"Übergabe?"
"Erpressergeld."
"Haben die Kollegen versucht, Torturros Handy zu orten?"
Lew nickte.
"Haben sie. Er muss sich irgendwo im alten Navy Yard aufhalten..."
"Dann nichts wie los!", meinte ich.
16
Zwei schwarze Limousinen fuhren auf das Gelände des alten Navy-Hafens. Randy Torturro blickte nervös auf die Leuchtanzeige der Rolex an seinem dürren Handgelenk. Er saß auf der Rückbank der zweiten Limousine. Neben ihm hatte sein Bodyguard Terry Calrese Platz genommen. Terry schob gerade ein frisches Magazin in seine MPi hinein und lud sie durch. Es war eine zierliche Waffe vom israelischen Typ Uzi.
"Mrs. Batistuta will, dass wir kurzen Prozess mit Vandermoore machen", meinte Torturro. "Sonst tanzt der uns ewig auf der Nase herum."
Terry grinste.
"Wir werden diesmal nicht den Fehler machen, ihn zu unterschätzen", meinte er.
Die Limousine hielt.
Der Chauffeur blickte auf das Display des elektronischen Navigationssystems. Der Mann auf dem Beifahrersitz - ein weiterer Bodyguard - ebenfalls.
"Wir sind genau an der Stelle, die uns angegeben wurde!", stellte der Chauffeur fest. "Plus minus zwanzig, dreißig Meter. Wenn dieser Vandermoore hier ist, dann sieht er uns jetzt."
"Okay...", murmelte Torturro. Er hob den Koffer auf die Knie. Er hatte ihn - zusammen mit genauen Instruktionen -
bei einem Frisör namens Tambrini erhalten, der als Mittelsmann für die Batistutas fungierte. Der Koffer enthielt eine Million Dollar in kleinen, gebrauchten und nicht fortlaufend nummerierten Scheinen. Das hatte Vandermoore für sein Schweigen gefordert.
Und er würde es auch bekommen.
Aber dazu auch noch etwas anderes.
Eine eiskalte Dusche aus Teilmantelgeschossen, abgefeuert aus einem halben Dutzend Uzis.
Zwanzig Mann hatte Torturro moblisiert. Sie lauerten an allen Zufahrtswegen zum Navy-Hafen, an jeder Stelle unter an der man das Gelände vielleicht verlassen konnte. Da der Großteil des Navy Yards mit hohen Zäunen abgegrenzt war, konzentrierten sich Torturros Männer auf wenige Punkte.
Torturro stellte sich kalt lächelnd die Szenerie vor. Im Hochgefühl des Triumphs, mit einem Koffer voll Geld auf dem Beifahrersitz würde selbst ein Rod Vandermoore unvorsichtig werden...
Der Killer sollte nicht viel Freude an seinem Reichtum haben...
Torturro blickte aus dem Seitenfenster seiner gepanzer-ten Limousine.
Die Türen des vorausgefahrenen Wagens gingen auf. Mit Uzis Bewaffnete Bodyguards sprangen heraus und gingen in Stellung.
Die Männer blickten sich um.
Einer machte ein hilfloses Zeichen in Torturros Richtung.
"Ist wohl nichts Verdächtiges zu sehen", kommentierte Terry.
Randy Torturros Handy schrillte. Entnervt nahm dieser das Gerät ans Ohr.
"Ja?"
Es klickte.
Die Verbindung war unterbrochen.
"Einfach aufgelegt. Verdammt, das war Vandermoore!",zischte Torturro. Sein Gesicht wurde zu einer grimmigen Maske.
"Woher sollte er Ihre Handy-Nummer haben?", gab Terry zu bedenken.
"Was weiß ich? Dieser Teufel findet doch alles heraus.
Alana Batistuta hätte auch nie gedacht, dass er hinter ihre Machenschaften kommen könnte, als sie ihn als einfachen Mordroboter angestellt hat... Dieser Mann sorgt immer für eine Art doppelten Boden!"
