Christmas Bloody Christmas 2. Thomas Williams. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Williams
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783948168186
Скачать книгу
am Schaufenster vorbeimarschierten. Sie schrien irgendetwas, das ich nicht verstand, schubsten jeden, der ihnen in die Quere kam zu Boden und blieben schließlich genau vor dem Eingang stehen.

      »Hey, muss wer von euch hier rein?«, fragte einer von ihnen.

      »Sehe ich aus, als müsste ich kacken? Das hier ist doch nichts weiter als ein Scheißhaus«, antwortete mein Vater, woraufhin alle lachten. Dann aber fügte er hinzu, »na ja, ich muss meinem Sohn noch irgendein Videospiel kaufen, aber das kann ich später machen. Wenn dann nur noch so eine Schweinehirtensimulation übrig ist, kriegt er eben die.«

      Wieder lachten die Männer. Dann zeigte ein besonders fettleibiger von ihnen irgendwohin und rief:

      »Hey, das ist doch Kaiser aus Abteilung C. Den Ficker packen wir uns.«

      »Los, Bro, du zuerst!«, feuerte mein Vater ihn an und klopfte ihm auf die Schulter. Der dicke Mann marschierte voran und alle anderen folgten ihm.

      Endlich wagte ich mich nach draußen. Von den Aasgeiern fehlte jede Spur, aber dennoch wollte ich vorsichtig bleiben. Weiter in dieselbe Richtung wie vorher laufend, hoffte ich, den Schmuckladen endlich zu finden. Am besten, bevor es dort nichts mehr zu kaufen gab. Mein Vater hatte mir nicht empfohlen, eine Halskette zu kaufen, weil es Claudia sehr freuen würde, sondern weil solche Geschenke am begehrtesten waren und ich somit in die Höhle der Löwen musste.

      »Wenn du das geschafft hast, schaffst du jeden Christmas Brawl«, hatte er gesagt, seinen Arm etwas zu fest um meinen Hals gelegt, mir die Luftröhre zugedrückt und hinzugefügt: »Wenn du ohne Halskette vom Brawl nach Hause kommst, kannst du dich auf was gefasst machen.«

      Ich hatte also keine andere Wahl, als den Schmuckladen zu finden. Doch allmählich wurde die Zeit knapp, denn der Brawl lief schon zwei Stunden und auch, wenn das Einkaufszentrum noch bis in den Abend geöffnet hatte, würden irgendwann die besten Geschenke fort sein.

      Unterwegs sah ich meinen Erdkundelehrer eine alte Frau mit einem Kabel erdrosseln und entschloss mich dazu, in seinem Unterricht künftig besser aufzupassen.

      In einer Safe-Zone knieten ein Mann und eine Frau eng umschlungen und weinten bitterlich. Dabei schrie die Frau immer wieder:

      »Ich habe dir gesagt, es ist zu früh für ihn, zum Brawl zu gehen! Ich habe es dir gesagt!«

      Niemand kümmerte sich um sie. Ich auch nicht, denn ich entdeckte die Treppen, die überraschenderweise nahezu leer waren. Mit jedem Schritt zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte ich hinauf und wäre dabei fast in einen Mann mit mehreren Einkaufstaschen hineingelaufen. Es überraschte mich, dass er so viel bei sich trug, aber von meinem Vater wusste ich, dass einige Aasgeier auch einfach wahllos Menschen mit Tüten und Taschen töteten, um ihre Einkäufe zu klauen. Sie hofften, später darin etwas zu finden, das sie verschenken konnten.

      Der Mann warf mir einen beunruhigend langen Blick zu, aber da ich nichts bei mir trug, war ich uninteressant und er ging weiter. Ich entschloss mich, in die andere Richtung zu gehen. Und die war genau richtig, denn etwa hundert Meter weiter erspähte ich glücklich den Schmuckladen. Ich erkannte ihn an der geschwungenen Leuchtschrift über dem Eingang und der Menschentraube davor, die aus aufeinander einprügelnden Kunden bestand. Und während sie sich gegenseitig die Köpfe einschlugen, standen drinnen mehrere Verkäufer, die freundlich lächelten und vollkommen ruhig blieben. Wie Maschinen, die nur dazu da waren, um zu funktionieren. Keiner würde sie anrühren oder attackieren, das war eine weitere Regel, die nicht gebrochen werden durfte.

      Während ich den Kämpfenden zusah, schwand meine Zuversicht, an eine Halskette zu gelangen. Es waren einfach zu viele Menschen. Vielleicht würde es mir gelingen, einen oder zwei von ihnen auszuschalten, aber nur, wenn sie bereits geschwächt waren. Ich war genauso hager wie mein Vater, aber im Gegensatz zu mir konnte der einiges einstecken. Ja, es schien ihm sogar zu gefallen, ein paar Treffer abzubekommen. Ich hingegen versuchte, Schmerzen stets aus dem Weg zu gehen.

