Darauf wusste ich leider auch keine Antwort. Realistisch besehen wurden die Chancen mit einem Kind bestimmt nicht größer. Stattdessen griff ich nach der Sektflasche, um unsere Gläser erneut zu füllen.
»Wie gefällt es Luca im Kindergarten?« Als er ganz klein war, hatte Inés nur in Teilzeit gearbeitet und die paar Stunden hatte ihre Großmutter ihn beaufsichtigt. Sobald er laufen konnte, war er wie die meisten anderen Kinder auf Mallorca in den Kindergarten gekommen. Kaum jemand konnte es sich leisten, daheim zu bleiben. Und mit einem solchen Nichtsnutz wie Manuel als Partner schon zweimal nicht.
»Mittlerweile hat er sich eingewöhnt.« Inés fing an zu strahlen, wie immer, wenn die Sprache auf ihren süßen Sohn kam. »Es gefällt ihm und er geht gerne hin. Trotzdem ist es hart, ihn erst wieder am Abend zu sehen. Wenigstens macht mir mein Job Spaß.«
»Ja, das ist schon viel wert! Die Boutique ist toll und mit deiner Chefin hast du auch Glück! Sie ist echt nett«, erinnerte ich mich lächelnd. »Und den passenden Mann findest du auch noch, du wirst schon sehen!« Auf jeden Fall war es hilfreich, optimistisch zu bleiben.
Ines nickte zustimmend, sah aber auch nicht wirklich überzeugt aus. »Ich bin schon gespannt, was dein Chef sagt, wenn du jetzt auch noch kündigst. Zwei Mitarbeiterinnen innerhalb einer Woche. Ob ihm das mal zu denken gibt?«
»Da bin ich eher skeptisch. Was die Lernfähigkeit von Männern anbelangt, bin ich mittlerweile sehr ernüchtert. Aber wenn wir ehrlich sind, haben wir auch noch viel zu lernen.«
Inés nickte. »Ja, vor allem, uns nicht mehr mit Männern einzulassen, die uns überhaupt nicht verdienen.«
»Du sagst es!« Wir hoben unsere Gläser und stießen darauf an.
8. Kapitel
Lorenzo
Ich lag lang ausgestreckt auf meinem Sofa und zappte mich durch das Fernsehprogramm. In den Sommermonaten würde es mir wochenlang nicht einmal auffallen, wenn der Fernseher kaputt wäre. Dafür genoss ich es umso mehr, nach sieben Monaten ohne einen freien Tag, einfach mal herumzugammeln. Es war herrlich, mich nach einem lauten, hektischen Sommer in meine Wohnung zurückzuziehen und mich um nichts kümmern zu müssen. Der Vorspann eines Action-Thrillers, den ich nur dem Titel nach kannte, erregte mein Interesse und erwartungsvoll rückte ich das Kissen in meinem Rücken noch etwas bequemer zurecht.
Während des Werbeblocks drosselte ich die Lautstärke und holte mir noch ein Bier aus dem Kühlschrank. Dabei stellte ich fest, dass ich langsam hungrig wurde. Die Gedankenkette zum Supermarkt und zu Angelina knüpfte sich ganz von selbst. Bei der Erinnerung an ihre spontane Einladung zu dem leckeren Mittagessen lief mir das Wasser im Mund zusammen. Danach waren wir schwimmen. Verwandte von ihr besaßen in der Nähe des Leuchtturms von Portocolom ein schönes, altes Haus direkt am Ufer, schon mehr eine Villa, die sie in deren Abwesenheit betreute. Dort gab es einen privaten, versteckten Zugang zum Meer. Auch wenn es sich dabei nur um eine Metallleiter handelte, die von einer betonierten Plattform ins Wasser führte, war es ein ganz anderes Vergnügen, als auf dem überfüllten Strand zu liegen. Ich schmunzelte bei dem Gedanken daran, was mir bei der abgeschiedenen Lage so alles eingefallen wäre, aber auch nur dort zu baden, war ein schönes Erlebnis. Normalerweise war ich keine ausgeprägte Wasserratte. Ich mochte das Meer, aber ich war lieber auf dem Wasser als darin. Außer mit Angelina. Mit ihr zu schwimmen, ihren geschmeidigen Körper in dem knappen Bikini in Aktion zu erleben und zu sehen, wie elegant und mühelos sie sich bewegte, war ein unerwartetes Vergnügen.
Unwillkürlich drängte sich die Überlegung auf, wie sie sich wohl beim Sex bewegen würde. Eine Vision von ihr auf mir und dem langen, dunklen Haar, das nach vorne fiel und meinen Brustkorb streifte, ließ mich hart werden. Sie war definitiv heiß, das stand außer Frage. Ebenso wie die Tatsache, dass sie sich auf der Suche nach einer festen Partnerschaft befand. Seufzend griff ich nach der Fernsteuerung und schaltete den Ton lauter, um mich wieder der Handlung des Filmes zu widmen.
