Solo für Sopran. Peter Gerdes. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Peter Gerdes
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783839264683
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weichen Lippen keinen Abbruch.

      »Wo denkst du hin«, sagte er, als sie beide wieder Luft holen konnten. »Beim Singen natürlich. Was das andere angeht, wie willst du dich da steigern? Du bist doch ein absolutes Naturtalent!«

      Sie lachte geschmeichelt und dockte ihren Mund erneut an seinem an.

      Unglaublich, dachte er, was man diesen jungen Dingern so auftischen kann. Drei Nummern gröber geschmeichelt als die absolute Schmalzgrenze – ganz egal, die glauben einfach alles. Gierig ließ er seine Hände über ihre Haut wandern.

      Sie löste ihr Gesicht von seinem, fragte atemlos: »Willst du? Hier, mitten in den Dünen?«

      Wäre ja nicht das erste Mal, schoss es ihm durch den Kopf. Laut aber sagte er: »Lust hätte ich schon, aber ich weiß nicht, ob wir hier wirklich ungestört sind. Um uns tagsüber zu treffen, sind die Dünen ja ideal, da sind unsere Leute entweder am Strand oder im Ort, aber für alles andere … zu riskant. Lieber heute Abend. Ich habe uns wieder ein Zimmer besorgt. Wollen wir uns so gegen halb zehn treffen? Beim Dünenfriedhof, wie immer?«

      »Ist gut«, sagte sie und ließ von ihm ab. Sie kramte in ihrer Strandtasche, förderte eine Plastikflasche Mineralwasser zu Tage und trank durstig. Dann hielt sie ihm die Flasche hin.

      Früher hätte ich die Flasche zuerst bekommen, dachte Heiden grimmig. Aber er sagte nichts, sondern griff zu und lächelte dankend.

      »Sag mal«, fragte Sabrina, während sie ihr Hemd wieder überstreifte, »was wird jetzt eigentlich mit Hilkes Platz im Chor? Du hast doch bestimmt schon einen Ersatz für sie im Auge, ganz egal, ob ihr nun etwas zugestoßen ist oder nicht. Ist doch so, oder?«

      »Tja.« Er zögerte. »Von den Leistungen her wäre Theda Schoon wohl dran. Trotz ihres Patzers neulich.«

      »Nee, nicht?« Sabrina richtete sich im Sitzen steil auf, ein einziges Stück Ablehnung. »Auf keinen Fall Theda! Jede andere, aber nicht die.«

      »Na sag mal!«, fuhr Heiden auf. »Wie kommst du denn dazu, so etwas zu sagen? Ich kann doch wohl besser beurteilen, wer hier am ehesten die Leistung bringt, die wir …«

      »Und ich kann wohl am ehesten beurteilen, auf wen du scharf bist!« Sabrinas Stimme wurde schneidend. »Glaubst du, ich merke nicht, wie die sich an dich ranschmeißt? Dir schöne Augen macht? Ich weiß ja, dass dir so etwas gefällt. Aber das kommt nicht in Frage. Auf gar keinen Fall.«

      »Und was, wenn doch?« Der Chorleiter war jetzt richtig sauer. »Willst du dann vielleicht vor lauter Wut deine Teilnahme an der Amerikareise absagen? Glaubst du etwa, du bist unersetzlich?«

      »Frag nicht so dämlich«, sagte sie leise. »Dann gehe ich zur Taudien. Ich bin zwar schon über sechzehn, aber noch bin ich Schülerin. Und zwar deine. Von Unzucht mit Abhängigen hast du ja wohl schon gehört.«

      Zum zweitenmal innerhalb weniger Minuten fragte sich Heiden, wie blind er denn gewesen war. Natürlich war er sich des Risikos bewusst gewesen – eines theoretischen Risikos, gewiss, aber keiner wirklichen Gefahr. Ihn, den Verehrungswürdigen, schwärzte man doch nicht an! Seine Gunstbeweise waren schließlich Geschenke, die heiß ersehnt und dankbar akzeptiert wurden …

      Ja, Scheiße. Angeschmiert war er, und zwar nicht zu knapp. Diese miese kleine Göre hatte ihn jetzt in der Hand, und er musste nach ihrer Pfeife tanzen. Jedenfalls für ein Weilchen. Trotzdem, schlimm genug.

      Er entschied sich einzulenken. »Wahrscheinlich hast du recht. Es muss auch nicht Theda sein. Da gibt es ja noch andere, die nicht viel schlechter sind. Wie wäre es denn …« Er ließ die Riege der Kandidatinnen vor seinem geistigen Auge Revue passieren. Wirklich hässlich war keine von ihnen, stellte er fest; in einem gewissen Alter schienen alle Mädchen reizvoll zu sein. Jedenfalls für ihn.

      Dann hatte er es. »Wie wäre es mit Wiebke Meyer?«

      Sabrina nickte. »Wiebke ist in Ordnung«, sagte sie gönnerhaft. »Die ist noch voll das Kind. Total unreif.«

      Sie erhob sich, schlang sich den Wickelrock um die Hüften und zerrte an ihrem Badelaken: »Steh mal auf!«

      Gehorsam rappelte er sich hoch. »Dann sehen wir uns heute Abend?«

      »Halb zehn, alles klar«, erwiderte Sabrina, ohne ihn anzusehen, und packte ihre Tasche fertig.

      Sie hat die Zügel nicht nur fest in der Hand, sie hat sich auch schon an diesen Zustand gewöhnt, stellte Heiden fest. Eine unangenehme Situation.

      Nachdenklich stapfte er durch den weichen Sand zurück in Richtung Wasserturm.

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