"Sie meinen, er will uns zeigen, dass er weiß, wo wir sind?"
"Nicht nur das. Es ist eine Warnung... Er will zeigen, dass er alles im Griff hat."
Erneut schrillte das Handy.
Torturro nahm das Gerät ans Ohr.
"Machen Sie's nicht so spannend, Vandermoore! Sie bekommen Ihre Million", sagte er, ohne darauf zu warten, dass Vandermoore von sich aus das Gespräch begann.
"Steigen Sie aus", wisperte es aus dem Handy heraus. Ein zynisches Lachen folgte. "Habe ich mir doch gedacht, dass Alana Batistuta nicht selbst kommt, um ihre Schulden zu begleichen. Sie hat ihren Bluthund geschickt. Aber damit habe ich gerechnet."
"Hören Sie...", begann Torturro.
Aber die Stimme ließ ihn nicht zu Wort kommen.
"Ich kann für Sie nur hoffen, dass Sie das Geld wirklich dabei haben, Torturro!"
"Keine Sorge!"
"Steigen Sie aus dem Wagen, Torturro, oder dieser Termin ist geplatzt. Ich weiß nicht, was die Batistutas mit Ihnen machen, wenn Sie auch diese Sache verbocken..."
Torturro schwitzte. "Okay, okay!"
"Halten Sie das Handy am Ohr! Und schicken Sie Ihre Gorillas aus dem vorderen Wagen zurück!"
Torturro begriff, dass er kaum eine andere Wahl hatte, als auf die Forderungen Vandermoores einzugehen.
Der Chauffeur stieg aus, der Beifahrer ebenfalls.
Dann Terry Calrese, der das Heck der Limousine umrundete und Torturro die Tür öffnete.
Schließlich stieg auch Torturro aus, das Handy am Ohr.
"Verschwindet!", rief er zu seinen Leuten aus der vorderen Limousine hinüber. Sie sahen ihn verständnislos an. "Na los, verzieht euch!"
Schulterzuckend stiegen sie in den Wagen, der dann mit quietschenden Reifen davonbrauste.
"Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee war", raunte Terry Calrese.
Torturro starrte in die Dunkelheit. Im Hintergrund glitzerte die Wasseroberfläche des East Rivers im Licht der City. Aber davor war alles dunkel.
Sekunden verstrichen.
Torturro umklammerte mit der Rechten den Griff des Geldkoffers. Er trug eine Kevlar-Weste unter seiner Kleidung. Für alle Fälle.
Vandermoore war ein Teufel und Torturro hatte schon einmal den Fehler gemacht, ihn zu unterschätzen - als er geglaubt hatte, fünf Mann würden ausreichen, um mit diesem Killer fertig zu werden.
"Torturro?", fragte die Stimme aus dem Handy.
Es konnte nur Vandermoore sein.
"Worauf warten Sie noch, Vandermoore?", fragte Torturro.
"Haben Sie Geduld! Ich werde übrigens großzügig sein und Ihnen sämtliche Beweismittel schon heute übergeben... Meine Gegenleistung für die Million!" Er kicherte.
"Da kommt jemand!", rief Terry.
Eine Gestalt schälte sich aus der Dunkelheit heraus.
Ein Mann in ziemlich abgerissener Kleidung. Er trug eine kleine Ledertasche in der Hand. Sein Gang war zögernd, er blickte sich immer wieder um und fühlte ich ganz offensichtlich nicht wohl in seiner Haut.
"Erschrecken Sie nicht!", wisperte die Telefonstimme in Torturros Ohr.
Im nächsten Moment erschien ein kleiner roter Punkt auf Torturros Brust.
Der Strahl eines Laserpointers, wie er unter anderem für Zielvorrichtungen benutzt wurde.
Vandermoore kicherte aus dem Handy heraus. "Das gibt mir die Sicherheit, dass Sie die Million auch wirklich übergeben