Mission Unendlichkeit - Das 1529 Science Fiction Abenteuer Paket. Mara Laue. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mara Laue
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745202748
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      „Gib ihn ihnen“, sagte Jerel und überreichte die Kiste Sotus. Narlie zog den Datenblock aus ihrer Hosentasche und reichte diesen an Tarell. Zufrieden murmelte er leise etwas auf Dratikanisch.

      „Wenn niemand etwas dagegen hat, gehen wir dann wieder“, sagte Jerel nach einem Moment der Stille und wollte sich gerade abwenden, als die Dratikanerin mit der schwarzblauen Rüstung vortrat.

      „Ich habe etwas dagegen, Jerel“, sagte sie, leise und doch deutlich. Jerel stockte. Irgendetwas an der jungen Frau ließ ihn aufhorchen. Ihre Stimme war seltsam vertraut. Und diese Rüstung, wenn er sich vorstellte, wie sie aussehen würde, wenn sie für einen Mann geschmiedet worden wäre. Narlie entging nicht der Ruck, der durch Jerel ging.

      „Telia?“, fragte er nach einigem Zögern. Sie nickte und nahm ihren Helm ab. Feuerrote Harre kamen zum Vorschein und leuchtend grüne Augen, die Jerels Blick suchten. Sie hatte ein ebenmäßiges Gesicht.

      „Ich bin es“, sagte sie und lächelte schief.

      Sie trat einen Schritt auf ihn zu. Narlie bemerkte, dass Tarells Helm kurz ruckte. Er sah von Telia zu Jerel.

      „Würde es dir etwas ausmachen, noch etwas hier zu bleiben?“, fragte Telia.

      *

      JEREL RIMASEN BEFAND sich in der fast leeren Schiffsmesse der BELLEZA. Er saß mit Narlie und Telia an einem runden Tisch. Narlie musterte neugierig diese Frau mit den feuerroten Haaren und den leuchtend grünen Augen. Jerel wirkte ihr gegenüber unsicher. Wer war sie?

      Heirateten Dratikaner?, kam Narlie plötzlich ein Gedanke in den Sinn. Hatten sie Familie?

      „Du trägst seine Rüstung“, sagte er an Telia gewandt. „Ich nehme an, er ist gefallen?“

      „Ja“, erwiderte sie nach einem Moment. „Du hättest es früher erfahren können, wenn du dich gemeldet hättest.“

      „Ich werde im Kaiserreich als Verräter gesucht. Es wäre nicht gut gewesen, wenn sie davon erfahren hätten, dass es dich gibt. Sie hätten dich benutzt, um mir eine Falle zu stellen“, versuchte er zu erklären. Er ergänzte nicht, dass sie ihn eigentlich nur wegen seiner Verbindung zu Narlie suchten.

      „Nachdem er tot war und du dich nicht gemeldet hast, war ich ganz allein“, begann sie. Narlie war sich nicht sicher, ob es wirklich anklagend klang, oder nur feststellend. „Du bist einfach untergetaucht und bis zu dem Moment, in dem ich dich aus dem Schiff treten sah, dachte ich, du wärst inzwischen tot.“

      „Es tut mir leid“, versuchte er es noch einmal. Narlie beobachtete die Szene interessiert. Die Rothaarige war schön, befand sie. Jünger als Jerel.

      „Hätten sie gewusst, dass ich eine Schwester habe, hätten sie versucht mich über dich zu finden“, wiederholte er. Narlie glaubte, sich verhört zu haben. Ihre Augenbrauen schossen skeptisch in die Höhe.

      „Schwester?“, fragte sie erstaunt und etwas lauter als sie beabsichtigt hatte. Narlie musterte die beiden. Es war nicht viel Ähnlichkeit auszumachen.

      „Ja, wir sind Geschwister. Dieser Frage entnehme ich, dass du ihr nicht von mir erzählt hast“, sagte Telia an Jerel gewandt. Sie hob dabei den Zeigefinger drohend. In ihren Augen blitzte es, was ihren Worten die Härte nahm. An Narlie gewandt fügte sie hinzu: „Ich bin Telia Rimasen, Jerels Schwester.“

      Sie reichte Narlie die Hand.

      „Hocherfreut dich kennenzulernen“, meinte Narlie. Sie versuchte ihre Fassung wiederzugewinnen, was ihr auch gelang.

      „Warum du weg warst und dich nicht gemeldet hast, ist mir eigentlich egal“, kam Telia auf das ihrer Meinung nach wichtigere Thema zurück. „Genauso, wieso du mit einem Menschen reist. Wichtig ist nur, dass du wieder da bist. Ich habe mit Tarell geredet, du könntest bei uns mitmachen“, erklärte sie begeistert. „Und sie kannst du auch dabei haben.“

      Narlie gefiel nicht, wie diese Frau sie zu ignorieren schien. Sie rief sich in Erinnerung, dass die meisten Dratikaner Vorurteile hatten gegenüber „normalen“ Menschen. Dratikaner sahen sich als härter, besser an, als nächste Stufe. Normale Menschen waren im Vergleich dazu nicht allzu ernst zu nehmen.