      Als sich mehrere Personen aus dem Laden nach draußen kämpften und von anderen verfolgt davonrannten, überlegte ich, ihnen ebenfalls nachzulaufen. Einer erschöpften Person eine Halskette abzunehmen, würde viel leichter sein, als eine im Geschäft zu kaufen. Aber kaum, dass ich den Gedanken beendet hatte, legte jemand eine blutbeschmierte Hand auf meine Schulter. Auch ohne hinzusehen, wusste ich, wer es war.

      »Das ist sie, mein Junge! Heute ist deine Reifeprüfung, aber ich will dich nicht wie Dustin Hoffman schreiend gegen das Schaufenster hämmern sehen. Du gehst da rein, holst deiner Kleinen eine anständige Kette und kommst nicht ohne raus. Danach rennst du nach Hause. Scheiß auf Geschenke für mich oder deine Mutter. Und besonders für deine Schwester. Hast du gesehen, was sie in der Fressmeile macht? Mit dem Kellner flirten. Die kriegt nachher was von mir zu hören. Aber jetzt geht es um dich.«

      Gern hätte ich meinem Vater gesagt, dass Monika noch nie mit irgendwem geflirtet hatte, denn dafür hätte sie ihren Blick vom Handy nehmen müssen. Aber da bauten sich seine Freunde um uns herum auf.

      »Schnapp sie dir, Tiger!«, sagte mein Vater und gab mir einen sanften Stoß. Wäre ich nicht sofort weitergegangen, hätte er mir wahrscheinlich in den Hintern getreten oder mich angebrüllt. Dennoch schienen meine Beine mit jedem Schritt schwerer zu werden. Ich stellte mir Claudia vor und wie sie sich freute, wenn sie die Kette sah. Die erhoffte Motivation blieb jedoch aus.

      Etwa zehn Schritte von der Rauferei entfernt, testete ich noch einmal, ob meine Knie- und Ellenbogenschützer fest genug saßen. Dann zog ich den Gurt meines Helms enger. Eigentlich nur, um Zeit zu schinden. Und dann brachte ich die letzten paar Schritte hinter mich und bahnte mir einen Weg an den sich prügelnden Menschen vorbei, wurde aber beiseitegestoßen, bekam einen Schlag ins Gesicht und taumelte.

      Warmes Blut floss aus meiner Nase über meine Lippen und am liebsten wäre ich davongerannt, aber das ging jetzt nicht. Mein Vater und seine Freunde behielten mich im Auge. Also versuchte ich es noch einmal, schlug mehrmals hintereinander auf einen Mann ein, der etwas kleiner als ich war, erkannte den Vater meines Freundes Olaf, der uns beim Rauchen erwischt und an meine Eltern verpetzt hatte. Dann schlug ich noch ein paarmal mehr zu, stieß ihn zur Seite und schob die nächste Person tiefer ins Gedrängel. Sofort stürzten sich mehrere Anwesende auf ihn und bemerkten gar nicht, wie ich mich an ihnen vorbeidrängelte. Weiter Richtung Ladentür. Ich wurde hin und her gestoßen, gab aber nicht auf. Mich an mehreren Männern und Frauen vorbeischiebend, kam ich der Tür immer näher. Drinnen zeigten die Kunden schreiend auf die ausliegenden Artikel, brüllten die stets lächelnden Verkäufer an oder rauften sich verzweifelt die Haare. Mehrere Personen lagen am Boden, wurden aber nicht beachtet.

      Als ich erneut von jemandem gestoßen wurde, glaubte ich schon an einen Angriff, aber hinter mir waren nur zwei miteinander ringende Männer umgefallen. Der eine drückte den anderen nach unten und schlug mit solcher Wucht auf ihn ein, dass Blut spritzte. Ich kümmerte mich nicht weiter darum, gelangte in den Laden und war überrascht, dass ich nicht sofort attackiert wurde. Aber scheinbar waren die Menschen zu beschäftigt, um auf mich zu achten.

      Erst als ich auf die wenigen verbliebenen Halsketten in einer Glastheke zuging, bemerkte mich jemand. Ein großer Kerl in schwarzer Lederjacke versperrte mir sofort den Weg und maulte:

      »Denk nicht mal dran, Freundchen! Ich brauche eine für …«

      Ohne Vorwarnung schlug ich ihm in die Weichteile und ließ ihn zurück, während er heulend in die Knie ging. Einen anderen Mann riss ich vom Tresen weg, verpasste ihm eine Gerade, dann einen Schlag in den Magen und kassierte selber einige Treffer, bevor ich mir aus einer neben mir stehenden Einkaufstasche einen Werkzeugkasten schnappte und ihn dem Kerl gegen den Kiefer schmetterte. Blut und Zähne spritzten aus seinem Mund.

      Den Koffer achtlos fallen lassend, wandte ich mich der Verkäuferin zu, die mich ansah, als würde sie all das Chaos gar nicht bemerken.

      »Wie kann ich dir helfen, junger Mann? Suchst du etwas für deine Freundin?«, fragte sie.

      Ihr Lächeln wirkte ansteckend. Ich erwiderte es, fühlte mich plötzlich sicherer und erwiderte:

      »Ja, ich …«

      Jemand stülpte mir von hinten