Iron Annie. Lisa M Hutchison. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lisa M Hutchison
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Биографии и Мемуары
Год издания: 0
isbn: 9783347100657
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zu sehen; wie wollt ihr denn zwei weitere Kinder versorgen? Ist das deine Idee und hast du das überhaupt mit Renate besprochen?“

      „Ja, natürlich – wir dachten daran, ein größeres Haus zu kaufen und eine Kinderfrau anzustellen. Natürlich würden wir das mit Deinen Kindergeldzahlungen finanzieren.“

       Ah, da ist also der Haken; es ist ein gut durchdachter Plan. Renate wollte immer schon mehr sein, als sie war, – mit Kinderfrau und einem größeren Haus wäre es perfekt.

      Als Albert so nachdachte, warf Hans ein: „Du musst auch daran denken, was mit ihnen geschieht, wenn du mit deinem Flieger abstürzt. Du weißt, dass diese Dinger nicht gerade sicher sind, und mit deiner Lebensversicherung könnten wir den Kindern ein viel besseres Leben bieten“, betonte er schnell.

      Albert konnte seinen Ärger kaum mehr verbergen. „Ich danke dir für deine Besorgnis, Bruderherz“ antwortete er scharf, „aber meine Kinder sind keine Einkommensquelle für dich und Renate“, damit warf er einige Banknoten auf den Tisch, erhob sich und ging wütend davon.

      Hans hat sich nicht verändert, es geht ihm immer nur um Geld, dachte er. Gott weiß, wie seine Kinder von den beiden behandelt würden; sie nahmen ihre eigenen Kinder ja nicht einmal in den Arm.

      Aber er wusste, dass eine Lösung gefunden musste. Es war ihm unmöglich, sich um die beiden Kleinen zu kümmern, und seine Schwiegermutter war bislang immer noch seine letzte Hoffnung.

      Ein paar Tage später flog er nach Erfurt, um seine Kinder zu sehen. Er fand seine Schwiegermutter müde und ausgemergelt vor. „Hallo, Albert“, begrüßte sie ihn mit Tränen in den Augen. „Manfred ist für ein paar Tage bei Lothar. Gisela schläft gerade. Sie sind mir zu viel – wenn sie doch nur etwas älter wären, aber ich bin zu alt für Windeln und Brei kochen für das Baby.“ Sie begann zu weinen.

      „Ich verstehe vollkommen, Anna, und ich denke dauernd über etwaige Möglichkeiten nach. Ich muss bald eine Lösung finden. Natürlich kann ich nicht nach ihnen sehen, wenn ich arbeite, also ist vielleicht ein Kinderheim das Richtige“.

      Anna schüttelte traurig ihren Kopf. „Es ist so schwer zu glauben, was passiert ist – aber es ist passiert und jetzt müssen wir mit allem klarkommen. Ich könnte eigentlich Gisela bei mir behalten, sie ist jetzt über drei, isst gut, schläft gut, trägt keine Windeln mehr und in ein paar Monaten kann sie halbtags in den Kindergarten gehen. Sie ist gute Gesellschaft für mich. Aber was das Baby angeht – er ist sehr eigen und launisch und schreit die ganze Zeit. Ich fühle mich schrecklich dabei, das zu sagen, aber er muss woanders hin.“ Anna seufzte tief auf.

      Albert nickte; er verstand und war dankbar für ihr Angebot. „Ich gehe rüber zu Lothar und hole meinen Sohn ab. Vielleicht haben sie ja eine Idee.“

      Und tatsächlich hatten sie eine! Lothar und seine Frau Gerda baten ihn den kleinen Manfred zu adoptieren – sie hatten zwei Töchter und inzwischen die Hoffnung aufgegeben, einen lang ersehnten Sohn zu empfangen. Ein Sohn der irgendwann den Familienbetrieb übernehmen könnte. Lothars Neffe war der nächste Verwandte, der diese Lücke füllen würde.

      Sie diskutierten über mehrere Stunden, während Albert den kleinen Manfred auf dem Schoß hielt. Und somit wurde entschieden, dass Manfred bei Lothar und Gerda bleiben würde. Sie würden ihn jedoch nicht adoptieren. Albert wollte keines seiner Kinder aufgeben; er versicherte Lothar, dass Manfred, als sein Neffe, immer noch die Firma zu gegebener Zeit erben und leiten könnte; gleichermaßen wäre Albert weiterhin für alle Ausgaben für seinen Sohn verantwortlich. Es wäre von großem Vorteil für Manfred, in der Nähe seiner Großmutter und Schwester zu leben. Albert war Steffis Bruder und Frau ewig dankbar dafür, dass sie sich seiner Kinder annahmen; Gisela würde schließlich ebenfalls einen Großteil ihrer Zeit bei ihnen verbringen.

