Cailyn kam an ihre Seite und schlang ihren Arm um ihre Taille. »El, Schätzchen, hol tief Luft. Diese netten Gentlemen haben keine Ahnung, wie sehr du und Dalton euch geliebt hat. Du hast sie beschuldigt ihren Job nicht zu machen, also werde nicht wütend, wenn sie ihn machen.«
Sie hatte ihren Kopf unten, wollte niemandes Starren begegnen, während schweigende Minuten vergingen. Cailyn und Zander hatten beide Recht. Die Frage hatte einen Nerv getroffen, der sie losgehen ließ wie eine Rakete. Schließlich kam sie zur Einsicht und hob ihren Kopf.
»Es tut mir leid. Ihr habt natürlich Recht. Das ist ein sensibles Thema für mich. Ich hasse es, dass die Leute immer annehmen, dass es so etwas in der Art geben muss, wenn es keine andere Erklärung gibt. Es gibt Dinge in dieser Welt, die sich nicht erklären lassen und fähig sind ohne Grund Böses zu tun«, erwiderte Elsie. Mehr als alles andere wollte sie sich diesen Männern wegen der Vampire anvertrauen. SOVA brauchte Stärke wie ihre.
Zanders Hände zogen sich fast schmervoll zusammen. »Nicht alles is’, wie es scheint. Bring dich nich’ in Gefahr. Du bist jetzt ein Teil von uns.«
Orlando spähte breit lächelnd über Zanders Schulter. »Jaah, in guten wie in schlechten Zeiten, du bist jetzt Teil der Familie. Wir sind ein zusammengewürfelter Haufen, aber wir würden alles für dich tun.«
Sie war hilflos darin etwas anderes zu tun als sein Lächeln zu erwidern, als sich das Gefühl, dass sich ihr Leben unwiderruflich verändert hat, in ihrem Bauch niederließ. Es war nervenaufreibend und ließ sie sich als Erwiderung verkrampfen, bis sie bemerkte, dass das Gefühl von Tragödie, das normalerweise ihre vorhersehenden Episoden begleitete, abwesend war. Es war eine nette Veränderung zur üblichen Schwarzmalerei.
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* * *
Stunden später wankten Zanders Schritte zu keiner Zeit, als er den Absatz des herrschaftlichen Treppenaufgangs vom Zeum erreichte, auf der Suche nach seinen Geschwistern und Dark Warriors. Dank moderner Technologie senkten sich automatische Jalousien vor der Dämmerung und bedeckten die großen Panoramafenster, beschützten so die Vampire vor der Sonne. Nicht länger war seine Art während der Tagesstunden in Räume im Keller verbannt.
Er entdeckte Rhys, als dieser das große Foyer durchschritt, mit einer Flasche Wein in das Kriegszimmer steuerte. Er musste im gewaltigen Weinkeller im Untergeschoss vorbeigeschaut haben.
»Wo sind die anderen?«, bellte er, was den Krieger zusammenzucken ließ.
Rhys verdrehte sich in einer eleganten Bewegung in Richtung der Treppe. Bereit gegen jedwede Bedrohung zu kämpfen. Die Flasche Wein war in seinen fähigen Händen eine tödliche Waffe. Seine Haltung entspannte sich, sobald er Zander erblickte. »Göttin, Vasall, du musst ein paar Geräusche machen. Ich denke, Kyran, Breslin und Bhric sind im Medienzimmer und ich schließe mich jetzt Gerrick im Kriegszimmer an. Was steht an?«
»Ist dieser Wein für dich und Gerrick? Ein nettes, kuscheliges kleines Intermezzo?«, neckte Orlando, als er hinter Zander spazierte.
Zander blickte den Krieger finster an. Normalerweise genoss er Orlandos Humor, aber er war höchst angespannt durch die unverbrauchte Lust, die davon verursacht wurde für Stunden um Elsie herum gewesen zu sein. Ganz zu schweigen davon, dass es eine neue Bedrohung für sie gab, was durch die Tatsache verkompliziert wurde, dass er nach einem Mitglied der Bürgerwehr gierte. Er war in der Lage gewesen Stücke aus Elsies Geist über SOVA zusammenzutragen. Er war noch immer schockiert, dass der kleine Feuerball ein Teil einer solchen Gruppe war.
»Aaaaaach, O, eifersüchtig, dass wir dich nicht miteinbezogen haben? Du kannst dich uns gerne anschließen, aber hol dir deine eigene Flasche.«
»Schwachkopf. Es gab eine Entwicklung, die Auswirkungen auf das gesamte Reich in sich birgt«, versetzte Orlando und aller Anschein seiner Gutmütigkeit war verschwunden.
»Hol Gerrick und trefft uns im Medienzimmer, jetzt!« Zanders Puls stieg stark an und seine Anspannung steigerte sich. Seine Muskeln waren so fest gespannt, dass sie reißen könnten.
