„Am Ziel der Fahrt ist angelangt mein Leben,
Auf schwachem Kahn durch wilden Meers Gewalten,
Im Hafen, wo der Landende gehalten
Ist, Rechnung über all sein Tun zu geben.
Die mich die Kunst zur Gottheit ließ erheben,
Zum einz'gen Herrn, die Freude am Gestalten:
jetzt weiß ich, wieviel Irrtum sie enthalten;
Denn Irrtum ist des Menschen Erdenstreben.
Was gilt, was einst ich sann in Lust und Fehle,
Wenn zwiefach Sterben mir vor Augen schreitet,
Ein Tod gewiss, der andre schreckt mit Bangen?
Nicht mal' noch meißl' ich mehr, Ruh wird der Seele
Von jener Gottesliebe nur, die breitetAm Kreuz die Arme aus, uns zu umfangen.“
Also auch hier bei allem Dienst der Schönheit, ohne den biblischen Glauben, nichts anderes als Hoffnungslosigkeit!
Nicht Pflicht als Glück, nicht Arbeit als Trost, nicht Schönheit als Genuss beantworten die bange Frage des Menschen nach dem Wozu? seines Daseins. Mithin ist alles Tun und Genießen des Menschen ohne den lebendigen biblischen Glauben hoffnungslos!
Das soll uns noch deutlicher werden, wenn wir jetzt zum Schluss noch die letzte Frage betrachten, die Frage nach dem Wohin?
Wohin Mensch, Menschheit, Menschenwerk und die vom Menschen wahrgenommene Welt?
Bei dem Versuche, diese allerwichtigste, allerhöchste Frage zu beantworten, zeigt sich die Hoffnungslosigkeit des Unglaubens am auffälligsten. Wie lautet die Antwort, die er uns anbietet? Sie lautet kurz zusammengefasst so: Vom Menschen zurück zum Nebelfleck.
Vor mir liegt eine Einladung zu einem naturwissenschaftlichen Vortrag, betitelt: „Die Tragödie der Erde“, das will sagen: „Die Unglücksgeschichte der Erde“, gemäß folgendem Programm:
I. Teil.
Wie konnte die Erde im Weltenraum entstehen?
Wie entwickelten sich die ersten Lebewesen auf der Erde?
Wie bildete sich der Mensch aus den niedrigsten Formen der Lebewesen?
Das erste Auftreten des Menschen.
Halbmensch, Vormensch, Urmensch.
II. Teil.
Die Entwicklung des Menschen und seiner Kultur.
Der Mensch der Zukunft.
Die höchste Stufe der Kultur auf Erden.
Rückgang und Verfall des Lebens auf der Erde.
Uns möge jetzt der zweite Teil dieser „Unglücksgeschichte der Erde“ interessieren. Da wird uns zunächst wissenschaftlich verkündigt, es gehe mit dem Menschen und seiner Kultur noch immer mächtig vorwärts. Ungeahntes werde sich erfüllen. Doch habe sich der Mensch nicht herausgerungen aus seiner tierischen Herkunft und Vergangenheit. Noch lebe die Bestie in ihm. Aber die Überwindung des Tierischen sei nur eine Frage der Zeit. Allerdings könne diese Zeit Jahrhunderttausende umfassen. Das sei aber im Vergleich mit der Länge der Entwicklungsperiode, die die Umwandlung des Wirbeltieres zum Kulturmenschen umfasse, so gut wie gar nichts. Also nur Geduld. Gerade gegenwärtig tue die Kulturmenschheit in Naturerkenntnis und Naturbeherrschung wieder einen ganz gewaltigen Schritt vorwärts, der zum Glauben an die Erreichung der höchsten Kulturideale berechtige. Der Mensch der Zukunft werde sich als völliger Herr der Natur erweisen. Keine Phantasie könne sich die Herrlichkeit dieser Herrschaft ausmalen. Ihr werde die Gerechtigkeit, Freiheit und Vernünftigkeit seiner ethischen und sozialen Kultur entsprechen, die ihm eine Zeit vollkommenen Wohlbefindens als Lohn für alles menschliche Ringen auf seiner Erde bringen werde. Aber inmitten des ewigen Werdens und Vergehens könne ja auch diese sicher zu erwartende höchste Kultur nicht von bleibender Dauer sein.
