Da schlug ihm jemand von hinten etwas Hartes auf den Kopf. Er wurde zurückgerissen und starrte in die grinsenden Visagen von Shatson und Geliert. Rushling kam auch noch dazu, und Munk schleuderte das Brett zur Seite, mit dem er ihm den Schlag verpasst hatte.
„Sehr freundlich von dir, uns die mühselige Sucherei zu erleichtern“, höhnte der Gangster. „Wir waren schon fast am Verzweifeln. Aber jetzt ist ja alles wieder im Lot.“
Strother Lynch hätte sich am liebsten vor Wut auf die Gangster gestürzt. Aber das wagte er nicht. Sie waren zu viert. Sie würden ihn totschlagen. Er musste diplomatischer vorgehen.
„Die Mühe hättet ihr euch sparen können“, meinte er mit gequältem Grinsen. „Ich wollte euch das Zeug ohnehin bringen. Allerdings solltet ihr jetzt noch nicht wissen, wer den genialen Plan ausgedacht hat. Ich denke, es ist besser, wenn ihr das vorläufig noch für euch behaltet. Reiniger hat nämlich den Doc im Verdacht.“
Munk staunte.
„Demnach stammte der Brief also von dir?“
Lynch blähte sich auf. „Von wem denn sonst? Und ich rate euch gut, endlich eure Pfoten von mir zu nehmen. Ohne mich kommt ihr nicht an den Zaster. Nur ich weiß, wie ihr den Transporter schnappen könnt.“
„Daran habe ich im Moment nicht gedacht“, gab Munk zu.
Die Männer um ihn lachten. Bevor Strother Lynch es sich versah, wurde er von vier Fäusten gepackt und hoch in die Luft geschleudert. Er schlug auf dem Dach auf und spürte jeden Knochen.
Aber da fielen sie schon wieder über ihn her und zerrten ihn in die Höhe. Diesmal versetzten sie ihm einen seitlichen Schwung. Als sie ihn johlend losließen, flog er über den Rand des Daches hinaus und stürzte in die Tiefe.
19
Mabel Taylor schrie auf, als sie den Mann direkt auf sich zufliegen sah. Bount stürzte herbei und riss sie zur Seite. Gleichzeitig versuchte er, Strother Lynchs Fall zu bremsen. Er wurde zu Boden gerissen und unter dem Mann begraben. Beide waren schnell wieder auf den Beinen.
Lynch verzog das Gesicht zu einer Grimasse und massierte seinen linken Knöchel.
„Der ist mindestens verstaucht“, prophezeite er.
„Was hatten Sie auch auf dem Dach verloren?“, fragte Bount vorwurfsvoll.
Lynch wurde einer Antwort enthoben. Ein paar Kugeln peitschten über ihre Köpfe hinweg und schlugen in die Bretterwand des Stalles ein.
Sie gingen erneut auf Tauchstation. Lynch riss das Mädchen mit sich. Bount zerrte Palmer zu Boden.
Da sahen sie die Gangster auf dem Dach. Sie richteten Gewehre auf sie, und der kleine Munk baute sich breitbeinig auf und schrie: „Ab jetzt weht hier ein anderer Wind, Freunde. Wir haben das Kommando übernommen. Der kleine Dreckspatz da unten wird euch bestätigen, dass sich ein ganzes Waffenlager in unserem Besitz befindet. Ihr tut also gut daran, unsere Befehle zu befolgen.“
Shatson und Rushling traten kurz darauf aus dem Haus. Jeder von ihnen trug eine Maschinenpistole. Wenig später folgten Munk und Geliert. Hurt und Bommerfield stießen ebenfalls zu ihren Komplizen und wurden mit Waffen ausgestattet.
In Strother Lynch kochte es.
„Die Schießprügel nützen euch gar nichts“, brüllte er. „Ohne mich bekommt ihr das Geld nicht. Nur ich kenne den Plan. Meine weiteren Anweisungen erhaltet ihr nur, wenn ihr den Widerstand aufgebt.“
„Der Brief stammt von Ihnen?“, fragte Bount zweifelnd.
„Hatten Sie gedacht, von Caan?“, gab Lynch spöttisch zurück.
Munk trat an ihn heran und schlug ihm ins Gesicht.