»Ja, Vasall.« Rhys nickte seine Bestätigung und verschwand in das Kriegszimmer.
Zander ging den Flur unter der Doppeltreppe entlang und betrat die Küche, welche zu dieser Zeit des Tages leer war. Er war dankbar dafür, weil er diese Information mit keinem außerhalb seines inneren Kreises teilen wollte. Der Rat der Allianz und das gesamte Reich mussten es erfahren, wenn man bedachte, dass diese Neuigkeiten sie alle betrafen, aber jetzt gerade hatte er zu viel, das er durchsehen musste.
Hinter der Küche war der Wintergarten, aber er sah auch dort niemanden sich aufhalten. Sein Blick glitt über die limettengrünen Kissen auf dem Weidensofa und landete auf dem Fliesenboden. Er erinnerte sich an das Blut, den Schweiß und die Tränen, die es benötigt hatte, um jede Fliese von Hand zu schneiden, die jetzt das aufwendige Design des Triskele-Amuletts im Zentrum des Fußbodens bildeten.
Zander hörte seine Geschwister unten im Flur im Medienzimmer sprechen. Er betrat den Raum und rollte beim Anblick von Breslin und Kyran mit den Augen, die auf einem der schwarzen Ledersofas saßen und wegen ihrem Kartenspiel stritten. Bhric saß auf einem dick gepolsterten Stuhl neben ihnen. Der Scotch stand oben auf der gut ausgestatteten Bar in der Ecke. Wer von ihnen griff so früh am Morgen zur Flasche?
Er setzte sein Geld auf Bhric. Es schien, als ob sein Bruder über die vergangenen Jahrzehnte mit zunehmender Häufigkeit Alkohol und andere Substanzen konsumierte. Ein Blick zum Ende des Tischs neben Bhric bestätigte seine Vermutungen. Das Eis hatte keine Zeit gehabt in dem hohen Glas zu schmelzen.
Ein Flachbildfernseher nahm die gesamte Wand ein und war auf den Sportsender ESPN eingeschaltet. Er nahm die Fernbedienung von der Oberseite eines Schränkchens im Stil von Louis XVI und stellte die Lautstärke stumm. Das erhaschte die Aufmerksamkeit seiner Geschwister. Erst dann bemerkten sie, dass er, gefolgt von Orlando, Santiago, Rhys und Gerrick, den Raum betreten hatte.
Bhric erfasste die Szene rasch und schnappte seinen Sgian dubh aus seinem Knöchelhalfter. »Was is’ los, Brathair? Werden wir angegriffen?«
»Nay, wir werden nich’ angegriffen. Wir haben eine Situation.« Er hielt an und sammelte seine Gedanken. »Orlando und Santiago haben auf mein Geheiß einen Fall angenommen und wir haben entdeckt, dass es eine neue Bedrohung gibt. Wir müssen festlegen, was wir deswegen tun sollen, wenn überhaupt etwas.«
Gerrick verzog seine Lippen zu einem dünnen Strich, was die Narbe, die sich über seine linke Gesichtshälfte erstreckte, hervorstehen ließ. »Welche Art von Bedrohung? Ich kann mit jeder Bedrohung mühelos klarkommen. Sag mir, wer es ist, und ich werde ihn umbringen.«
Zander rebellierte bei dem Gedanken, dass Elsie irgendein Schaden befallen könnte. »Diese Herangehensweise wird nich’ funktionieren. Der Fall involviert die menschliche Frau, deren Ehemann vor achtzehn Monaten ermordet wurde. ’S is’ ein Todesurteil einen Menschen umzubringen … und ich kann nich’ einmal eine Kränkung ihrerseits tolerieren.«
Orlando klinkte sich ein: »Um es klarzustellen, Elsie stellt keine Bedrohung dar. Sie mag von Vampiren wissen, oder von was sie denkt, dass es Vampire sind. Aber wird es niemandem erzählen oder sie hätte es uns erzählt. Die größere Bedrohung kommt von SOVA. Einen Haufen Menschen zu haben, die versuchen übernatürliche Kreaturen umzubringen, ist ein Desaster, das nur darauf wartet in Erscheinung zu treten.«
»Okay. Noch einmal von vorne und erklär mehr«, sagte Breslin.
Zander setzte sich auf eines der Sofas und lehnte sich nach vorne, wobei er seine Ellbogen auf seinen Knien ruhen ließ. »Orlando hat Recht. Elsie stellt keine direkte Bedrohung dar. So viel war aus ihren Gedanken ersichtlich. Sie wird niemandem von den Skirm erzählen, aus Angst als Wahnsinnige angesehen zu werden. Sie gibt den Vampiren Schuld am Tod ihres Ehemannes, aber was sie nich’ weiß, is’, dass es Skirm waren. Sie steckt in einer Bürgerwehr drin namens SOVA oder Survivors of Vampire Attacks, also Überlebende von Vampirattacken, und sie jagen bei Nacht.