Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G. K. Grasse
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Die Legende vom Hermunduren
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347036192
Скачать книгу
kennt den Legatus Legionis gar nicht? Was macht ihr dann in diesem Gebiet?“

      „Befehle ausführen…“ blaffte der Ubier.

      „Welche?“ Gerwin ließ nicht locker. Er spürte die Lüge.

      „Geh dorthin, hieß es und ich ging…“ blaffte der Ubier erneut.

      „Kam dir nicht merkwürdig vor, dass dein Ziel weit von der Colonia Claudia Ara Agrippinensium entfernt lag? Sicher bist du auch über den Obrinkas gelangt und genau so ist dir bekannt, dass der Fluss die Grenze zwischen beiden Territorien bildet… Willst du mich also für Dumm verkaufen, Ubier, oder lügst du stets?“

      „Germane, ich zerreiße dich in der Luft, wenn ich dir noch einmal begegnen sollte…“

      „Du scheinst schnell zu vergessen, Ubier!“ Gerwin lächelte den Größeren nachsichtig an. „So also…, ihr wollt uns nicht verstehen…“ besann sich der junge Hermundure. „Dann frage ich eben anders. Ubier, wem hast du Treue geschworen?“ Gerwin sah, wie der Mann stutzte.

      „Wie jeder Andere, auf Rom, den Kaiser und meinen Legat?“

      „Wer von denen schickte dich hierher?“ schoss die Frage auf das Großmaul zu.

      „Mein Legat! Was soll der Unsinn?“

      „Wer ist dein Legat?“

      „Publius Scribonius Rufus!“ Der Ubier grinste in die Runde.

      Gerwin ließ ihm den scheinbaren Erfolg dieser Feststellung, die der Mann für klug hielt.

      „Wer veranlasste dich zu diesem Abenteuer, Treverer?“ Gerwin wandte sich an den Älteren, aus deren Gruppierung.

      „Präfekt Tutor!“

      „Er ist dein Verwandter…“ warf Gerwin nebensächlich vor des Mannes Ohren.

      „Woher weißt du?“

      Gerwin überging die erstaunte Frage. „Ich nehme an, deine Begleiter sind von deiner Sippe?“ Der Treverer nickte.

      „Dann entscheidest du, ob die Männer Leben oder Sterben…“

      „Wie meinst du das, Germane?“ fragte der Ältere nach.

      „Lass mir etwas Zeit, ich erkläre es dir noch…“

      Der Hermundure drehte sich dem großen Tungerer zu.

      „Tungerer, aus deinem Stamm kenne ich keinen einzigen Mann! Bisher begegnete ich noch keinem Krieger deiner Herkunft und weiß auch nicht, wo ihr lebt… Seid ihr Kelten?“

      „Nein, wir kommen zwar vom anderen Ufer des Rhenus… Rom zwang uns einst zur Umsiedlung. Jetzt leben wir in einem Gebiet, dass ursprünglich Kelten gehörte…“

      „Du dienst Rom, dem Kaiser und dem Präfekt deiner Kohorte?“

      „Ja!“ folgte die erwartete Antwort.

      Der Hermundure nickte sein Verständnis. „Wem gilt deine größte Treue?“ Gerwin blieb beharrlich.

      „Ist das nicht das Gleiche?“ fragte der Tungerer.

      „Kläre mich auf, Auxiliar…“ gab sich Gerwin unwissend.

      „Ich sehe keinen Unterschied zwischen Rom, Kaiser und Präfekt…“

      „Lass mich dir helfen…“ warf der Hermundure ein, um so ein besseres Verständnis seiner Frage zu erzielen. „Dienst du an erster Stelle Rom, fügt sich der Kaiser ein…“ Gerwin bot Zeit zum Erfassen seiner Gedanken an. „Dennoch könnte dein Präfekt aber dem Senat zugeneigt sein… Dienst du jedoch zuerst dem Kaiser, dann ist dein Einsatz für Rom gesichert… Gilt deine Treue aber deinem Präfekt, wird es zwar ein Dienst an Rom sein, ob am Kaiser oder aber am Senat, wissen nur die Götter… Siehst du, wie viele Möglichkeiten sich bieten?“ verkündete Gerwin nach einer kleineren Pause.

