Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G. K. Grasse
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Die Legende vom Hermunduren
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347036192
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die Sonne über den Horizont und färbte durch freundliche Strahlen den Morgen etwas rotgold, was bei dem Morgennebel nicht so leicht zu erzielen war, als nicht nur der Legat, sondern auch dessen junger Freund, zu Pferde das Tor des Kastell passierten.

      Der Präfekt begegnete dem Germanen zuvor auf einem Wehrgang, als dieser mit freiem Oberkörper, in der kalten Luft des morgendlichen Nebel, scheinbar völlig in geschmeidige Bewegungen versunken, seinen Körper stählte. Er sah den Abschluss der Handlungen und dann ein Lächeln im Antlitz des aus seiner geistigen Versunkenheit zurückkehrenden Germanen.

      „Ein schöner Morgen, Präfekt! So still, einsam und ruhig hinter deinen schützenden Mauern…“

      „Was tust du da, Hermundure?“

      „Herr, ich bringe meinen Körper in den Tag und gleiche meinen Geist mit denen meiner Götter ab. Du kannst sie nicht hören, ich schon! Du kannst sie nicht spüren, aber ich! Habe ich dies vollzogen, bin ich bereit für jede Überraschung…“

      Gerwin blickte den Älteren an und sah dessen Ungläubigkeit.

      „Du denkst, ich verspotte dich? Glaube mir, nichts liegt mir ferner…“

      Die Ungläubigkeit wich Verwunderung.

      „Tue ich das, was du sahst, wecke ich meinen Körper und Geist… Übrigens macht der Legat das Gleiche! Ich lernte es von ihm. Dann wäscht er sich jeden Morgen mit kaltem Wasser und wieder folge ich seinen Bedürfnissen… Du wunderst dich?“

      „Ich erlebte noch nie einen solchen klugen, bescheidenen und dennoch starken Mann als Legat. Ich hatte mit Verginius Rufus bisher nie zu tun! Dafür erlebte ich schon Andere, die sich weit über mich erhoben, was mir nur zu verständlich erschien…“

      „… und jetzt erlebst du einen Legat, der freundlich aber auch fordernd sein kann…“

      Der Präfekt lächelte. „… und mir mit sehr freundlichen Worten und Gesten zeigte, dass meine Anwesenheit unerwünscht schien…“

      „Aber auch du, Präfekt, bist ein kluger Mann! Du hast die Wünsche des Legat verstanden… Ich weiß, dass du ihn nach mir und meiner merkwürdigen Rolle befragtest…“

      „Woher, hast du gelauscht?“ warf der Präfekt ein.

      „Nein! Wozu? Du bist ein erfahrener und auch kluger Mann… Du musstest doch fragen…“ rief Gerwin erstaunt aus.

      „Dann kennst du sicher auch seine Antwort…“

      „Aber nein! Ich hoffe, diese war wohlwollend…“

      Der Präfekt lachte. „Jetzt verstehe ich auch, warum diese Graubärte dir jungen Burschen durch jedes Feuer folgen… Wie ist dein Name, Hermundure?“

      „Ich bin Gerwin, die Klinge der Hermunduren…“ Gerwin blickte den Mann nachdenklich an und sah dessen Verdunkeln in Antlitz und Augen.

      „Deinem Blick entnehme ich zwei mögliche Erkenntnisse… Du könntest bereits von mir gehört haben und bist jetzt irritiert, vielleicht auch befremdet, wenn nicht sogar zornig… Oder du hast nicht von mir gehört und glaubst, ich wäre ein Prahler und Täuscher…“ fügte Gerwin, auf die Reaktion des Präfekt, an.

      Der Ältere nickte überrascht, weil die gehörten Worte genau zutrafen.

      „Glaube mir, ich brauche keine Prahlerei! Ich weiß, wer ich bin und das reicht aus! Solltest du einmal von mir hören, wird es nicht mein Name sein, der in fremden Worten vorkommt, sondern der Begriff, den mir Römer andichteten…“

      „Verzeih, ich kannte dich nicht, hörte aber von dem Mann, den auch die Nemeter als ‚Klinge der Hermunduren’ bezeichneten… Dass du so aussehen könntest, will mir nicht einleuchten… Du bist doch viel zu jung um so gefährlich zu sein?“

      „Siehst du, Präfekt, so kann man sich irren… Es ist das Leben, was hart macht! Es ist der Schmerz, der solche Fähigkeiten hervorbringt, wie sie mir zugeschrieben werden… Bei allem was du einmal über mich erfahren wirst, bedenke unsere Begegnung und erinnere dich an das, was du selbst gesehen hast… Nun verzeih, es wird kalt…“