Der Höher- und Höchstentwicklung müsse naturgemäß der Rückgang und Verfall der menschlichen Kultur auf Erden folgen. Und nicht nur der Verfall der Kultur, sondern sogar der Verfall des Menschen mitsamt der Menschheit selbst. Eine Rückbildung der Menschenart ins Tierische zurück sei als wahrscheinlich anzunehmen. Sie werde Hand in Hand mit dem allgemeinen Verfall des Lebens auf der alternden Erde vor sich gehen. Vielleicht kaum merklich langsam, vielleicht durch veränderte Daseinsbedingungen der Erde katastrophenartig, in Gestalt wiederkehrender Eiszeiten, die die Kultur des Menschen nach dem Äquator zurückdrängen werden und womöglich den letzten Menschen in Eskimokleidung dort erfrieren lassen. Ob nun langsam oder plötzlich, jedenfalls werde das organische Leben wieder zu den niedrigsten Formen herabsinken und endlich ganz auf Erden ersterben.
Die Erde selbst habe man sich dann in mondgleicher Verödung als ausgestorbenen Planeten zu denken, dessen Kollegen am Himmel ebenfalls einer nach dem andern dem Greisentum entgegenaltern, bis sie, wie der Mensch und alles Erdenleben in den Schoß seiner Mutter Erde zurücksank, in den Schoß der greisen Mutter Sonne zurückstürzen werden, deren verlöschende Glut sich vom Tode ihrer Kinder vielleicht noch einmal nähre, um endlich auch zu verlöschen. Als tote dunkle Sonne, wie es deren viele im Weltraum gibt, werde sie dann noch existieren, bis sie durch gewaltige Weltkatastrophen einer größeren Sonne, ans glühende Herz geschleudert oder sonst zertrümmert werde. Aber nicht nur unser Sonnensystem, sondern auch die große Sonnenfamilie, zu der unsere Sonne mit ihren Kindern gehört, werden unter unermesslichen Himmelskatastrophen verenden und, wie der Mensch zu Erdenstaub wird, wieder zur glühenden Gasmasse werden, aus der die Sonnen einst durch Rotation und Abkühlung geboren wurden. Das weite Totenfeld zerschellter Sonnen im Weltraum werde dann sein ein neuer glühender Nebelfleck.
Also vom Nebelfleck zum Menschen und vom Menschen wieder zum Nebelfleck! Und in diese Weltentragödie eingeschlossen die Tragödie, die Unglücksgeschichte der Erde und – des Menschen! –: das ist's, was dir mit grausiger Sachlichkeit eine ungläubige Wissenschaft zu melden und als Antwort zu bieten hat auf die Menschheitsfrage „Woher? Wohin?“ Ist das nicht wahnwitzige, wahnsinnige Hoffnungslosigkeit? Oder soll die erhabene Großartigkeit des Weltbrandspieles, innerhalb dessen der Mensch in der Eiszeit seiner sterbenden Erde mitsamt seiner heißerarbeiteten Kultur verdirbt, für die grausige Hoffnungslosigkeit entschädigen? Oder soll der Gedanke, dass aus dem Weltenflammentode ja wieder neue Sonnen, neue Erden, neue Erdenlebewesen, ja eine neue Menschheit geboren werden die grausige Hoffnungslosigkeit mildern oder gar aufheben? Ist etwa die Endlosigkeit dieses nach Milliarden von Milliarden Erdenjahren aufgerollten Weltenspieles eine Antwort auf den Menschenschrei: „Woher? Wozu? Wohin?“ Oder soll der ewige Bestand des „Seins“, in dem über Werden und Vergehen hinaus „das Leben“ lebendig kreist und bleibt, etwa lebendige Hoffnung sein?
Wie könnte der bloße Bestand des Seins die Antwort sein! Und doch kennt der Unglaube am Grabe des einzelnen Menschen und am Grabe des Menschengeschlechtes und seiner verherrlichten Kultur keine andere Auferstehungspredigt als die des „ewigen“ Seins als „ewiges“ Werden und Vergehen. Und weil ihn selber dabei friert, fügt er mit der Gebärde des großen Verzichts eine moralische Ermahnung zur Bescheidenheit fürs kleine Menschlein an, es solle doch keine egoistischen Wünsche ans Weltall stellen, sondern sich genügen lassen am wissenschaftlich so herrlich erkannten Kreislauf des einen großen Lebens. Welche grausig-armselige Komödie! Ja, welche Tragikomödie der Hoffnungslosigkeit! O Mord am Menschenherzen und Menschengeist! O Bankrott einer Wissenschaft, die gerade von dem nichts weiß, was der Mensch so lebensnötig wissen muss! Denn nie wird sich das Innerste des Menschenwesens und Menschenherzens „wissenschaftlich“ totschlagen lassen; nie wird es aufhören zu fragen: Woher? Wozu? Wohin? Und immer wieder wird es die Antwort des Unglaubens als Hoffnungslosigkeit empfinden.
Allerdings deckt die träge, ichsichere Gedankenlosigkeit des Menschen die Schauerlichkeit seiner Hoffnungslosigkeit zu. Die meisten Menschen denken nicht weit. Sie leben dem Augenblick. „Lasset uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot!“ Das ist ihr Gedankenkreis. Solche