Ich stöhnte genervt, als nun auch noch die Darsteller sich näher kamen, statt die Bösewichte ordentlich aufzumischen. Der leidenschaftliche Sex auf dem Bildschirm ließ meine permanent auf standby schlummernde Libido aufflammen. Ungeniert schob ich die Hand in meine Jogginghose. Ich schloss die Augen und ohne meine Fantasien bewusst zu lenken, glitten sie sofort wieder zu der hinreißenden Frau, mit der ich den Nachmittag verbracht hatte. Nun bewegte sich ihr geschmeidiger Körper unter mir und ihre langen Beine umklammerten meine Hüften. Ihr berückender Duft umgab mich, gierige Lippen streiften meinen Hals, als sie die Arme um mich schlang und ihre weichen Brüste verführerisch an meinen Brustkorb drückten. Ich schloss meine Faust noch fester um meinen pulsierenden Schwanz und pumpte schnell. Die Vorstellung, wie sie unter mir zum Orgasmus kam, sich wand und stöhnte, ließ mich kommen. Kraftlos ließ ich den Kopf in den Nacken sinken und genoss die Lust, die durch meinen Körper flutete und mich für ein paar grandiose Sekunden komplett außer Gefecht setzte.
Ich liebte dieses Gefühl der Entspannung, das einsetzte, sobald sich mein Herzschlag langsam beruhigte, und normalerweise einige Stunden anhielt. Deshalb irritierte es mich, dass ich, kaum hatten die Bösewichte ein unrühmliches Filmende gefunden, erneut von sexuellen Fantasien heimgesucht wurde. Und natürlich auch diesmal von meinem schwarzhaarigen Engel. War es tatsächlich erst einen Tag her, dass ihre Hände scheinbar unschuldig über meinen Körper geglitten waren? Unvermittelt hatte ich wieder den Duft der Sonnencreme in der Nase und meinen Penis in der Faust. Ich erinnerte mich an jede ihrer sanften Berührungen, doch dann gab es eine Programmänderung: Die Vorstellung, wie sie ihre vollen, weichen Lippen um meine Eichel schloss und mit der Zungenspitze jedes Detail erkundete, löste den zweiten explosiven Höhepunkt aus.
Der nächste Film hatte angefangen, ohne dass ich von der Handlung auch nur irgendetwas mitbekommen hatte. Mittlerweile knurrte mein Magen heftig und ich beschloss, den Kühlschrank zu plündern. Viel war da allerdings nicht mehr zu holen. Ich bedeckte den Boden einer Pfanne mit ein paar Scheiben Sobrasada und briet darauf zwei Spiegeleier. Die würzige, streichfähige Wurst lieferte genug Fett, dass die Kruste schön knusprig wurde. Ein paar Scheiben Brot vervollständigten die Mahlzeit. Während ich aß, versuchte ich, mich zu erinnern, ob mir Angelina ihre Dienstzeiten für diese Woche verraten hatte, und fragte mich gleichzeitig, warum mich das überhaupt interessierte. Als Nächstes fiel mir auf, dass ich sie, sobald sie in Rafaels Einrichtungshaus in Manacor arbeitete, noch weniger zu Gesicht bekommen würde. Jedenfalls nicht zufällig und das ging mir ziemlich gegen den Strich. Das wiederum ärgerte mich erst recht. Was war es nur, das mich so zu ihr hinzog, obwohl sie nichts von mir wollte? Das war ja beinahe so, als wäre ich süchtig nach dieser Frau!
Erbost beschoss ich, dass es höchste Zeit war, mein Sex-Leben wieder anzukurbeln. Ich nahm mein Smartphone zur Hand und rief die Kontakte auf.
Es gab da eine Reihe von Frauen, die mir zu verstehen gegeben hatten, dass sie sich weitere Treffen durchaus vorstellen konnten. Zumindest war das zu dem Zeitpunkt der Fall gewesen, als wir nach einem befriedigenden Zusammensein wieder getrennte Wege gegangen waren. Nun würde ich mich daran machen, abzuchecken, wie weit das Angebot noch aktuell war.
Ich scrollte mich von A bis Z durch meine Kontakte und kehrte unentschlossen zum Anfang zurück. Als mein Blick bei A wie Angelina hängen blieb, warf ich das Handy ärgerlich auf das Sofa und verzog mich in die Küche, um das Geschirr abzuwaschen.
Vielleicht brauchte ich einfach erst einmal etwas Erholung von der anstrengenden Saison, bevor ich mich für heiße Dates bereit fühlte? Ja, das musste es sein!
Ein greller Blitz und der darauffolgende Donner rissen mich aus meinen Gedanken. Ich hatte überhaupt nicht bemerkt, dass uns die für den nächsten Morgen angekündigte Schlechtwetterfront bereits erreicht hatte. Rasch lief ich durch die Wohnung, um die Fensterbalken zu schließen und zu überprüfen, ob alles dicht war. Es dauerte keine fünf Minuten, bis der Regen hart gegen die Balken prasselte und nach einem weiteren Blitz war der Strom weg. Es war so stockdunkel, dass mir sofort klar war, dass auch die Straßenbeleuchtung ausgefallen sein musste. Vorsichtig tastete ich mich