      Gerwin ging, drehte sich dann noch einmal um und fügte seiner letzten Bemerkung weitere Worte an. „Als wir gestern ankamen, durfte ich die Wachsamkeit deines Optio Custodiarum kennen und schätzen lernen. Diese gefiel mir, seine Freundlichkeit und sein Verständnis aber ließ Wünsche offen…“

      Gerwin ließ den Präfekt stehen und der Ältere versank in Gedanken. Jetzt, am Tor, war ihm Gelegenheit gegeben, den jungen Hermunduren noch einmal zu betrachten. Was er sah, machte auf ihn einen starken Eindruck. Ein energischer, großer, junger Mann mit breiten Schultern, der sich vorzüglich auf seiner römischen Stute hielt und diese nur mit leichten Bewegungen lenkte, ritt an ihm vorüber und lächelte, wozu er seinen Kopf neigte und der Verabschiedung einen vertraulichen Zug vermittelte. Der Zügel lag lose vor ihm auf den Sattelhörnern und seine Hände ruhten auf seinen Oberschenkeln.

      Der alte Präfekt sah, was den Jungen ausmachte. Er lenkte sein Pferd mit seinen Oberschenkeln, besaß freie Hände und war so ständig kampfbereit. Sein Lächeln war freundlich und trug Züge von Geduld und Verständnis. Und er sah auch den lauernden Wolf, der seine Zähne bleckte, den Bär, der seine gewaltige Kraft verbarg und den Fuchs, dessen Listigkeit sich unter Geschmeidigkeit verbarg…

      Der junge Hermundure hatte ihm sein Wesen offenbart und der alte, im Dienst für Rom Ergraute sah, was Anderen verborgen blieb…

      Als Noviomagus hinter ihnen lag, schloss Gerwin zum Legat auf.

      „Ich höre, mein junger Freund…“ forderte Verginius Rufus. Unmittelbar hinter ihnen ritten Gerwins Begleiter, bevor Ofilius und dessen erster Decurio folgten.

      „Herr, ich sagte schon, dass zwei Gruppen sich auf den Überfall vorbereiteten. Ob dieser Angriff nur an einer Stelle erfolgen sollte oder an zwei, wie ich vermutete, blieb uns verborgen. Viator rechnete mit der Hinterlist des Tutor…“

      „Was waren nun die Vorgänge, die zu unseren Gunsten ausschlugen?“ warf Verginius Rufus, ungeduldig werdend, dazwischen.

      „Herr erst einmal gelang es Sexinius das Unheil im Tonlager abzuwenden… Zwei Dummköpfe begünstigten des Tutors vorgehen und du bist veranlasst, die Führung im Lager neu zu ordnen…“

      „Wie das?“ fuhr der Legat auf.

      „Der Lagerkommandant und der Centurio der Wache ließen sich an der Nase durch das Lager ziehen… Es kam Sexinius der Verdienst zu, die Folgen in Grenzen zu halten. Tutor plünderte die gesamten Einnahmen und machte sich damit vom Hof. Der einzige kluge Mann wurde von Centurio Comitianus inhaftiert und dann noch der Ort der verborgenen Einnahmen verraten… Du wirst den Centurio der Wache und Comitianus ablösen müssen… Na ja, eigentlich hat das Sexinius, dank deiner Ernennung zum Speculator Legionis, bereits vollzogen und vorerst den Ufficiale Pagatore Luctacus die Verantwortung übertragen…. Das Geld befindet sich, dank meiner Freunde, wieder im Tonlager und Präfekt Tutor erfreut sich unserer Gastlichkeit.

      „Ihr habt diesen räudigen Hund von Treverer Präfekt…“

      „…und das Lager nahm keinen größeren Schaden als den, den du noch bereinigen musst. Die Männer, die ich dir zu Entsenden vorschlug, erfüllten ihren Auftrag fehlerlos…“

      „Weiter Gerwin!“ bestimmte der ungeduldige Legat, zur erfreulichen Nachricht lächelnd.

      „Herr, wir trafen, wie beabsichtigt, Gaurus Kohorte. Auch die Turmae von Decurio Arpatis und Marsallas stießen zu uns… Dann jedoch überzeugte mich Gaurus von der Änderung meines Planes. Wir wussten inzwischen, wo sich die Lager unserer Feinde befanden und kannten deren Stärke… Also trennten wir unsere Kräfte und beabsichtigten, beide zum gleichen Zeitpunkt anzugreifen. Ich brachte Gaurus zum Lager am Mons Vosegus, zeigte ihm den Feind und empfahl ihm eine Vorgehensweise, die er dann auch so verfolgte. Mit Nicetius verstärkter Centurie und beiden Turmae begab ich mich zum Lager der Feinde am Rhenus und bereitete dort unseren Angriff vor.“

      „Wann