Schlepper bestellt?«, maulte Ferdinand Diekmann. »Das dauert jetzt viel zu lange und der Tanker bricht uns auseinander.«
»Der Schiffsführer weiß ganz genau, dass er bei den Wetterverhältnissen nicht fahren durfte«, sagte Onno Elzinga. »Der hatte wohl die Hoffnung, ohne Aufsehen von selbst freizukommen. – Hans, Ferdinand holt die dicke Schleppleine aus der Vorpiek. Wir versuchen es selbst. Ich spreche das mit der Schiffsführung ab. Die nehmen das Tau an und sollen es auf der vordersten Pollerbank belegen. Ich versuche, das Vorschiff runterzuziehen. Sobald ich das Signal gebe, bringt ihr euch in Sicherheit. Das Schlepptau wird enorm belastet und ihr solltet nicht in der Nähe des Taus sein, falls die Schleppverbindung reißt.«
Nach einer letzten Absprache mit der Schiffsführung gab Onno Elzinga das vereinbarte Signal. Der Bugstrahl und der Hauptantrieb des Tankers wurden auf volle Leistung geschaltet.
Elzinga legte beide Fahrhebel zunächst auf langsame Fahrt voraus. Die Schleppverbindung zwischen dem Polizeiboot und dem Vorschiff des Tankers spannte sich. Vorsichtig erhöhte Elzinga die Drehzahl der siebenhundert PS starken Motoren, bis beide Maschinen in Vollast liefen.
Die Schleppverbindung hielt.
»Da kannste Geige drauf spielen«, meinte Hans Schulz. Er rieb sich die Stirn, in der Aufregung hatte er vergessen, bei der Tür den Kopf einzuziehen.
Die drei Kollegen verfolgten vom Ruderhaus des Bootes aus gebannt das Manöver. Diekmann fragte: »Bewegt er sich?«
Schulz schrie gegen den Krach der Maschinen an: »Ich glaube … Warte … Tatsächlich: Das Vorschiff des Tankers kommt frei!«
In diesem Moment hörten sie auch schon die aufgeregte Stimme des Schiffsführers aus dem Lautsprecher: »Polizeiboot – wir sind frei!«
»Das war knapp und für uns ein hohes Risiko, schließlich sind wir kein Schlepper«, sagte Ferdinand Diekmann erleichtert.
»Danach fragt jetzt keiner mehr.« Onno Elzinga atmete tief durch, um sich zu beruhigen. »Holt das Tau ein, sonst haben wir es noch in der Schraube.«
Onno Elzinga wies den Schiffsführer an, den Außenhafen Emden anzulaufen. Dort sollte die Fachbehörde den Tanker auf Schäden durch die Grundberührung