      „Mitmachen?“, fragte Jerel skeptisch. „Wobei genau?“

      „Bei unserem persönlichen kleinen Rachefeldzug gegen das Kaiserreich. Wegen der Grenzkriege. Wegen allem, was falsch ist im Reich. Weil sich die Dratikaner-Stämme nicht einigen können, wieder einen Krieg zu führen. Für die Ehre. Such dir einen Grund aus“, erklärte sie. „Es wird toll, endlich werden wir wieder zusammen kämpfen. Es wird wie früher sein, als wir zusammen auf Jagd gingen. Es ist einfach wunderbar, dich wieder in der Nähe zu haben“, sprudelte es begeistert aus ihr hervor. In diesem Moment sah Jerel nicht mehr die junge Frau, sondern wieder seine kleine Schwester. Sie war schon immer stur gewesen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Aber sie war nicht leicht derart zu begeistern, ging es ihm durch den Kopf.

      „Teli“, fuhr er ihr leise dazwischen. „Ich hab noch nicht zugesagt.“

      Sie verstummte. Ihre Miene verschloss sich, der Ausdruck der Begeisterung verschwand.

      Einen Moment rang sie scheinbar mit sich, dann sagte sie nüchtern: „Natürlich, Jerel, bist erst seit ein paar Minuten hier. Du willst sicher das Schiff sehen und etwas mehr über alles erfahren, die Leute und die Umstände für diesen Zusammenschluss.“

      Er hatte verstanden. Sie war sauer auf ihn. Diesen Blick kannte er. Jerel hatte sie in alter Angewohnheit mit Teli angesprochen, was seit ihrer Kindheit die Koseform ihres Namens war. Dass sie ihn nun in diesem Ton mit Jerel ansprach, bedeutete, dass sie sauer war, es war schon immer so gewesen. Wie sehr wir uns auch entwickeln, ein Teil von uns bleibt immer wie er war und kommt hervor, wenn wir schon denken, er ist lange tot, überlegte Jerel.

      Er fühlte sich weniger selbstsicher als sonst hier bei seiner Schwester.

      „Genau“, erwiderte er und musterte sie.

      Sie hatte sich etwas verändert. Sie hatte sich schnell gefasst, als er ihren Vorstellungen einen Dämpfer verpasst hatte. Früher hätte sie das nicht vermocht.

      Sie hatten die Schiffsmesse verlassen und wanderten nun durch die Gänge des Schiffes. Telia erzählte ihnen, wie sie dazu gekommen waren.

      „Und nachdem Bast und Tarell auf dem Schiff waren, war es ein leichtes, die Systeme zu reaktivieren. Bevor es demontiert wurde, sind sie vom orbitalen Schrottplatz geflogen. Das Paladin-Schiff da draußen haben Parie, Kore und ihr Trupp besorgt. Ich bin erst sechs Monate später auf sie gestoßen, als sie auf einem Hinterwäldler-Planeten Reparaturen durchführten“, schloss sie.

      „Und sie haben dich einfach mitmachen lassen?“, fragte Jerel.

      „Nein, ich wurde ihnen empfohlen“, erklärte sie strahlend. „Nach dem Ende der Grenzkriege waren viele von uns hier gestrandet. Gesucht im Kaiserreich war es kaum möglich, zurück in unser Territorium zu kommen, zur Föderation oder ins Konsortium. Viele suchten neue Arbeit.“

      Dratikaner verdingten sich oft als Söldner, da das Kriegshandwerk bei ihnen hoch geschätzt wurde. Solange die Stämme der Dratikaner keinen offiziellen Krieg erklärten, durfte jeder Dratikaner in jedem galaktischen Konflikt kämpfen. Auch gegeneinander durften sie arbeiten. Erst der Beschluss der Stämme war verbindlich und rief sie alle in die Heimat. Erklärten die Stämme zum Beispiel einen Krieg, hatte jeder Dratikaner seinem Stamm Heeresfolge zu leisten.

      Telia blieb stehen und führte sie in einen zweiten Aufenthaltsraum, der allerdings anders eingerichtet war. Eine Vielzahl verschiedenster Fitnessgeräte stand herum. Ein zwei Meter großer Mann mit grauem Haar stand mit dem Rücken zu ihnen und hob Gewichte.

      „Von wem?“, fragte Jerel.

      „Nague Dorast“, erklärte sie strahlend.