      Lothar bekannte seine Schuldgefühle bezüglich der gesamten Situation, in der Albert sich gefunden hatte, und war total schockiert angesichts des schrecklichen Endergebnisse – den Tod seiner Schwester und die Umstünde die dazu führten. Er und seine Frau wollten machen was sie konnten, um Albert aus diesem unglaublichen Dilemma zu helfen.

      Enorm erleichtert kehrte Albert nach Berlin zurück, um sein Leben wieder aufzunehmen.

      Dennoch beunruhigten ihn Hans‘ Kommentare bezüglich der Möglichkeit, dass er tödlich abstürzen könnte. Fliegen war tatsächlich nicht gerade die sicherste Arbeit. In den zwanziger und dreißiger Jahren waren insgesamt 40 Lufthansa-Maschinen abgestürzt, wobei Piloten, Stewardessen und Passagiere zu Tode gekommen waren.

      Aber es war nun einmal genau die Art Beruf, die zu ihm passte, das wusste er. Es waren Abenteuer und Gefahr, die so anziehend auf ihn gewirkt hatten.

      Albert war grundsätzlich furchtlos und bestach durch Geistesgegenwärtigkeit in Kombination mit einer schnellen Auffassungsgabe, einem angenehmen Auftreten und einem selbstbewussten Gang, oder anders gesagt: Er besaß die perfekte Persönlichkeit für einen Piloten. Er machte eine gute Figur in seiner Uniform und er war sich seiner Wirkung auf die Damenwelt deutlich bewusst.

      Er musste sich um ordentliche Rücklagen für seine Kinder kümmern, sowohl finanziell als auch in Blick auf ein liebevolles und schönes Heim für den Fall, dass er starb. Mit diesen Gedanken änderte er sein Testament und Lebensversicherung und machte Lothar und Gerda zu den Erben und Vormunden seiner Kinder.

       Kapitel 4

      “Hallo, Albert, warte mal.”

      Albert wandte sich um, um zu sehen, wer ihn gerufen hatte. „Grüß dich, Hermann, was bringt Dich denn nach Berlin?“

      Die beiden Männer schüttelten sich die Hände und liefen zusammen durch die Flughalle in Berlin-Tempelhof. „Eine gewisse Dame.“ Hermann grinste. „Und Du? Wohnst du noch in Berlin?“

      Albert nickte. „Es gibt einfach keinen Ort wie diesen.“ Er war, wie so viele junge Piloten, voller Bewunderung für Hermann Göring, den Kampfpiloten aus dem Ersten Weltkrieg, auch bekannt als der Blaue Max, Empfänger des begehrten Ordens Pour le Mérite.

      „Bist Du für heute fertig?“, fragte Hermann. „Wenn dem so ist, lass uns losziehen, etwas trinken und ein bisschen erzählen.“

      „Klingt gut, muss nur kurz ins Büro und meine Kilometerberichte einreichen, damit ich bezahlt werde“, grinste Albert.

      Kurz darauf saßen die beiden Männer in einer gemütlichen Bar in der Nähe des Flughafens und erzählten sich Geschichten aus vergangenen Tagen und ihre persönlichen Erlebnisse in den letzten Jahren. Beide hatten erst kürzlich ihre Frauen verloren; nur Albert hatte Kinder.

      „Du weißt, Albert, die Dinge in Deutschland laufen nicht gut“, sagte Hermann. „Wir haben keinen Nationalstolz mehr. Es gibt keine Wirtschaft, wir sind dank des idiotischen Vertrags von Versailles mit hohen Schulden belastet, wir haben keine Führung und keine Zukunft. Bald sind die Wahlen und, wie Du vielleicht weißt, bin ich ein Mitglied der neuen Nationalsozialistischen Partei und hoffe dass sie gewinnen.“

      Albert nickte geistesabwesend – er hatte von der Partei gehört, ihr aber wenig Aufmerksamkeit gewidmet.

      „Adolf Hitler ist der Mann, der Deutschland zu neuem Wohlstand und Selbstachtung bringen wird“, fuhr Hermann fort.

      „Ist das nicht der österreichische Unteroffizier, der im Gefängnis gesessen hat?“, fragte Albert und schüttelte seinen Kopf. „Wie zur Hölle soll er etwas erreichen können? Er ist nicht einmal Deutscher, und so oder so, wer würde ihn oder seine Partei wählen? Soweit ich weiß, hat er keinerlei politische Erfahrung, keinerlei Ausbildung – er ist ein Träumer, der ein Künstler sein wollte und der so ziemlich alles in den Sand gesetzt hat, was er angefangen hat.“

      „Aber Du solltest ihn mal hören – er ist der überzeugendste Redner, den ich je gehört habe, und seine Ideen sind absolut brillant. Er wird die uns lähmenden Versailler Schulden neu verhandeln, eine neue Währung einführen, Arbeitsplätze schaffen und die Kriminalität eliminieren.“

      „Das ist ganz schön viel auf einmal“, erwiderte