„So sehen meine Anweisungen aus, du Hirsch. Von dir stammt überhaupt nichts. Inzwischen hat wohl auch der letzte Idiot kapiert, dass ich den Zettel geschrieben habe. Euer Killer interessiert uns nicht. Er kann bleiben, wo der Pfeffer wächst. Bildet ihr euch etwa ein, Munk und seine Freunde sind ohne fremde Gebrauchsanweisung nicht in der Lage, einen Geldtransport auszuplündern? Dafür sind wir die Fachleute. Wir haben alles, was wir brauchen, und die Mäuse holen wir uns morgen.“
Bount sah ein, dass Widerstand nur ein anderes Wort für Selbstmord war. Sechs MPis und Gewehre ließen nur Kapitulation zu. Jedenfalls scheinbare. Dass er an Gegenwehr dachte, solange er noch am Leben war, verstand sich von selbst.
Er sah, dass Palmer den Revolver aus der Tasche reißen wollte. Hastig packte er ihn am Arm und hielt ihn bombenfest. Das fehlte noch, dass sich der Gefängnisdirektor eine Kugel durch den Kopf jagen ließ und eine der beiden Waffen auch noch opferte.
„Sie haben recht, Palmer“, sagte er so, dass es alle hören konnten. „Die Jungs sind uns überlegen. Das muss man anerkennen. Sollen sie sich doch das Geld holen. Uns gehört es schließlich nicht. Irgendwann wird man sie schon wieder einfangen. Die Polizei ist nicht dumm. Sie bringt die Gefangenenbefreiung sofort mit dem Überfall in Verbindung. Ich schätze Munk und die anderen nicht für so töricht ein, dass sie uns überflüssigerweise umlegen. Das brächte ihnen keinerlei Vorteil, denn ihre Namen sind ohnehin bekannt. Wir können ihnen nicht mehr gefährlich werden. Leider!“
Der Gangsterboss grinste gehässig.
„Diese Rede hast du aber hübsch aufgesagt, Reiniger. Viel haben wir von deinen Fähigkeiten ja nicht gemerkt, aber immerhin hast du uns rausgeholt. Das bringt dir einen Pluspunkt bei uns ein. Aber nur einen. Falls du irgendwelche Mätzchen probierst, ist Feierabend. Darauf hast du mein Wort.“ Er gab Hurt und Geliert einen Wink. „Holt die beiden anderen her! Sie sollen auch erfahren, nach wessen Pfeife sie jetzt zu tanzen haben.“
Die beiden Gangster verschwanden im Haus.
Shatson und Rushling kümmerten sich um die beiden Wagen. Mit ein paar Drähten schlossen sie die Zündung kurz. Das war ein Werk von Augenblicken. Die Motoren sprangen aber trotzdem nicht an.
„Kein Sprit, Boss“, rief Shatson. „Beide Tanks sind trocken.“
Munk sah Bount scharf an.
„Das hast du dir wohl ausgedacht, wie? Du bildest dir ein, damit hättest du uns die Flügel gestutzt.“ Er richtete seine MPi auf Mabel Taylor und fuhr fort: „Wenn ihr das Benzin nicht innerhalb von zwei Minuten aus dem Versteck holt, puste ich die Kleine so gründlich um, dass sie nie wieder aufsteht.“
Auf dieser Ranch waren bereits drei Menschen gestorben. Munk war der Mann, der skrupellos genug war, diese Serie fortzusetzen.
„Bringen Sie die Kanister, Reverend!“, sagte Bount Reiniger zähneknirschend zu dem Geistlichen, der zusammen mit Gladys Taylor gerade aus dem Haus getrieben wurde.
Pool erfasste die Situation und nickte stumm. Er verschwand im Schuppen und kehrte schon bald mit einem Kanister zurück. Er fasste fünf Gallonen. Er schleppte ihn zu dem Gefängniswagen und kippte den Inhalt in den Einfüllstutzen. Dann kehrte er in den Schuppen zurück und brachte den zweiten Kanister von derselben Größe.
Er ging nicht besonders schnell und schnaufte. Vor Munk blieb er stehen, setzte den Kanister ab, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen.
„Baden kannst du später, du Trottel“, schrie der Gangster und versetzte ihm einen Stoß.
Pool schrie spitz auf und stürzte über den Kanister, der umfiel und seinen Inhalt in den Sand ergoss.
„Es tut mir leid“, stammelte er. „Sie haben mich gestoßen.“
Einen Moment lang sah es so aus, als wollte Munk den Reverend niederschießen.
Bount stand auf dem Sprung. Er würde das zu verhindern suchen. Vielleicht gelang es ihm, Munk zu überwältigen und ihn als Geisel gegen die anderen Gangster einzusetzen. Viel Hoffnung hatte er allerdings nicht. Die fünf würden auf ihren Anführer verzichten und den Coup auf eigene Faust durchziehen.
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