      „Darüber dachte ich bisher nicht nach…“ gab der Tungerer zu. „Ich erhalte Befehle! Ich weiß nicht, ob der Befehl dem Wunsch des Kaisers entspricht und ich kenne auch den Unterschied zwischen Befehlen des Kaisers und vom Senat nicht…“

      „Das leuchtet mir ein…“ Aus Gerwins Stimme drang Zufriedenheit an des Tungerer Ohr. „Dennoch behaupten Kaiser und Senat Rom zu dienen und trotzdem unterscheiden sich deren erteilte Befehle… Noch viel schlimmer ist die Lage unter den Statthaltern und Legaten… Zumeist weiß der Legionär nicht, von wem die Befehle kommen… Noch weit aus verwirrender ist es für einen Auxiliar, der die Neigung seines Präfekt kaum kennen wird… Hast du dich nicht gefragt, auf wen du im Exercitus Germania Superior lauerst, noch dazu in einem Hinterhalt?“

      „Ich erhielt einen Befehl und setzte mich in Marsch… Woran erkenne ich, dass ich nicht mehr in dem Gebiet bin, in dem ich sein sollte?“

      „Dein Vorgesetzter könnte es dir mitgeteilt haben… Er könnte auch das Ziel des Hinterhaltes benannt haben… Erzähle mir nicht, dass dir nicht ein einziges Gerücht zu Ohren gekommen wäre… In jedem Fall ergibt sich die Frage…“

      „Welche Frage?“ unterbrach der Tungerer.

      „… der Treue! Kaiser und Senat sind sich nicht einig und erzähle mir nicht, du wüsstest davon nichts!“

      „Nun, vielleicht kennst du dich nicht gut genug in den römischen Legionen und bei den Auxiliaren aus…“ warf der Tungerer scharf ein.

      „Ich lerne gern hinzu! Was also möchtest du mir beibringen?“ grinste Gerwin.

      „Für den Miles oder Auxiliar gilt der Befehl und den hat er auszuführen!“

      „Das ist mir durchaus bekannt!“ blaffte Gerwin zurück. „Dann aber erkläre mir, du kluger Tungerer, warum du und die Anderen in dieses Gebiet, welches nicht euer Gebiet ist, vordrangen, dort einen Hinterhalt legten und den Tod eines Legatus Legionis zum Ziel hatten? Gleich wer den Befehl erteilte, war das Ziel der Kommandeur einer Legion! Wieso legten Römer, ob Statthalter, Legat oder Präfekt, einem römischen Legatus Legionis einen Hinterhalt?“

      „Das weiß ich doch nicht! Ich folge Befehlen!“ rief der Tungerer voller Entrüstung.

      „Eben, das scheint mir auch so! Dennoch dürfte auch dir der Ort des Überfalls aufgefallen sein… Immerhin seid ihr nicht nur wenige Meilen marschiert…“

      „Sollte ich mich gegen den Befehl auflehnen? Was forderst du von mir?“ Der Tungerer verlor seine Beherrschung.

      „Ich will wissen, wem in erster Linie deine Treue gilt!“

      „Das sagte ich dir bereits…“

      „Aber noch immer hast du nicht begriffen!“ Gerwin gab den Mann noch nicht auf. „Soeben erklärtest du, den Unterschied zwischen Befehlen des Kaisers und des Senats nicht zu kennen… Sollte das stimmen, musst du ein nicht so heller Kopf sein…“

      „Germane, sei vorsichtig…“ mahnte der weit Größere an.

      „Du machst mir keine Angst, Tungerer! Ich bin schon mit anderen Kerlen fertig geworden… Um was ich mich bemühe, das wird deine Zukunft sein… Entweder Kopf ab, oder…“ Gerwin vollführte die allen bekannte Handbewegung am Hals und ließ dann das Ende seiner Worte zögernd ausklingen.

      „Wenn dir an meinem Kopf liegt, du mich jedoch gleichzeitig als Dummkopf wertest, verstehe ich den Zweck deiner Bemühungen nicht…“ schimpfte der Tungerer.

      „Mir geht es um deine Treue und deine Ehre! Kam der Befehl für den Hinterhalt vom Kaiser zu deinem Legat, so folgte darauf der Befehl zum Marsch für dich, sowie deine Gefährten… Ihr zieht in ein fremdes Territorium und legt einen Hinterhalt für einen Legatus Legionis Roms, um diesen zu töten… Erzähle mir nicht, dass dir das fremde Gebiet nicht aufgefallen wäre… Du bist Tungerer, dein Stamm lebte einst fast dort, wo sich die beiden römischen Territorien treffen. Ich glaube, dir ist der Obrinkas durchaus als Grenzfluss ein Begriff… Erkläre nicht, vom Hinterhalt nichts gewusst zu haben und versuche